Kann Krankschreibung einen Kündigungsgrund rechtfertigen?
Und: Warum der Arbeitsvertrag schriftlich ausgehändigt werden sollte
Und: Warum der Arbeitsvertrag schriftlich ausgehändigt werden sollte
Ein Beitrag von Anna-Maria Blömer
Hauswirtschafter bzw. Haushaltshilfen werden häufig in Haushalten beschäftigt, in denen mehr als eine Person lebt. Meistens werden sie von Eheleuten eingestellt, die noch jüngere Kinder haben. Arbeitsverträge werden in diesem Zusammenhang in vielen Fällen aber nicht schriftlich geschlossen.
Für den Fall, dass eine Seite die Kündigung ausspricht, sind dann keine besonderen Voraussetzungen oder Umstände des Kündigungsaktes geregelt worden. Ob eine Hauswirtschafterin, die jeweils 8 Stunden die Woche im Haushalt eines Ehepaars beschäftigt war, von nur einem der Ehepartner wirksam gekündigt werden kann, oder ob beide Partner Arbeitgeber sind, hat das Bundesarbeitsgericht Ende letzten Jahres entschieden (BAG, Urteil vom 18.11.2021 - 2 AZR 229/21).
Müssen Minijobber überhaupt einen schriftlichen Arbeitsvertrag erhalten?
Die Antwort findet man in § 2 Abs. 1 S. 1 Nachweisgesetz (NachwG). Demnach hat der Arbeitgeber „spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen, die Niederschrift zu unterzeichnen und dem Arbeitnehmer auszuhändigen.“ Die Mindestinhalte, die darin aufzunehmen sind, werden in § 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 1-10 NachwG aufgezählt. Unter anderem müssen die Namen der Vertragsparteien schriftlich festgehalten werden.
Der Arbeitsvertrag kommt also grundsätzlich schon mündlich zustande, aber den Arbeitgeber trifft gem. § 2 Abs. 1 NachwG die Pflicht, innerhalb eines Monats den Vertrag auch in schriftlicher Form an den Arbeitnehmer auszuhändigen. Wird ein schriftlicher Vertrag nicht mehr geschlossen, haben im Streitfall Arbeitgeber und -nehmer vor Gericht Probleme zu beweisen, was innerhalb des Arbeitsvertrages vereinbart worden ist.
Schriftlicher Arbeitsvertrag existierte zwischen den Vertragsparteien nie
Im dem BAG vorgelegenen Fall war eine Hauswirtschafterin gekündigt worden. Damit war sie nicht einverstanden und wandte sich ans Gericht. Ein schriftlicher Arbeitsvertrag zwischen der Gekündigten und dem Ehepaar, für das sie bis dato tätig war, wurde nie geschlossen.
Im Frühling erkrankte die Hauswirtschafterin und wurde vom Arzt für fünf Wochen krankgeschrieben. Die Arbeitgeberin berichtete, dass die Angestellte sich noch kurz zuvor bei ihr nach Urlaubsentgelt, Feiertagsvergütung und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall „erkundigt“ hatte. Kurz entschlossen kündigte sie ihrer Angestellten.
Kündigungsgrund: Familie braucht keine Hilfe mehr
Die Gekündigte hielt der Kündigung entgegen, dass der Ehemann der Frau ebenfalls – zumindest konkludent – ihr Arbeitgeber gewesen sei und somit die Kündigung gem. § 623 BGB unwirksam wäre. Außerdem war sie der Auffassung, dass die Kündigung als „Strafaktion“ ausgesprochen wurde und damit gegen § 612a BGB verstoße.
Als Kündigungsgrund gaben die Eheleute an, dass ihr Sohn mittlerweile erwachsen und eine Haushaltshilfe nicht mehr von Nöten sei. Die ehemalige Hauswirtschafterin klagte gegen das Ehepaar wegen angeblicher Schwarzarbeit – allerdings erfolglos, denn sie war unbestreitbar bei der Minijob-Zentrale angemeldet. Auch eine Revision beim BAG scheiterte.
Ehemann hatte nie Arbeitgeberstellung
Das BAG war endgültig der Auffassung, dass die Kündigung der Haushälterin nicht gem. §§ 623, 134 BGB nichtig sei, obwohl das Kündigungsschreiben nur von der Ehefrau und nicht zusätzlich von deren Mann unterschrieben wurde. Die Richter waren der Ansicht, dass das Schreiben dessen Unterschrift auch gar nicht bedurfte, da es schon an seiner Arbeitgeberstellung mangelte. Bereits das LAG war richtigerweise zu dem Ergebnis gekommen, dass keine gemeinsame Arbeitgeberstellung der beklagten Eheleute zu erkennen war.
Ein Arbeitsvertrag zwischen der gekündigten Frau und dem Ehemann habe, neben dem Vertrag zwischen ihr und der Ehefrau, nie existiert. Diese Ansicht stützten die Richter auf verschiedene Argumente. So wurde schon der Aushang, auf den sich die Bedienstete gemeldet hatte, allein von der Hausherrin erstellt. Das daraufhin erfolgte Kennenlerngespräch zur Arbeitsaufnahme hatte ebenfalls nur zwischen Arbeitnehmerin und Ehefrau stattgefunden. Und zu guter Letzt hatte einzig und allein die Ehefrau der Hauswirtschafterin Arbeitsanweisungen erteilt.
Dass die Arbeitnehmerin im Haushalt der beiden Eheleute gearbeitet hatte und auch der Ehemann von den Reinigungstätigkeiten der Angestellten profitiert habe, änderte an diesen Umständen nichts.
BAG: Arbeitsunfähigkeit kann sogar gerechtfertigter Kündigungsgrund sein
Die Erfurter Richter waren weiter der Ansicht, dass das zeitliche Zusammenfallen von Arbeitsunfähigkeit und Kündigungsschreiben nichts über ein unzulässig maßregelndes Motiv für die Kündigung aussage. Denn eine Arbeitsunfähigkeit könne unter Umständen sogar ein Grund für die soziale Rechtfertigung einer Kündigung nach § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG darstellen.
Ganz grundsätzlich ist das Team von ROSE & PARTNER, insbesondere unsere Anwälte für Arbeitsrecht, Ihnen bei allen Fragen rund um das Thema Kündigungsgründe sehr gern behilflich.