Räumung von Gewerbeflächen im Eilverfahren möglich!
KG Berlin bejaht Zulässigkeit einer einstweiligen Verfügung auf Räumung
Die unzulässige Untervermietung von Gewerbeflächen beschäftigt immer wieder die Gerichte und ist ein Klassiker des Gewerbemietrechts. Besonders schmerzhaft ist es für den Vermieter, wenn er bereits einen Räumungstitel gegen seinen Mieter erlangt hat, er bei Räumung aber feststellen muss, dass der Vermieter einen Untermieter in die Flächen gesetzt hat. Da der Räumungstitel nur gegen die dort genannte Person wirkt und nicht gegen jede Person, die sich in der betroffenen Immobilie aufhält, ist der Gerichtsvollzieher hier machtlos. Er kann den unliebsamen Untermieter (auch nicht mit Hilfe der Polizei) des Gebäudes verweisen. Der Vermieter muss dann grundsätzlich erneut Klage auf Räumung erheben, was wieder Zeit und Geld kostet.
Nur zu verständlich war es vor diesem Hintergrund, dass in Berlin ein Gewerbevermieter den Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen einen solchen Untermieter auf Räumung und Herausgabe von gewerblich vermieteten Räumen beantragte. Letztlich entschied das Kammergericht (KG Beschluss vom 09.05.2019 - 8 W 28/19).
Was war geschehen?
Ein Vermieter von Gewerbeflächen erstritt gegen seinen Mieter ein rechtskräftiges Räumungsurteil. Das Mietverhältnis hatte zum 31. Dezember 2017 geendet, die Berufung des Mieters wurde am 11. April 2019 zurückgewiesen.
Im Rahmen der Räumungsvollstreckung erhielt der Vermieter Kenntnis davon, dass fremde Personen eine Teilfläche aufgrund Untermietvertrages mit der Hauptmieterin nutzten. Die Untermieter verweigerten die Herausgabe der Flächen an den Gerichtsvollzieher. Da auch ein Anwaltsschreiben nicht weiterhalf, beantragte der Vermieter den Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Räumung der Fläche.
Nachdem der Vermieter in erster Instanz noch unterlag, sprach das Kammergericht Berlin eine einstweilige Verfügung auf Räumung aus.
Vorwegnahme der Hauptsache, oder? Ja, ausnahmsweise geht das!
Grundsätzlich sind Gerichte zurückhaltend mit dem Erlass einer Leistungsverfügung, wenn eine Entscheidung im Eilverfahren letztlich die Entscheidung im „normalen“ Verfahren vorwegnimmt. Nur bei besonderer Dringlichkeit erlässt das Gericht eine solche Verfügung, mittels derer der Schuldner zu einem Verhalten gezwungen wird im Eilverfahren. Die erforderliche besondere Dringlichkeit liegt in der Regel nur vor, wenn der Nichterlass der einstweiligen Verfügung den Gläubiger in eine Notlage brächte oder wenn die Verweisung auf das Hauptsacheverfahren jedenfalls praktisch einer Rechtsverweigerung gleichkäme. Der Antragsteller muss auf die sofortige Erfüllung so dringend angewiesen sein, dass er ein ordentliches (langwieriges) Verfahren nicht abwarten kann, ohne unverhältnismäßig großen oder sogar irreparablen Schaden zu erleiden
Diese Voraussetzungen sah das KG Berlin hier als gegeben an. Das Gericht zog hier auch die Wertung des § 940a Abs. 2 ZPO heran, wonach sogar im Wohnraummietrecht grundsätzlich eine Räumung im Eilverfahren gegen einen erst bei Räumung bekannt gewordenen Untermieter zulässig ist. Dann müsse dies erst recht gegenüber einem Mieter von Gewerbeflächen zulässig sein, der ja deutlich weniger schutzbedürftig ist.
Zugunsten des Vermieters berücksichtigte das Gericht, dass er einen vollstreckbaren Titel auf Räumung und Herausgabe gegen die Hauptmieterin hatte. Darüber hinaus war es so, dass weder der Hauptmieter noch der Untermieter sei knapp 1,5 Jahren keinerlei Mieter oder Nutzungsentschädigung zahlten. Diese Gesichtspunkte wogen für das Gericht schwerer als die Tatsache, dass der Untermieter die Fläche auch zum Wohnen nutzte.
Einschätzung
Zunächst lässt sich festhalten, dass es nun neben dem OLG München und dem OLG Dresden ein weiteres Obergericht gibt, welches eine einstweilige Verfügung auf Räumung zulässt. Eine Klärung durch den BGH steht aber noch aus. Die Argumentation des KG ist überzeugend, zumal das Gericht klargestellt hat, dass in jedem Fall eine Einzelfallabwägung zu treffen ist, also nicht etwa schematisch in jedem Fall der Vermieter mit seinem Eilinteresse durchdringt.
Vermieter sind gut beraten, in Gewerbemietverträgen eine Unterwerfung des Mieter unter die Räumungsvollstreckung zu fordern. Dies ändert zwar nichts daran, dass sich auch in diesem Fall zwischenzeitlich ein unliebsamer Untermieter eingenistet haben kann. Aber immerhin „spart“ der Vermieter einiges an Zeit und Geld, da er nicht erst über mehrere Instanzen einen Räumungstitel gegen den Hauptmieter erstreiten muss.
Gewerbliche Immobilienkäufer, die selbst eine Nutzung der Fläche (z.B. als Ladengeschäft) planen, sollten im Rahmen der immobilienrechtlichen Due Diligence und der Gestaltung des Immobilienkaufvertrags höchst sorgfältig sein, wenn sie auf eine termingerechte Räumung einer Mietfläche angewiesen sind. Im worst case haben Sie aufgrund der hier ergangenen Entscheidung des KG ein effektives Werkzeug zur Hand, um schnell die Mieträume in Besitz zu nehmen und Verluste zu vermeiden.