Notarielle Beglaubigungen bald per Videokonferenz?
Corona belebt Diskussion um Reform der Formvoraussetzungen
Die Sommersonne brennt und die Deutschen sitzen im Urlaub bei Wassereis am Strand und warten auf die zweite Welle, also, die zweite Corona-Welle. Die ersten europäischen Länder machen schon wieder die Grenzen zu, und da sorgt man sich nicht nur um den Urlaub in Italien, sondern vielleicht auch um den Gang zum Notar.
Geschlossene Grenzen und Quarantänevorschriften für Risikoländer machen es den Verantwortlichen derzeit zusehends schwer, persönlich zu den so wichtigen Notarterminen zu erscheinen. Gleichzeitig operieren viele Notare aufgrund der Abstandsvorschriften nur eingeschränkt. Zeit für eine Reform!
Wann benötige ich eine Beglaubigung?
Das deutsche Recht kennt insbesondere zwei Gründe, die den Gang zum Notar des Vertrauens erforderlich machen: Einerseits ist für diverse wichtige Rechtsgeschäfte von erheblicher finanzieller oder persönlicher Bedeutung vorausgesetzt, dass sie notariell beurkundet werden – so etwa beim Immobilienkauf oder beim Unternehmenskauf.
Andererseits können viele Kopien oder Abschriften im Rechtsverkehr nur gültig eingesetzt werden, wenn sie notariell beglaubigt sind. Durch die Beglaubigung wird die Echtheit eines Dokuments oder einer Unterschrift vom Notar bestätigt. Erforderlich sind notarielle Beglaubigungen etwa für Erklärungen an das Grundbuchamt zwecks Änderung des Grundbuches oder Handelsregisters.
Anforderungen an notarielle Beglaubigung
Die notarielle Beglaubigung setzt nach derzeitiger Rechtslage in Deutschland voraus, dass die Betroffenen persönlich beim Notar erscheinen und in seiner Gegenwart die Unterschrift leisten. Geregelt ist dies in § 40 des Beurkundungsgesetzes (BeurkG). In Anbetracht des erheblichen Aufwands und der mittlerweile weit fortgeschrittenen technischen Möglichkeiten steht diese veraltete Voraussetzung schon länger in der Kritik. Die Forderung: Die Beglaubigung per Live-Videokonferenz zu ermöglichen.
Dank Corona kommt nun endlich Wind in viele längst überfällige Reformvorschläge für das deutsche Justizwesen, darunter auch die Einrichtung einer Möglichkeit für Notartermine per Videokonferenz. In anderen Ländern, etwa in den Niederlanden, ist dies bereits möglich.
Alternative Regelungsmöglichkeit in den Niederlanden
In den Niederlanden ist eine Beglaubigung per Videokonferenz in folgenden Schritten möglich:
- Die Unterzeichner zeigen ihren Reisepass in Richtung der Kamera und das Notariat nimmt einen Screenshot des Dokuments zu den Akten.
- Die Unterzeichner unterschreiben unter der Kamera auf einer Kopie des Reisepasses.
- Die Unterzeichner unterschreiben auf dem Dokument unter der Kamera.
- Die unterschriebenen Kopien von Dokument und Reisepass werden als PDF an die E-Mailadresse des Notars sowie als Original per Post an das Notariat übersandt.
Anschließend kann der niederländische Notar sich direkt – sofern erforderlich - um die Apostille kümmern, sodass Beglaubigungen im Ergebnis weltweit per Videokonferenz durchgeführt werden können. Eine ähnliche Regelung wäre auch in Deutschland denkbar.
Anerkennung ausländischer Beglaubigungen
Einen Umweg über die Beglaubigung per Videokonferenz in den Niederlanden ist dennoch nach deutschem Recht wohl leider nicht möglich. Denn die Anerkennung von Unterschriftsbeglaubigungen in anderen Ländern erfordert, dass
- die Beglaubigung von einer mit öffentlicher Befugnis ausgestatteten Urkundsperson nach dem ausländischen Recht wirksam vorgenommen wurde und
- dass das ausländische Recht dieser Beglaubigungsform ebenfalls Beweiskraft und Echtheitsvermutung ähnlich den §§ 416, 4128, 440 Absatz 2 ZPO zumisst.
Diese Voraussetzungen sind indes bei einer Fernbeglaubigung per Videokonferenz in den Niederlanden nicht erfüllt. Einer Reform bedarf es daher weiterhin dringend -- ob und wann diese zu erwarten ist, steht aber leider noch in den Sternen. Vielleicht ja im Rahmen der zweiten Welle.