Immobilienkäufe in Frankreich unter Covid-19
Welche Auswirkungen hat die strikte Ausgangssperre?
Welche Auswirkungen hat die strikte Ausgangssperre?
Ein Beitrag von Rechtsanwältin Dr. Cécile Walzer,
Sie haben Ihre Traumimmobilie in Frankreich gefunden und vielleicht den sogenannten „compromis de vente“ schon unterzeichnet? Womöglich bekommen Sie in Anbetracht der rechtlichen Unsicherheit in der Corona-Krise nun Zweifel, ob dies die richtige Entscheidung war. Oder es fehlen Ihnen noch wichtige Informationen zum Objekt um eine Kaufentscheidung zu treffen?
Aufgrund der strengen Ausgehsperre ist eine Besichtigung der Immobilie nicht mehr möglich und sowohl Makler, Gutachter als auch Notare dürfen keine Termine mehr vergeben. Was nun?
Diese besonderen Umstände werfen viele Fragen auf. Auf einzelne Fragen haben wir für Sie eine Antwort:
Verlängert sich womöglich durch die Covid-19 Maßnahmen die Rücktrittsfrist vom Vorvertrag?
Ja – unter folgenden bestimmten Voraussetzungen.
Nach dem Abschluss eines sogenannten „compromis de vente“ hat der Käufer grundsätzlich 10 Tage Zeit von diesem Vorvertrag ohne Angabe von Gründen zurückzutreten.
Aufgrund der strengen Ausgangsperre, welche von der französischen Regierung festgelegt wurde und den Großteil des öffentlichen Lebens lahmgelegt hat, ist die im französichen Recht gesetzlich vorgesehene Rücktrittsfrist ausnahmsweise verlängert worden.
Im Einzelnen:
Mit dem Beschluss n°2020-306 vom 25. März 2020 ist die Rücktrittsfrist für sämtliche Vorverträge deren Rücktrittsfrist am 12. März 2020 noch nicht abgelaufen war verlängert worden.
Für diese Fälle wird die 10-tägige Rücktrittsfrist ein Monat nach dem Ablauf der auferlegten Ausgangssperre verschoben und beginnt dann erneut zu laufen. Dies bedeutet also, dass die betroffenen Käufer die Chance erhalten aufgrund der besonderen Umstände das Für und Wider ihres Kaufes zu überbedenken und sich ohne Grund von dem Kaufvertrag lösen werden können.
Wichtig: der Rücktritt vom Vorvertrag hat per Einschreiben zu erfolgen. Der Einschreibebrief muss spätestens am letzten Tag der Frist zur Post aufgegeben werden.
Die technischen Gutachten sind wegen der Ausgangsperre nicht einholbar – kann der Vorvertrag dennoch unterzeichnet werden?
Ja – mit der Aufnahme einer aufschiebenden Bedingung.
Im Rahmen des Kaufes einer Immobilie sieht das französische Immobilienrecht die Vorlage einiger Gutachten vor, die den Käufer in Kenntnis wichtiger Aspekte des Kaufobjektes setzten und ihm seine Haftung vor Augen führen sollen.
Damit gemeint sind die sogenannten „diagnostics“, welche die Informationen unter anderem über Elektrik, Asbest, Blei oder Termiten liefern sollen.
Aufgrund der Covid-19 Maßnahmen dürfen die Gutachter nicht mehr tätig werden. Die technischen Gutachten, die eine Überprüfung der Immobilie verlangen, können aufgrund der Ausgangssperre nicht erstellt werden.
Sofern die Parteien dennoch den Vorvertrag unterzeichnen möchten, haben sie die Möglichkeit, die Gültigkeit des Vorvertrages von den Ergebnissen der noch ausstehenden Gutachten abhängig zu machen. In diesem Fall wird der Vorvertrag unter eine entsprechende Bedingung gestellt.
Können die in dem Vorvertrag festgelegten Fristen - insbesondere für die Vorlage der Darlehenszusage – die covid-bedingt nicht eingehalten werden können, verlängert werden?
Ja – durch Vereinbarung zwischen den Parteien.
Jeder Vorvertrag enthält einzelne Bedingungen. In vielen Fällen wird zum Beispiel die Gültigkeit des Vertrages an den Erhalt der Darlehenszusage durch die Bank des Käufers geknüpft. Ebenso wird der Vorvertrag regelmäßig unter der Bedingung abgeschlossen, dass das sogenannte „certificat d´urbanisme“ keine Informationen aufweist, die die Immobilie entwerten oder deren Nutzungsbestimmung aufheben würden.
Aufgrund der Covid-Krise ist anzunehmen, dass die Bearbeitungszeit der Banken zunimmt. Ebenso haben in Frankreich viele öffentliche Stellen wie die sogenannten „services fonciers“ geschlossen mit der Folge, dass der Notar nicht alle notwendigen Informationen zur Immobilie fristgerecht einholen kann.
Die Parteien haben aus diesem Grund die Möglichkeit, die im Vorvertrag festgelegte Frist für die Dauer der Ausgangssperre auszusetzen.
Kann die Beurkundung des Hauptvertrages aufgeschoben werden wenn sie in die Zeit der Ausgangssperre fällt?
Ja – durch Vereinbarung zwischen den Parteien.
In den Bestimmungen des Vorvertrages legen die Parteien verbindlich fest, wann die Beurkundung des Hauptvertrages spätestens stattfinden soll. Nach dem Ablauf dieser Frist und sofern alle aufschiebende Bedingungen erfüllt sind, können Käufer beziehungsweise Verkäufer die jeweils andere Partei zur Beurkundung schriftlich auffordern und diese notfalls gerichtlich durchsetzen.
In der Regel beträgt die Frist zwischen dem Abschluss des Vorvertrages und der Beurkundung des Hauptvertrages ungefähr 3 Monate.
Was, wenn diese Frist nun in die Zeit der Ausgangsperre fällt und eine Beurkundung nicht möglich ist?
Wenn abzusehen ist, dass die Beurkundung nicht in der vorgesehenen Frist erfolgen kann steht es den Parteien frei, eine Verlängerung der Beurkundungsfrist mit Hilfe des Notars zu vereinbaren. Diese Vereinbarung ist dann von beiden Parteien zu unterzeichnen.
Fazit:
Besondere Zeiten verlangen besondere Maßnahmen. In diesen Zeiten der Ungewissheit kann den Parteien eines Immobilienkaufes nur ans Herz gelegt werden, sich bei aufkommenden Fragen fachliche Unterstützung zu suchen.