Organisation von Hinweisgebersystemen
Wie müssen Unternehmen auf Hinweisgeberschutzgesetz reagieren?
Lieferkettensorgfaltsgesetz und Co. stellen eine wachsende Zahl von Unternehmen vor Herausforderungen an die Compliance im Umgang mit Whistleblowern.
Seit Mitte des Jahres 2023 gilt das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG). Dieses regelt den Umgang mit Whistleblowern, die straf- und bußgeldbewehrte Verstöße in Unternehmen und Behörden aufdecken. Seit Anfang des Jahres gilt das Lieferkettensorgfaltsgesetz (LkSG). Auch dieses sieht ein Hinweisgebersystem vor für Verstöße gegen Umwelt- und Menschenrechtsnormen. Das LkSG wird zudem im Hinblick auf europarechtliche Vorschriften in Zukunft anzupassen sein (CRSDDD oder auch CRS3D) und die Zahl der betroffenen Unternehmen wird durch Absenkung von Schwellenwerten in den nächsten Jahren stark anwachsen.
Die Compliance-Abteilungen, soweit vorhanden, stehen somit vor einer unübersichtlichen Rechtslage im Hinblick auf die zu implementierenden Hinweisgebersysteme. Der nachfolgende Beitrag soll aus aktuellem Anlass einen Überblick darüber geben, wer betroffen ist und wie die gesetzlichen Vorgaben zu Hinweisgebersystemen möglichst effizient umgesetzt werden können.
Anwendungsbereiche und betroffene Unternehmen
Die Anwendungsbereiche von HinSchG und LkSG überschneiden sich, sind aber nicht deckungsgleich. Nachfolgend eine Übersicht unter Berücksichtigung der spezifischen Schwellenwerte und Voraussetzungen:
Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG)
Das Hinweisgeberschutzgesetz, deckt alle von einem Whistleblower aufgedeckten Rechtsverstöße ab, die straf- oder bußgeldbewehrt sind.
Es gilt für alle Unternehmen und Behörden mit mehr als 50 Mitarbeitern und hat damit einen sehr breiten Anwendungsbereich. Institute nach KWG oder WpIG sowie Kapitalverwaltungsgesellschaften (KVG) sind unabhängig von der Zahl der Mitarbeiter zur Einrichtung von Meldestellen verpflichtet.
Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG)
Der sachliche Anwendungsbereich bezieht sich auf schwerwiegende Menschenrechts- und Umweltverstöße und bezieht, wie der Name des Gesetzes schon sagt, die Geschäftspartner innerhalb von Lieferketten mit ein. Damit sind mittelbar auch Unternehmen betroffen, die selbst nicht unter das LkSG fallen, weil sie die unten beschriebenen Schwellenwerte nicht überschreiten.
Schwellenwerte:
- Ab 2023: Unternehmen mit mindestens 3.000 Mitarbeitern in Deutschland.
- Ab 2024: Unternehmen mit mindestens 1.000 Mitarbeitern in Deutschland.
Der Anwendungsbereich hat sich für dieses Jahr somit noch einmal ganz erheblich erweitert und die Umsetzung der anstehenden EU-Richtlinie (CSRDDD) wird den Anwendungsbereich noch einmal ausweiten.
Vergleich der Meldeverfahren nach HinSchG und LkSG
Die Meldeverfahren unterscheiden sich an verschiedenen Stellen. Die wesentlichen Unterschiede sind folgende:
Zugänglichkeit der Meldestellen
Die interne Meldestelle nach dem HinSchG ist speziell für Mitarbeiter des Unternehmens konzipiert, während das Beschwerdeverfahren des LkSG öffentlich zugänglich sein muss, um es jedermann zu ermöglichen, auf Verletzungen menschenrechtlicher oder umweltbezogener Pflichten hinzuweisen.
Schutzmaßnahmen
Das HinSchG schützt Hinweisgeber vor Repressalien und kehrt die Beweislast um, sodass das Unternehmen in einem etwaigen Prozess nachweisen muss, dass keine Vergeltungsmaßnahmen gegen den Hinweisgeber ergriffen wurden. Das LkSG hingegen schützt Whistleblower allgemein vor Benachteiligung und Bestrafung, wenn sie auf potenzielle Verletzungen hinweisen.
Art der Verstöße
Das HinSchG umfasst Meldungen über straf- oder bußgeldbewehrte Verstöße aus vielfältigen Rechtsbereichen wie dem Steuer- und Kartellrecht. Das LkSG fokussiert sich auf menschenrechtliche und umweltbezogene Risiken sowie auf Verletzungen in diesen Bereichen.
Bearbeitungsfristen
Beim HinSchG muss eine Eingangsbestätigung innerhalb von sieben Tagen und eine Mitteilung über Folgemaßnahmen innerhalb von 90 Tagen erfolgen. Im Gegensatz dazu verpflichtet das LkSG die Unternehmen zu einer Rückmeldung an den Hinweisgeber, legt jedoch keine spezifische Frist fest.
Dokumentationsanforderungen
Unternehmen, die eine Meldestelle nach dem HinSchG betreiben, müssen dokumentierte Meldungen permanent verfügbar halten und nach drei Jahren löschen. Das LkSG verlangt von den Unternehmen, regelmäßig öffentlich über ihre Lieferkettenrisiken und präventive Maßnahmen zu berichten, wobei diese Berichte mindestens sieben Jahre lang auf der Website des Unternehmens verfügbar sein müssen.
Kann eine zentrale Meldestelle eingerichtet werden?
Viele Unternehmen stehen vor der Frage, ob eine einzige Meldestelle für das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) und das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) ausreicht. Beide Gesetze haben ähnliche formale Anforderungen, etwa bezüglich Rückmeldungen, Gesprächsangeboten und der Wahrung der Vertraulichkeit. Grundsätzlich ist dies zulässig und bei entsprechender Beachtung der jeweiligen Vorgaben auch üblich und effizienter.
Allerdings ist zu beachten, dass die Anforderungen des LkSG an die Meldestelle umfangreicher sind. Diese muss öffentlich zugängliche, klare und verständliche Informationen über Erreichbarkeit, Zuständigkeit und das Beschwerdeverfahren bereitstellen. Zudem müssen Unternehmen im Rahmen des LkSG detailliert darlegen, wie Beschwerden untersucht und Entscheidungen getroffen werden, einschließlich der Fälle, in denen öffentlich Bericht erstattet werden muss.
Es ist jedoch praktikabel, eine zentrale Meldestelle zu schaffen, die den Anforderungen beider Gesetze gerecht wird. Bei der Einrichtung eines solchen Systems sollte darauf geachtet werden, dass es technisch in der Lage ist, die spezifischen Anforderungen beider Regelwerke zu erfüllen.
Sofern das Unternehmen darüber hinaus nach dem Geldwäschegesetz (GwG) verpflichtet ist, kann darüber hinaus auch eine zentrale Meldestelle für alle drei gesetzlichen Meldekanäle eingerichtet werden. Dies stellt noch einmal erhöhte Anforderungen, da das Gesetz mit den jeweils engsten Vorgaben als Maßstabe gilt.