Klage gegen Geschäftsführer und D&O-Versicherung
Abtretung des Freistellungsanspruchs und Verjährung der Haftung
Geht es um die Haftung des Geschäftsführers, tritt in der Praxis oft die D&O-Versicherung mit in den Ring. Welche Fragen aufgeworfen werden, wenn die D&O-Versicherung der „Endgegner“ wird, zeigt eine aktuelle Entscheidung des OLG Schleswig. Im Fokus der Entscheidung stehen die Abtretung des Freistellungsanspruchs und die damit verbundenen Fragen der Verjährung des Anspruchs gegen den Geschäftsführer wegen begangener Pflichtverletzungen.
Geschäftsführerhaftung
Im Fall des OLG Schleswig (Urteil vom 26.02.2024, Az. – 16 U 93/23) nahm eine GmbH ihren Geschäftsführer in Haftung. Hintergrund war, dass es bei der GmbH, einer Großbäckerei, zu einem größeren Brand gekommen war. Auf dem entstandenen Schaden bliebt die GmbH sitzen, da der Geschäftsführer offenbar nicht für einen entsprechenden Versicherungsschutz gesorgt hatte. Jedenfalls lehnte die „Brandschutzversicherung“ die Regulierung des Schadens ab.
Gegenüber des Haftungsanspruchs der GmbH verteidigt sich der Geschäftsführer unter anderem mit dem Argument, der Versicherungsvertreter habe ihn nicht ausreichend beraten. Dies wirft die Frage auf, was ein Geschäftsführer alles tun muss und wofür er mit seinem Privatvermögen haftet.
Zunächst ist es so, dass ein Geschäftsführer sich theoretisch um alles in „seiner“ GmbH kümmern muss. Er ist im Grundsatz für alles verantwortlich. Da auch der Tag eines Geschäftsführers nur 24 Stunden hat und er auch nicht alles wissen kann, kann ein Geschäftsführer fast alle Tätigkeiten auf Mitarbeiter delegieren und auch externe Fachexperten zu Rate ziehen.
Dem Geschäftsführer war es mithin vorliegend grundsätzlich gestattet, einen externen Experten – hier den Versicherungsmakler – hinzuzuziehen. Um sich vor einer Haftung zu schützen, muss ein Geschäftsführer den Experten aber zumindest pflichtgemäß aussuchen, informieren und seine Ergebnisse einer Plausibilitätskontrolle unterziehen. Der Geschäftsführer hatte dies im Fall des OLG Schleswig offenbar nicht getan …
(Keine) Klage gegen den Geschäftsführer
Klassisch wäre es gewesen, wenn die GmbH gegen den Geschäftsführer Klage erhoben hätte, um den erlittenen Schaden gerichtlich geltend zu machen. Tatsächlich hatte die GmbH dies nicht getan. Vielmehr hatte sie mit dem Geschäftsführer einen „Deal“ geschlossen. Dieser hatte seinen Freistellungsanspruch gegen die D&O-Versicherung an die GmbH abgetreten.
Abtretung Freistellungsanspruch gegen D&O-Versicherung
Inwiefern ein Geschäftsführer seinen Anspruch gegen die D&O-Versicherung an die schadensbetroffene GmbH abtreten darf / kann, stand lange Zeit in Frage. Für die GmbH ist die Frage spannend, da sie keinen Direktanspruch gegen den Versicherer (D&O-Versicherung) hat. Die GmbH kann die Versicherung insofern nicht direkt auf Zahlung (des Schadens) verklagen.
Allerdings kann ein D&O-Versicherer mittlerweile durch seine AVB (allgemeine Versicherungsbedingungen) nicht verhindern, dass der Geschäftsführer als versicherte Person den Freistellungsanspruch gegen die Versicherung abtritt. Mit der Abtretung des Freistellungsanspruchs an die GmbH erhält diese faktisch einen Direktzahlungsanspruch gegen den D&O-Versicherer.
Die Abtretung des Freistellungsanspruchs machte vorliegend den Weg frei für die direkte Klage auf Zahlung des Schadensersatzes, welche das Gericht auch insofern als zulässig erachtete.
Verjährung Geschäftsführerhaftung
Besonders spannend wurde es vorliegend hinsichtlich der Verjährung des Anspruchs der GmbH gegen den Geschäftsführer. Die Verjährungsfrist für die Haftung des Geschäftsführers beträgt 5 Jahre, unabhängig von der Kenntnis der anspruchsbegründenden Umstände.
Diese fünf Jahre waren vorliegend bereits vergangen. Allerdings sah das OLG Schleswig in der Vereinbarung zwischen der GmbH und dem Geschäftsführer zur Abtretung des Freistellungsanspruchs ein „Stillhalteabkommen“. Dieses führe dazu, dass die GmbH nicht mehr berechtigt sei, den Geschäftsführer in Anspruch zu nehmen, solange die Möglichkeit bestehe, von der D&O-Versicherung in dem einheitlichen Haftungs- und Deckungsprozess Ersatz des Schadens zu erhalten.
Aus diesen Gedankengängen heraus nahm das Gericht an, dass die Verjährung des Anspruchs gehemmt sei. Zudem liege, so das Gericht, in der Abtretung des Freistellungsanspruchs zugleich ein Anerkenntnis des Anspruchs durch den Geschäftsführer – auch dieses hemme den Lauf der Verjährung.
Praxistipp – Was man (noch) zur Geschäftsführerhaftung wissen sollte
Haftung, Klage und D&O-Versicherung spielen in der Praxis sehr oft zusammen. Wichtig zu wissen ist, dass jede Geltendmachung eines Schadens gegenüber dem Geschäftsführer, insbesondere auch eine Klage gegen den Geschäftsführer, eines (vorherigen) Beschlusses der Gesellschafterversammlung bedarf.
Dieser Beschluss wird in der Praxis oft vergessen und hindert letztlich die Inanspruchnahme des Geschäftsführers. Nachgeholt werden kann der Beschluss zumindest dann nicht, wenn Verjährung eingetreten ist …