Neue steuerliche Ausgestaltungsmöglichkeiten für Mitarbeiterbeteiligung!

VESOP und ESOP endlich im Fokus der Politik

Gerade im Bereich der Start-Ups ist der sogenannte „war for talent“ schon seit einiger Zeit im Gange und es ist nicht absehbar, dass sich die Jagd nach hoch qualifizierten und dynamischen Mitarbeitern zukünftig einfacher gestalten wird.

Veröffentlicht am: 22.06.2020
Qualifikation: Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht in Hamburg
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Bereits jetzt zeigen Untersuchungen am Arbeitsmarkt, dass trotz der Coronakrise die Nachfrage nach hoch qualifizierten Mitarbeitern insbesondere im Bereich IT und Digitalisierung ungebrochen ist. Die derzeitigen, insbesondere steuerlichen Ausgestaltungsmöglichkeiten von Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen ist dagegen nicht geeignet, um für deutsche Start-Up Unternehmen im internationalen Vergleich attraktive Konditionen zu bieten.

Unternehmerische Beteiligung ist für Mitarbeiter von Start-Ups wichtig

Eine Umfrage, die unter 1900 Personen aus der Start-Up-Welt durchgeführt worden ist und bei der sowohl Existenzgründer, ihre Mitarbeiter, als auch Geldgeber im Bereich der Finanzierung von Start-ups befragt wurden, hat ergeben, dass für überwältigende 77 % der Mitarbeiter die Partizipation an einem zukünftigen Verkauf der Unternehmung wichtig ist. Dies überrascht vor dem Hintergrund, dass von Start-Ups gezahlte Gehälter im Vergleich zu dem erforderlichen persönlichen Einsatz eher unterdurchschnittlich sind, nicht wirklich.

So erklärten dann auch immerhin 58 % der befragten Gründer, dass in ihren Unternehmen bereits Virtual Employee Share Option Programs (VESOP) oder Employee Option Programs (ESOP) laufen. Oftmals werden jedoch die insbesondere steuerrechtlichen Hürden als hinderlich angesehen.

Ungünstige Steuersätze als Hemmschuh für Mitarbeiterbeteiligungsprogramme

Nachteilige Steuersätze bzw. ungünstige Zeitpunkte der Besteuerung sind momentan die Hauptkritikpunkte von Gründern und Investoren.

  1. ESOP-Programme
    Momentan ist die steuerliche Regelung so, dass Mitarbeiter in dem Moment, in dem ihnen echte Unternehmensanteile im Rahmen eines ESOP gewährt werden, den hierdurch erlangten geldwerten Vorteil direkt versteuern müssen. Dies kann bei einem persönlichen Einkommenssteuersatz jenseits der 40 % Marke eine signifikante finanzielle Belastung darstellen, ohne dass hierfür ein entsprechender aktueller Mittelzufluss erfolgt.
    Oftmals scheitert insofern die Beteiligung an einem ESOP Programm daran, dass die Mitarbeiter schlichtweg die von der Steuerverwaltung erhobene Steuer nicht zahlen können. Der hierfür oftmals verwandte Terminus klassifiziert dies dann auch als sogenanntes „trockenes Einkommen“.
  2. VESOP-Programme
    VESOPs haben demgegenüber den Vorteil, dass diese als echtes Einkommen gewertet werden und nach dem Zuflussprinzip erst dann der Steuer unterliegen, wenn der aus dem VSOP resultierende Betrag gezahlt wird.
    VESOPs haben psychologisch allerdings den Nachteil, dass Zahlungen hieraus immer als Lohn qualifiziert werden, Mitarbeiter also niemals direkt am Unternehmen beteiligt sind. Mitarbeiter sind insofern keine Gesellschafter, verfügen im Falle eines Börsengangs auch über keinerlei Aktien, die sie in Zukunft bei entsprechender positiver Kursentwicklung veräußern können. Auch ist der durch die Veräußerung von Aktien zukünftig generierte Gewinn steuerlich oftmals privilegiert, da ein Veräußerungsgewinn der Kapitalertragsteuer von ca. 25 % unterliegt.

Initiative der Politik soll hier Abhilfe schaffen

Die Betroffenen Gründer versuchen derzeit über entsprechende Lobbyarbeit bei der Politik ein Umdenken zu bewirken, um die derzeit bestehenden steuerlichen Nachteile der ESOP abzumildern und so im internationalen Vergleich konkurrenzfähiger zu werden. Ziel ist es hier, auch bei dem Verkauf von echten Unternehmensanteilen eine entsprechende Besteuerung erst im Zeitpunkt des tatsächlichen Zuflusses des Veräußerungsgewinns beim Mitarbeiter zu besteuern.

Als weiteres Ziel wird angestrebt, dass Folgeinvestitionen ähnlich wie bei der Rücklage für Immobilien steuerlich privilegiert sind. Dies soll dazu führen, dass ein fortgesetztes Investitionsverhalten der Eigentümer gefördert wird.

Auswirkungen für die Beratungspraxis

In der Beratungspraxis sind unsere auf VESOP und ESOP spezialisierten Anwälte und Steuerberater immer wieder mit der Frustration von Gründern und Mitarbeitern konfrontiert, wenn diese realisieren, in welch engen steuerlichen Rahmenbedingungen sich derzeit Mitarbeiterbeteiligungsprogramme bewegen. Aus Sicht der Praxis ist insofern eine entsprechende Flexibilisierung nur zu begrüßen.

Wir empfehlen unseren Mandanten immer, die entsprechenden steuerlichen Konsequenzen im Hinblick auf die Auswahl und das Aufsetzen der passenden Mitarbeiterbeteiligungsprogramme klar zu durchdenken und im Blick zu haben. Zukünftig könnte der aus unserer Sicht erfreuliche Zustand eintreten, dass nicht die Grenzen der Ausgestaltung von Mitarbeiterbeteiligungsprogramm im Vordergrund stehen, sondern deren tatsächlichen Inhalte.