Leihmutterschaft ist keine außergewöhnliche Belastung
Zumindest nicht aus steuerlicher Sicht, so der BFH
Leihmutterschaften im Ausland sind teuer. Ein schules Paar wollte die Kosten daher beim Finanzamt geltend machen.
Leihmutterschaften sind zwar in Deutschland noch immer nicht legal, dennoch sind sie bei der Realisierung des Kinderwunsches schon längst etabliert, da deutsche Paare problemlos die liberaleren Gesetze und die medizinische Infrastruktur im Ausland nutzen. Da eine solche Leihmutterschaft ihren Preis hat, treten automatisch auch steuerliche Fragen auf. Nun musste der Bundesfinanzhof entscheiden, ob die Kosten der Ersatzmutterschaft als außergewöhnliche Belastung bei der Einkommensteuer berücksichtigt werden müssen (BFH, Urteil vom 10. August 2023, VI R 29/21).
Schwules Paar mit Leihmutterschaft in den USA
Bei den Steuerschuldnern handelte es sich um zwei Männer, die 2017 geheiratet hatten. Sie hatten mit einer US-amerikanischen Frau ein Leihmutterschaftsverhältnis begründet und sich für die Befruchtung der Eizelle einer anderen Amerikanerin bedient. Da so gezeugte und zur Welt gebrachte Kind lebt heute bei den Wunscheltern in Deutschland.
Diese wurden als Ehepaar bei der Einkommensteuer gemeinsam veranlagt und machten bei er Steuererklärung die Kosten der Leihmutterschaft als „außergewöhnliche Belastung“ geltend.
Kinderwunsch ist keine Krankheit
Darauf ließ sich weder das Finanzamt ein, noch das Finanzgericht Münster und auch nicht der BFH. Entscheidende Norm im Steuerrecht ist der § 33 Absatz 1 EstG. Danach ist die Einkommensteuer auf Antrag zu ermäßigen, „wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands erwachsen.“ Zwangsläufig entsteht eine Aufwendung gemäß § 33 Absatz 2 Satz 1 EStG dann, wenn sich der Steuerpflichtige ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann, soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen.
Darunter versteht der BFH Krankheitskosten, die für die Heilung aufgebracht werden, oder zumindest dafür die Krankheit erträglich zu machen. Das sei bei der Leihmutterschaft aber nicht der Fall, denn die Kinderlosigkeit der beiden Männer beruhe ja schließlich auf den biologischen Grenzen der Fortpflanzung und nicht auf einer Krankheit.
Psychisch krank wegen Kinderlosigkeit?
Zwar brachte einer der Männer vor, dass er die Leihmutterschaft auch deshalb durchgeführt worden sei, weil sich bei ihm aufgrund des unerfüllten Kinderwunschs eine psychische Krankheit abgezeichnet hätte, was ihm eine Psychologin schriftlich bestätigt hatte. Dem entgegneten die Richter am BFH, dass ein durch Leihmutterschaft reproduziertes Kind keine medizinisch indizierte Heilbehandlung sei.
Außerdem, so der BFH, stehe einer Qualifizierung der der Leihmutterschaft als Heilbehandlung auch die im Grundgesetz garantierte Menschenwürde des Kindes entgegen, da dieses sonst zum bloßen Objekt herabgewürdigt würde.
Wie geht es weiter im Kinderwunschrecht?
Selbstverständlich wiesen die Richter auch darauf hin, dass eine Leihmutterschaft überhaupt nicht mit der deutschen Rechtsordnung vereinbar sei. Diese Rechtslage wurde in den Urteil auch nicht in Frage gestellt. Es ist aber nicht auszuschließen, dass sich im Zuge einer weiteren Liberalisierung des Kinderwunsch-Rechts und Abstammungsrechts zukünftig auch in Deutschland – wenn auch eingeschränkt – legale Möglichkeiten hinsichtlich einer Leihmutterschaft ergeben. Doch selbst wenn es so weit kommen sollte, wird sich an der steuerlichen Einordnung der Kosten der Leihmutterschaft wohl zunächst nichts ändern, wenn man sich alle Argumente des BFH anschaut.