Französisches Erbrecht bevorzugt Großkonzerne?
Die Not erbender Winzer im Burgund
Auch in Frankreich können das Erbrecht und die Erbschaftsteuer einen Familienbetrieb existenziell gefähren.
Erbfälle sind oft große Herausforderungen für Familien bzw. Familienbetriebe. Das ist nicht nur in Deutschland so. Vor einigen Tagen wurde im Internet berichtet, das französische Erbrecht bevorteile Großkonzerne. Geschildert wurde ein Fall, in dem eine Winzerfamilie wegen einer Erbschaft einen Teil der Weinberge an den Luxusgüterkonzern LVMH verkaufen musste, um die hohe französische Erbschaftsteuer zu begleichen. Was ist da schiefgelaufen?
"Zerstückelung" aufgrund der Erbfolge in Frankreich?
Als Ursache wurde in der Berichterstattung zunächst das französische Erbrecht ausgemacht. Dieses sehe vor, dass das Vermögen eines Elternteils nach dessen Tod gleichmäßig unter den Kindern aufgeteilt werde. Das entspricht allerdings der gesetzlichen Erbfolge in Deutschland: Alle Kinder erben zu gleichen Teilen. Dass so eine Erbfolge zu einer "Zerstückelung" des familiären Betriebs führen kann, ist hinlänglich bekannt. Daher wird in diese Erbfolge regelmäßig durch ein Testament eingegriffen. Auch insoweit gleichen sich das deutsche und französische Erbrecht. Allerdings kennt man hierzulande im Bereich der Landwirtschaft ein besonderes Erbrecht, das auch für Winzer gilt. Dieses landwirtschaftliche Erbrecht unterscheidet sich regional. Ein prominenter Vertreter ist die Nordwestdeutsche Höfeordnung. Vorrangiges Ziel dieser besonderen Regelungen für Landwirte, Winzer etc. ist der Erhalt des Betriebes im Erbfall. Erreicht wird das dadurch, dass Pflichtteilsansprüche weichender Erben reduziert werden, damit der Nachfolger des Hofes (oder Weinbergs) nicht zu stark belastet wird. Da das französische Erbrecht diesen Schutz bei der landwirtschaftlichen Unternehmensnachfolge nicht kennt, ist die Gefahr der Zerstückelung im Erbfall größer als hierzulande.
Existenzbedrohende Erbschaftsteuer?
So eine Aufteilung der Erbschaft auf mehrere Kinder ist aus steuerlicher Sicht grundsätzlich vorteilhaft. Auch das französische Erbschaftsteuerrecht kennt persönliche Freibeträge für erbenden Kinder. Die sind aber mit 100.000 Euro vergleichsweise niedrig. Bei einem Weingut im Burgund kommt man damit nicht besonders weit. In dem geschilderte Fall stand ein Gesamtwert von mehr als 20 Millionen Euro im Raum. In Deutschland können auch millionenschwere landwirtschaftliche Betriebe faktisch fast immer ohne Anfall von Erbschaftsteuer oder Schenkungsteuer übertragen werden. Das liegt einerseits an der niedrigen steuerlichen Bewertung für landwirtschaftliche Flächen und andererseits an der umfassenden Steuerbefreiungen für Betriebe, die von den Erben weitergeführt werden. Auch das französische Recht kennt sehr großzügige Steuerabschläge bei der Unternehmensnachfolge, die aber - wie in Deutschland - an strenge Voraussetzungen geknüpft sind. Diese waren von der betroffenen Winzerfamilie offenbar nicht einzuhalten, sodass eine Erbschaftsteuerschuld von neun Millionen Euro vermutet wurde, die einen Verkauf eines Teils der Weinberge an LVMH wohl erforderlich machten.