Pflegefreibetrag bei der Erbschaftsteuer

Wer darf ihn in Anspruch nehmen?

Nach § 13 Abs. 1 Nr. 9 Erbschaftsteuergesetz (ErbStG) ist vom steuerpflichtigen Erwerb ein Pflegefreibetrag bis zu 20.000 EUR abzuziehen, wenn der Erwerber dem Erblasser unentgeltlich (oder gegen unzureichendes Entgelt) Pflege oder Unterhalt gewährt hat, soweit die Zuwendung als angemessenes Entgelt anzusehen ist.

Veröffentlicht am: 03.08.2020
Qualifikation: Fachanwältin für Steuerrecht in Hamburg
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Wer kann den Pflegefreibetrag geltend machen?

Den Pflegefreibetrag kann grundsätzlich jeder geltend machen, der den Erblasser vor dessen Tod gepflegt hat.

Höchstrichterlich geklärt ist mittlerweile, dass auch Kinder des Erblassers diesen Freibetrag bei der Erbschaftssteuer geltend machen können. Das sah der Fiskus früher etwas anders. Schließlich seien Kinder, so das Finanzamt, gegenüber den Eltern zum Unterhalt verpflichtet und hätten daher keinen Anspruch auf den Pflegefreibetrag.

Der Bundesfinanzhof entschied jedoch vor rund drei Jahren anders: Kinder sind unter gewissen Voraussetzungen verpflichtet, Ihren Eltern Unterhalt zu zahlen, wenn diese nicht mehr selbst für ihren Lebensunterhalt aufkommen können. Kinder sind aber nicht verpflichtet, ihre Eltern selbst zu pflegen. Aus diesem Grund steht auch den Kindern grundsätzlich der Pflegefreibetrag zu (Urteil Bundesfinanzhof vom 10.5.2017, II-R-37/15).

Unter welchen Voraussetzungen kann der Pflegefreibetrag beantragt werden?

Um den Pflegefreibetrag zu erhalten, muss nachgewiesen werden, dass der Erblasser hilfebedürftig war. Hilfebedürftigkeit heißt aber nicht gleich, dass auch eine Pflegebedürftigkeit in Form einer  Zuordnung zu einer Pflegestufe vorliegen muss. Pflege im Sinne des Erbschaftssteuergesetzes bedeutet Fürsorge für Menschen die alters- oder krankheitsbedingt Hilfe benötigen. Bei über 80 Jahre alten Menschen wird Hilfsbedürftigkeit in diesem Sinne im Regelfall unterstellt.

Weiterhin ist eine gewisse Regelmäßigkeit und längere Dauer erforderlich. Lediglich gelegentliche Botengänge oder Besuche reichen daher nicht aus.

Die Art und Dauer sowie der Umfang der erbrachten Pflegeleistung muss dem Finanzamt gegenüber glaubhaft nachgewiesen werden. Hilfreich ist hierbei eine Art Pflegetagebuch, in dem die Pflegeleistungen und erbrachten Stunden aufgelistet werden.

Welche Tätigkeiten zählen zu den Pflegeleistungen

Zu den Pflegeleistungen zählen nicht nur die Hilfe und Unterstützung bei der Körperpflege, beim Zubereiten oder beim Verabreichen des Essens. Auch das Reinigen der Wohnung und das Waschen der Wäsche zählen hierzu. Die Begleitung zu Ärzten, Freunden oder Spaziergängen sowie die Hilfe beim Einkaufen und andere Botengänge, das Erledigen von Schriftverkehr und der Korrespondenz mit Ämtern und Behörden, wie zum Beispiel das Beantragen von Pflegegrad, Hilfsmitteln oder Behindertenausweis fallen unter Pflegeleistungen.

Obergrenze des Pflegefreibetrags: Euro 20.000

Damit keine übermäßigen Forderungen aus der Pflegetätigkeit gestellt werden wurde die Obergrenze des Pflegefreibetrags auf maximal Euro 20.000 pro pflegendem Erwerber begrenzt.

Als Richtlinie für die Ermittlung des Pflegefreibetrags kann der Stundensatz von gewerblichen Pflegekräften herangezogen werden.

Pflegefreibetrag auch bei Schenkungen zu Lebzeiten

Der Pflegefreibetrag greift nicht nur im Erbfall. Auch bei Schenkungen zu Lebzeiten kann dieser Freibetrag geltend gemacht werden. Die Voraussetzungen hierfür sind die gleichen: Der Erblasser muss hilfebedürftig gewesen und vom Begünstigten gepflegt worden sein.

Hinweis: Beim Abfassen der Erbschaftssteuererklärung oder Schenkungssteuererklärung sollte der Pflegefreibetrag, sofern die Voraussetzungen vorgelegen haben, nicht vergessen werden! Dieser wird schließlich nur auf Antrag gewährt. Wir empfehlen, den Antrag bereits in der Steuererklärung genauer darzulegen und zu erläutern.