Da nimmt man einmal den Bürostuhl mit nach Hause…
Zack ist die Kündigung da
Zack ist die Kündigung da
Ein Beitrag von Anna-Maria Blömer
Seien wir mal ehrlich, die besten Bürostühle gibt es auf der Arbeit. Die super ergonomischen Sitzgelegenheiten, deren Arm- und Rückenlehnen in unvorstellbarem Ausmaß perfekt an den eigenen Rücken angepasst werden können.
Was passiert aber mit unserem Lieblingsstuhl, wenn wir ins Homeoffice geordert werden? Ob man den Bürostuhl vom Arbeitsplatz mit ins Homeoffice nehmen darf, oder ob das – ganz im Gegenteil – Anlass zur Kündigung gibt, hat das Arbeitsgericht Köln vor zwei Wochen entschieden (ArbG Köln, Urteil vom 18.01.2022).
Stellt die Mitnahme von Büromaterial ins Homeoffice einen Kündigungsgrund dar?
Die Frage, ob das Mitnehmen eines Bürostuhls vom Arbeitsplatz ins Homeoffice einen Kündigungsgrund darstellen kann, stellte sich nur deshalb, weil eine Justiziarin vom Erzbistum Woelki zu Beginn der Coronapandemie genau das gemacht hat. Seit 2008 war sie für das Erzbistum tätig und beschäftigte sich im Rahmen dessen mit der Aufarbeitung von Missbrauchsfällen bis sie dann am 22.06.2021 ihr Kündigungsschreiben erhielt.
Doch das sollte noch nicht reichen, denn einige Tage darauf wurde sie in den Ruhestand versetzt. Begründet wurde Letzteres mit der dauerhaften Dienstunfähigkeit der ehemaligen Angestellten. Nach Ansicht der Richter eine unwirksame Versetzung, denn eine Prognose, dass die Mitarbeiterin auch die nächsten sechs Monate über dienstunfähig bleibt, läge nicht vor. Lediglich eine ärztliche Stellungnahme vom Januar 2021 und eine seitdem fortdauernde Dienstunfähigkeit reichten in diesem Rahmen nicht aus, um eine Versetzung in den Ruhestand zu begründen.
Arbeitsgericht (ArbG) Köln befindet Kündigung für unwirksam
Die Kündigung wollte die Arbeitnehmerin nicht auf sich sitzen lassen und ging gerichtlich dagegen vor. Der Anwalt des Erzbistums begründete die Kündigung damit, dass die Mitnahme des Bürostuhls, welcher ein „Gegenstand von durchaus erheblichem Wert" darstelle, „illegal“ gewesen sei, da während der Coronapandemie kein einziger Stuhl mit nach Hause genommen werden durfte. Auch die Richter hielten im Urteil fest, dass das Mitnehmen von Büroeinrichtung nach Hause eine Pflichtverletzung darstelle, allerdings hätte das angesichts der Coronapandemie und dem spontanen Wechsel ins Homeoffice nicht ausgereicht, um eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen.
Darüber hinaus hatte sich die gekündigte Arbeitnehmerin kurz darauf krankschreiben lassen. Als sich die Frage stellte, ob die Mitarbeiterin weiterhin zu beschäftigen sei, hieß es von der Gerichtssprecherin: „Im Prinzip – soweit sie arbeitsfähig ist – ist sie zu beschäftigen.“
In Bezug auf die Unrechtmäßigkeit der Kündigung gab das Gericht der Justiziarin recht und erklärte die Kündigung für unwirksam. Doch das Urteil ist noch nicht in Stein gemeißelt, eine Berufung kann noch eingelegt werden.
50.000 EUR Schmerzensgeld für Kündigung nach Homeoffice-Pflicht
Die entlassene Justiziarin forderte Schmerzensgeld für die Zeit, die sie im Homeoffice verbringen musste. Mindestens 50.000 EUR seien ihrer Meinung nach angemessen. Denn für die Arbeit von zuhause aus sei sie nicht ausreichend geschult worden. In der Begründung führte sie weiter aus, dass das Erzbistum seiner Fürsorgepflicht nicht ausreichend nachgekommen sei. Darüber hinaus berichtete der Anwalt der ehemaligen Arbeitnehmerin von einer posttraumatischen Belastungsstörung, die sie davongetragen hatte.
Der Richter Hans-Stephan Decker war allerdings anderer Ansicht und verwehrte eine Schmerzensgeldzahlung. Die Aufgaben der Entlassenen, die sich mit der Aufarbeitung von Missbrauchsfällen befasste, seien notwendig gewesen und damit einhergehende Belastungen nicht zu vermeiden. In ihrer Position als Leiterin der Stabsabteilung Recht sei es ihr außerdem zumutbar gewesen, sich selbständig nach entsprechender Unterstützung zu bemühen.
Was muss der Arbeitgeber im Homeoffice an Material bereitstellen?
Wer im Rahmen der Coronapandemie gezwungenermaßen ins Homeoffice umziehen musste, der hatte zuhause unter Umständen noch kein Homeoffice-fähiges Büro. Um der Arbeit aber wie gewohnt nachkommen zu können, mussten gegebenenfalls Arbeitsmittel und Büroausstattung selbständig angeschafft werden. Zudem steigen auch Stromkosten und die Internetnutzung. Welche Kosten davon hat der Arbeitgeber unter Umständen zu tragen oder welche Materialien muss er zur Verfügung stellen?
Wurde sich einvernehmlich auf die Tätigkeit im Homeoffice geeinigt, trägt der Arbeitgeber grundsätzlich die Kosten, welche für den Arbeitnehmer entstehen, um seiner Arbeitspflicht wie gewohnt nachzukommen. Anders als man annehmen könnte, sind Arbeitnehmer nicht verpflichtet ihre privaten Computer, Smartphones oder Tablets zu verwenden. Diese müssen vielmehr von Arbeitgeberseite bereitgestellt werden, wenn der Arbeitnehmer nicht mit der Nutzung seiner privaten Endgeräte einverstanden ist. Das heißt aber nicht, dass der Arbeitgeber direkt einen neuen Computer kaufen muss. Ein Mieten oder Leasen von Geräten genügt grundsätzlich. Hinsichtlich der Strom- oder Internetkosten kann im Einzelfall eine Nutzungspauschale mit dem Arbeitgeber vereinbart werden.