Mutter, Mutter Kind
Kommt jetzt die Mit-Mutter?
Kommt jetzt die Mit-Mutter?
Ein Beitrag von Desiree Szitnick
Die bestehenden Familienmodelle im Abstammungsrecht sind überholt – so sieht es zumindest das Justizministerium um Katarina Barley und veröffentlichte nun einen Entwurf zur Neuregelung des Familienrechts. Dafür erntete die Ministerin im Parlament aber nicht nur Zuspruch.
Verändertes Familienbild bringt Wunsch nach Reformen
Nun ist er tatsächlich da: Justizministerin Barley präsentiert ihren 62-seitigen Entwurf zur Neuregelung des Abstammungsrechtes. Bisher ist zwar noch nichts beschlossene Sache, der Entwurf soll aber dennoch als erste Grundlage für Gespräche innerhalb der Regierung, mit den Fraktionen und den Ländern dienen.
Der Entwurf befasst sich dabei mit vielen bislang umstrittenen Fragen des Familienrechts bzw. Abstammungsrechtes. Ein großer Teil des Entwurfes beschäftigt sich mit einer geplanten Gleichstellung lesbischer Paare bei der Geburt eines Kindes. Ziel ist es, auch für die Ehefrau der Mutter eine automatische „Mit-Mutterschaft“ zu erreichen.
Bekannt ist diese „automatische Elternschaft“ bereits bei der Vaterschaft von Ehemännern. Der Ehemann einer Frau wird nach geltendem Familienrecht nämlich automatisch gesetzlicher Vater des Kindes, auch wenn er es genetisch vielleicht gar nicht ist. Dieselbe Regelung soll es nach dem Reformvorschlag bald auch bei lesbischen Paaren geben, sodass die Ehefrau der Mutter auch ohne zusätzlich Adoption automatisch „Mit-Mutter“ des Kindes wird. Dies würde eine erhebliche Gleichstellung zu heterosexuellen Paaren bedeuten.
Das bisherige Familienrecht - immer ein Schritt hinterher?
Viele lesbische Paare würde diese Regelung freuen, ist es doch bislang mit viel Mühen und Kosten verbunden, dass auch die Frau, die das Kind nicht ausgetragen hat, als gesetzliche Mutter angesehen wird.
Doch der Entwurf zeigt auch, dass eine Gleichstellung nicht für alle homosexuelle Paar geplant ist. Eine ähnliche Gleichstellung ist nämlich bei schwulen Paaren nicht vorgesehen. Dort soll weiterhin die austragende Frau (zunächst) Mutter werden. Einer der Partner kann dann über eine Vaterschaftsanerkennung gesetzlicher Vater des Kindes werden. Erst aber wenn die Mutter das Kind zur Adoption freigibt, könne der andere Partner ebenfalls gesetzlicher Vater werden.
Warum das so ist, zeigt sich an zwei Grundsätzen, an denen auch nach dem Reformentwurf festgehalten werden soll: Ein Kind kann nicht mehr als zwei Elternteile haben und Mutter ist diejenige, die das Kind zur Welt gebracht hat, auch wenn genetisch eine andere Frau Mutter ist. Diese Grundsätze haben folglich auch Auswirkungen auf die konkret geplanten Neuregelungen und würden bei einer ähnlichen Gleichstellung schwuler Paare entgegenstehen.
Gelebte Familienmodelle endlich gesetzlich verankert
Der Reformvorschlag soll nach Vorstellungen von Barley in erster Linie gesellschaftlich veränderten Familienmodellen gerecht werden. Medizinisch ist mittlerweile vieles möglich – nur das deutsche Familienrecht hinkt den erweiterten Möglichkeiten der Familiengründung hinterher. Daher beschäftigen sich der Entwurf auch noch mit anderen Themen wie der Embryonenspende, künstlicher Befruchtung und anderen Fragen der Reproduktionsmedizin.
Barley selbst hält „das Abstammungsrecht mit Blick auf die Möglichkeiten der modernen Reproduktionsmedizin und die in der Gesellschaft gelebten Familienformen teilweise nicht mehr für zeitgemäß“.
Doch während aus weiten Teilen des Bundestages Zuspruch für die Reformentwürfe kam, gibt es auch konservative Stimmen, allen voran der AfD, denen die Pläne eindeutig zu weit geht. Bei solchen, die am liebsten die „Ehe für alle“ wieder abschaffen würden, stieß der Vorschlag auf wenig Zuspruch.
Wie und ob die Vorschläge am Ende in einem handfesten Gesetzesentwurf verpackt werden, wird sicherlich noch abzuwarten sein. Dennoch hat Barley einen mutigen Vorstoß in Richtung einer liberaleren Familienpolitik unternommen.