Nachlass in Frankreich
Einige Streitpunkte
Einige Streitpunkte
Ein Beitrag von Rechtsanwältin Dr. Cécile Walzer
Schon der Verlust eines geliebten Menschen macht die Abwicklung einer Erbschaft zu einer Belastungsprobe. Schlimm wird es erst recht, wenn dabei auch noch Schwierigkeiten entstehen, weil zwischen den Erben gestritten wird. Wir stellen nachfolgend einige wichtige Problemfälle dar, die den Erben bei der Abwicklung begegnen können.
1. Ein Erbe schweigt
Nach dem französischen Erbrecht sind Notare für die Abwicklung von Erbschaften zuständig. Sie beurkunden die für die Abwicklung erforderlichen Dokumente, erstellen die Erbschaftssteuererklärung, schreiben Immobilien um und begleiten die Erben bei der Erbauseinandersetzung.
Voraussetzung für eine Abwicklung ist, dass sich die Erben festlegen, ob sie das Erbe vorbehaltlos annehmen, ihre Annahme auf die Aktiva beschränken oder das Erbe ablehnen. Entscheidet ein Erbe hierüber nicht, kann der Notar grundsätzlich weder die Erbschaft abwickeln und noch eine Erbauseinandersetzung vornehmen. Denn er kann das Schweigen des Erben weder als Ausschlagung noch als Annahme der Erbschaft bewerten.
Was nun? Eine schnelle Lösung dieses Konflikts liefert das französische Erbrecht nicht. Erst nach dem Ablauf von 10 Jahren nach Eröffnung des Testamentes wird das Schweigen eines Erben hinsichtlich seines Erbteils als Ausschlagung gewertet. Möchten die übrigen Erben noch Ablauf dieser Zeit Gewissheit haben, so steht es ihnen frei, den schweigenden Erben zu einer Stellungnahme per Gerichtsvollzieher aufzufordern. Er hat dann zwei Monate Zeit sich festzulegen. Nach Ablauf dieser Frist gilt das Erbe als angenommen.
2. Streit um die Wahl des Notars
Befindet sich eine Immobilie im Nachlass oder hinterlässt der Erblasser zum Beispiel ein Testament, so ist der Nachlass in Frankreich von einem Notar abzuwickeln. Nur ein einziger Notar darf die Nachlassangelegenheit abwickeln.
Auch wenn ein Testament bei einem Notar hinterlegt ist, steht es den Erben frei, einen anderen Notar für die Abwicklung zu beauftragten. Dabei kann die Wahl des Notars der Startschuss für Streitereien zwischen den Erben kommen.
Was, wenn die Erben sich nicht einigen können? Die Standesregeln der französischen Notare lösen dieses Problem mit einer Prioritätsliste. Berufen ist zunächst:
- Der Notar des überlebenden Ehegatten hat Vorrang
- Der Notar der Noterben
- Der Notar der übrigen Erben
Den Erben steht es frei jeweils einen Notar an Ihrer Seite zu haben. Da Notare allerdings zur Neutralität verpflichtet sind wird dieser die Interessen ihres Mandanten gegenüber dem anderen Notar nicht vertreten können. Vielmehr wird dieser nur im Sinne aller Erben die Handlungen seines Kollegen überprüfen können. Wer seine Interessen vertreten haben möchte, braucht einen auf französisches Recht spezialisierten Anwalt an seiner Seite.
3. Blockade beim Verkauf der Nachlassimmobilie
Im Rahmen der Erbauseinandersetzung kann es vorkommen, dass ein Erbe den Verkauf der Nachlassimmobilie verweigert. Die Erbengemeinschaft, die einstimmig entscheiden muss, ist blockiert. Was ist die Lösung?
Zwei Drittel der Eigentümergemeinschaft kann unter bestimmten Voraussetzungen bei dem zuständigen französischen Gericht die Genehmigung desVerkaufs beantragen. Der Richter kann – sofern alle Voraussetzungen gegeben sind – den Verkauf auch gegen den Willen eines der Erben genehmigen.
4. Streit um die Bewertung eines Nachlassgegenstandes
Die Bewertung der Nachlassgegenstände, insbesondere einer Nachlassimmobilie ist wesentlich um den Wert des Nachlasses und somit auch die Höhe der Anteile der einzelnen Erben zu bestimmen. Sie ist ebenfalls Grundlage für die Erbschaftssteuererklärung und für die Berechnung der Notarkosten. Die Bewertung der Mobilien und Immobilien kann sowohl durch den Notar als auch durch einen Gutachter beziehungsweise Makler erfolgen.
Während eine zu hohe Bewertung höhere Steuern und Gebühren verursacht kann ein zu niedrig angesetzter Wert eine Nachbesteuerung des Finanzamtes nach sich ziehen. Widerspricht ein Erbe den Ergebnissen der Bewertungen steht es ihm frei eine zweite Bewertung vorzulegen um seine Argumentation zu untermauern. Falls keine Einigkeit erzielt wird kann er ebenfalls die Ernennung eines gerichtlichen Gutachters bei dem zuständigen Richter beantragen.
Fazit:
Leider lassen sich nicht alle Punkte eines Erbfalls im Vorfeld durch den Erblasser regeln. Dennoch ist es ratsam dass er bereits frühzeitig das Gespräch mit seinen Erben sucht, um Konflikte am Grab nicht aufkommen zu lassen. Auch sollten die Erben sich frühzeitig juristischen Rat suchen, um geeignete Lösungen zu finden und einen Rechtstreit nicht eskalieren zu lassen.