Mietverträge, vorweggenommene Erbfolge und Minderjährige
Der BGH legt den Finger in die Wunde
Alles rund um Immobilienschenkungen der Elterngeneration an ihre Kinder finden Sie im Folgenden.
Im Rahmen der Nachfolgeplanung überträgt die Elterngeneration häufig Grundeigentum an die Kinder. Dies geschieht entweder unmittelbar durch Immobilienschenkung oder mittelbar dadurch, dass die Kinder Gesellschafter einer Familiengesellschaft werden. Dies wirft dann spannende Fragen, wie zum Beispiel die Notwendigkeit der Einschaltung eines Ergänzungspflegers, auf. Auch stellt sich die Frage, was eigentlich mit bestehendem Wohnraum oder auch Gewerbemietverträgen geschieht.
Der Bundesgerichtshof hat kürzlich dazu eine instruktive Entscheidung gefällt (BGH, Beschluss vom 28.04.2022 - V ZB 4/21)
Das Zinshaus im Familienbesitz und die lockenden Steuerfreibeträge
Hier waren die Eltern zweier minderjähriger Kinder, mittelbar über eine aus den Eheleuten Gesellschaftern bestehende GbR Eigentümer eines mit einem vermieteten Mehrfamilienhaus bebauten und zusätzlich mit einem Nießbrauch für Dritte belasteten Grundstücks. An dem Grundstück war bereits zugunsten zwei weiterer Personen ein Nießbrauch eingetragen worden. Die Erträge des Grundstücks flossen also einem Dritten zu. Der Vater beurkundete dann, auch im Namen seiner minderjährigen Kinder, eine Vereinbarung, wonach Miteigentumsanteile an die Kinder übertragen werden sollten. Das Grundbuchamt verweigerte die Eintragung des Rechtserwerbs. Es forderte die Genehmigung durch einen gerichtlich zu bestellenden Ergänzungspfleger.
Eigentlich nicht überraschend: Minderjährigenschutz geht vor
Der BGH bestätigte das Grundbuchamt. Es handele sich für die beiden Minderjährigen bei der Übertragung der Miteigentumsanteile an dem vermieteten Grundstück nicht um ein sogenanntes lediglich rechtlich vorteilhaftes Geschäft. Deshalb seien die Eltern von der Vertretung der Kinder vor dem Notar ausgeschlossen. Daran ändere auch der an dem Grundstück bestehende Nießbrauch nichts. Damit würden die Kinder jedenfalls bei Ende des Nießbrauchs (spätestens im Todeszeitpunkt der Nießbrauchsberechtigten Person) in die Pflichten des bestehenden Mietverhältnisses eintreten und dann für diese Pflichten persönlich mit ihrem sonstigen Vermögen haften. Das ist zweifellos kein lediglich rechtlich vorteilhaftes Geschäft, die Risiken liegen auf der Hand.
Was ist eigentlich mit den Mietverträgen?
Mietverträge sind grundsätzlich nicht lediglich vorteilhaft für Minderjährige, auch wenn der Mietvertrag hohe Mieteinnahmen mit sich bringt. Interessant ist das Schicksal des Mietvertrags bei einem Nießbrauch auf der Immobilie. Zunächst ist festzustellen, dass – soweit nichts anderes geregelt ist – der Nießbrauchsberechtigte bei bereits im Zeitpunkt der Nießbrauchsgewährung bestehenden Mietverträgen Vermieter wird. Eigentum und Vermieterstellung können also auseinander gehen.
Der BGH positionierte sich auch klar bezüglich des Schicksals der Mietverträge. Bei Beendigung der Mietverträge wären dann nicht mehr die Nießbrauchsberechtigten, sondern die Kinder Vermieter. Dieses Ergebnis folgt aus §§ 1056, 566 Abs. 1 BGB.
Also: Vorsicht Kinder!
So verlockend das Ausnutzen der Schenkungsteuerfreibeträge auch ist, die rechtlichen Folgen und Hindernisse können erheblich sein. Dies scheint, wie die Entscheidung zeigt, in der Praxis oft übersehen zu werden.
Die übergebende Generation hätte sich hier einiges an Zeit, Stress und Geld sparen können, hätte sie das Grundstück gleich in einen Familienpool übertragen. Die Eltern könnten sich dann einen Nießbrauch an den Kommanditanteilen vorbehalten. Mietrechtlich wäre die Lage dann schön klar, die Familiengesellschaft wäre gemäß § 566 Abs. 1 BGB „für alle Zeiten“ Vermieterin. Schließlich hätte es mit einer Familiengesellschaft einen eigenen Rechtsträger gegeben, womit sich Fragen des Minderjährigenschutzes zwar auch, aber deutlich weniger brisant gestellt hätten. Schließlich ist es in der Praxis so, dass bei entsprechender Gestaltung die Übertragung von Kommanditanteilen an einer immobilienverwaltenden Gesellschaft zumeist von Ergänzungspfleger und Familiengericht genehmigt wird.