Mehr Zuschläge für Teilzeitarbeitnehmer

Diskriminierung beim Überstundenzuschlag

Das BAG macht deutlich, dass es unzulässig ist, Überstundenzuschläge erst ab Überschreitung der regulären Wochenarbeitszeit eines Vollzeitarbeitnehmers zu zahlen. Stattdessen müssen diese Zuschläge bereits mit Überschreiten der individuell arbeitsvertraglich vereinbarten Arbeitszeit gezahlt werden.

Veröffentlicht am: 23.12.2024
Von: Uresa Rakaj
Qualifikation: Wissenschaftliche Mitarbeiterin
Lesedauer:

Regelungen zu Zuschlägen von Überstunden finden sich in den allermeisten Tarif- und Arbeitsverträgen. Nicht selten sehen diese vor, dass erst ab der 41. Arbeitsstunde in der Woche ein Überstundenzuschlag gezahlt wird. In der Konsequenz bedeutet dies für Teilzeitarbeitnehmer, dass sie bis zur Zahlung eines Überstundenzuschlags oft deutlich mehr als ihre vertraglich vereinbarte Wochenarbeitszeit leisten müssen. Damit ist nun endgültig Schluss – so das Bundesarbeitsgericht in einem aktuellen Urteil (BAG, Urteil vom 05.12.2024 - Az. 8 AZR 370/20).

Diskriminierung der Teilzeitarbeitnehmer

Eine in Teilzeit beschäftigte Pflegekraft klagte gegen ihren Arbeitgeber – einen Dialyseanbieter. Der für das Unternehmen geltende Tarifvertrag sah einen Überstundenzuschlag von 30 % vor. Dies allerdings erst, wenn die reguläre Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten überschritten wurde. Von dieser Regelung sah sich die Pflegekraft benachteiligt. Denn obwohl sie eine Reihe von Überstunden vorweisen konnte, erhielt sie keine Zuschläge. 

Dem Vortrag der Pflegerin stimmte auch das BAG zu. Das Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) sieht ein Diskriminierungsverbot von Teilzeitkräften gegenüber Vollzeitbeschäftigten vor, wenn es an einem sachlichen Grund fehlt. Im Falle des Dialyseanbieters fehle dieser sachliche Grund.

Vorsicht vor dem AGG

Die Regelung verstieß allerdings nicht nur gegen das TzBfG. Auch sei eine Diskriminierung im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) gegeben – und das aufgrund des Geschlechts.

Teilzeitarbeit ist weiterhin typischerweise von Frauen dominiert. Werden in einem Unternehmen demnach Teilzeitarbeitnehmer im Sinne des TzBfG benachteiligt und sind in diesem Unternehmen die meisten Teilzeitarbeitnehmer Frauen, ist eine Diskriminierung wegen des Geschlechts nicht fernliegend.

Dies sah das BAG auch im Falle der Pflegerin. Sie erhielt zusätzlich zum Anspruch auf die Überstundenzuschläge aus dem TzBfG auch eine Entschädigung in Höhe von 250 Euro aus dem AGG.

Anpassungsbedarf von Arbeitsverträgen

Das Urteil ist nicht ganz unstreitig. Schon jetzt wird teils vertreten, dass eventuell nun eine Diskriminierung zu Lasten der Vollzeitarbeitnehmer vorliegen könnte, da diese potenziell für dieselbe Menge an Arbeitsstunden weniger bezahlt werden könnten. Nichtsdestotrotz sollten nach dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung Arbeitgeber eventuell bestehende Klauseln im Arbeitsvertrag zeitnah anpassen, um nicht nur hohe Nachzahlungen, sondern auch zusätzliche Entschädigungsansprüche zu vermeiden.