Markenstreit der Motorroller
Der Gesamteindruck einer Vespa
Der Gesamteindruck einer Vespa
Ein Beitrg von Desiree Szitnick
Der Roller-Hersteller Piaggio ist vor dem Gericht der Europäischen Union (EuG) im Markenrechtsstreit gegen einen chinesischen Konkurrenten gescheitert. Der Roller des chinesischen Herstellers vermittele einen anderen Gesamteindruck als die Vespa-Roller, so die Einschätzung des Gerichtes.
Italienischer Kult-Roller bekommt Konkurrenz aus China
Im Jahr 2010 konnte der chinesische Hersteller Zhejiang Zhongneng Industry Group beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) die Eintragung eines sogenannten Gemeinschaftsgeschmacksmusters für einen von ihm hergestellten Motorroller erwirken. Gegen diese Markeneintragung ging das italienische Unternehmen Piaggio & C. vor und stellte beim EUIPO einen Antrag auf Nichtigkeit der Eintragung des Geschmackmusters. Zudem sei der Motoroller „Vespa LX“ in Italien als nicht eingetragene dreidimensionale Marke sowie in Frankreich und in Italien als schöpferisches Werk urheberrechtlich geschützt. Das EUIPO allerdings lehnte den Antrag 2015 ab. Nun hatte der EuG über den markenrechtlichen Schutz des Kraftradmodells zu entscheiden.
Rollerhersteller im Streit um markenrechtliche Geschmacksmuster
Die Richter am EuG bestätigten nun die Entscheidung des EUIPO mit ihrem Urteil vom 24.09.2019 (Az.: T-219/18). Hauptstreitpunkt war die Zulässigkeit der Eintragung eines Gemeinschaftsgeschmackmusters für das chinesische Unternehmen. Ein solcher Schutz werde nach der europäischen Gemeinschaftsgeschmackmusterverordnung nur gewährleistet, soweit es neu sei und eine Eigenart aufweise.
Nach Auffassung der Richter habe das EUIPO allerdings richtigerweise einen unterschiedlichen Gesamteindruck beider Motorroller festgestellt. Insbesondere die Konturen beider Modelle sollen sich laut EuG wesentlich voneinander unterscheiden. Diese Unterschiede seien so zahlreich und signifikant, dass sie einem informierten Benutzers nicht entgehen können, so die Einschätzung der Richter. Im Ergebnis bestehe daher keine Verwechslungsgefahr beider Modelle bei dem maßgeblichen Verkehrskreis. Das Gericht berücksichtigte dabei insbesondere die Sichtweise und den erhöhten Aufmerksamkeitsgrad des relevanten Verkehrskreises, der für den Kauf eines Motorollers in Frage käme. Eine markenrechtliche Verletzung sei daher ausgeschlossen.
Richter sehen keine Urheberrechtsverletzung
Aber auch eine mögliche Verletzung des Urheberrechtes lehnte das Gericht ab. Der Motorroller „Vespa LX“ – der durch italienisches und französisches Urheberrecht als konkrete Ausformung des schöpferischen Kerngedankens der Ur-"Vespa" insoweit geschützt sei, als er deren Formmerkmale und ihr spezifisches Gesamterscheinungsbild im Sinne eines "rundlichen, femininen Vintage-Charakters" verkörpert – wurde nach Ansicht des EuG durch den Zhejiang-Motorroller nicht unerlaubt in Anspruch genommen. Auch hier droht dem Vespa- Hersteller somit keine Verletzung seiner Rechte. Insgesamt scheitert Piaggio damit mit seiner Klage vor dem EuG.
Was schützt die Europäische Union durch Gemeinschaftsgeschmackmuster?
Geschmacksmuster sind in der Europäischen Union klar definiert: „Die Erscheinungsform eines Erzeugnisses oder eines Teils davon, die sich insbesondere aus den Merkmalen der Linien, Konturen, Farben, der Gestalt, Oberflächenstruktur und/oder der Werkstoffe des Erzeugnisses selbst und/oder seiner Verzierung ergibt“. So legt es die Gemeinschaftsgeschmackmusterverordnung fest.
Ein Geschmacksmuster ist also das Erscheinungsbild eines Erzeugnisses, insbesondere Form, Muster und Farben. Damit fällt unter ein Geschmackmuster so gut wie alles, was von Menschenhand erschaffen wurde und über ein Design verfügt.
Das Design einer Ware ist für viele Unternehmen marktbestimmend. Daher ist der Schutz dieses Geschmackmusters für Rechteinhaber so bedeutend. Die Eintragung eines Gemeinschaftsgeschmackmusters beim EUIPO bietet den Schutz eines Designs in allen Mitgliedstaaten der europäischen Union.