Hinweisgeberschutzgesetz – Booster für interne Untersuchungen!?

Interne Meldestelle – die neue Macht im Unternehmen?

Das Hinweisgeberschutzgesetz, das Whisteblower schützen und bei der Aufdeckung von Fehlverhalten in Unternehmen helfen soll, tritt zum 02.07.2023 in Kraft. Unternehmen werden unter anderem verpflichtet interne Meldestellen einzurichten. Wie die aussehen und worauf es sonst noch ankommt lesen Sie zusammengefasst in diesem Beitrag.

Veröffentlicht am: 14.06.2023
Qualifikation: Rechtsanwalt und Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
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Nach langem Hin und Her kommt nun zum 02.07.2023 das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG). Das Hinweisgeberschutzgesetz benennt interne Untersuchungen (internal investigations) ausdrücklich als eine Maßnahme der verpflichtend einzureichenden internen Meldestelle. Was besagt das HinSchG? Werden interne Untersuchungen nun die Regel?

Das Hinweisgeberschutzgesetz

Das Hinweisgeberschutzgesetz soll – im Nachgang zu Snowden, Assange und Dieselskandal - die Rolle von Hinweisgebern (engl. Whistleblower) bei der Aufdeckung von Fehlverhalten in Unternehmen stärken. Das Hinweisgeberschutzgesetz sieht hierfür zwei Säulen vor.

Zum einen enthält es Bestimmungen, die dem Schutz der Identität des Hinweisgebers und dem Schutz des Hinweisgebers vor persönlichen und beruflichen Repressalien dienen.

Zum anderen verpflichtet das Hinweisgeberschutzgesetz Unternehmen eine interne Meldestellen einzurichten und diese mit nach dem Gesetz vorgesehenen Kompetenzen auszustatten. Darüber hinaus wird es auch externe Meldestellen geben, an die sich Mitarbeiter wegen Meldung von Gesetzesverstößen wenden können. Die Kanäle, auf denen Meldungen an die externen Meldestellen gemeldet werden können, sind noch nicht bekannt.

Pflicht zur Einrichtung einer internen Meldestelle für Arbeitgeber

Unternehmen - das HinSchG spricht nicht vom Arbeitgeber, sondern vom Beschäftigungsgeber - haben nach dem Hinweisschutzgesetz dafür zu sorgen, dass im Unternehmen mindestens eine Stelle für interne Meldungen eingerichtet und betrieben wird, an die sich Mitarbeiter (Hinweisgeber, Whistleblower) wenden können (interne Meldestelle).

Die Verpflichtung trifft alle Unternehmen mit in der Regel mindestens 50 Arbeitnehmern. Für Unternehmen mit mehr als 250 Arbeitnehmern gilt dies ab 02.07.2023; für private Unternehmen mit in der Regel 50 bis 249 gilt dies mit einer Übergangsfrist ab 17.12.2023. Unabhängig von der Zahl der Beschäftigten haben Unternehmen aus bestimmten Branchen eine interne Meldestelle einzurichten (§ 12 Abs. 3 HinSchG). Zu diesen gehören u.a. Wertpapierdienstleistungsunternehmen, Börsenträger, Kapitalverwaltungsgesellschaften.

Die „Meldestelle“ ist nach dem HinSchG eine Arbeitseinheit, die aus einer oder aus mehreren Personen besteht. Bei Letzteren kann es sich um interne oder externe Personen handeln. Sie müssen lediglich unabhängig agieren können und hinsichtlich ihrer Aufgaben fachkundig sein.

Aufgaben der internen Meldestelle

Nach § 12 Abs. 4 HinSchG müssen die betroffenen Unternehmen der internen Meldestelle die notwendigen Befugnisse geben, damit diese ihre Aufgaben wahrnehmen kann. Zu den Aufgaben der internen Meldestellen gehören

  • Betreiben von „Meldekanälen“, über die Meldungen erfolgen können (§ 16 HinSchG)
  • „Bearbeiten“ von Meldungen (§ 17 HinSchG zum Verfahren bei internen Meldungen)
  • Ergreifen von Maßnahmen (§ 18 HinSchG)

Wann findet das HinSchG Anwendung?

Wichtig für die Praxis ist, dass die interne Meldestelle prüft, ob der vom Hinweisgeber gemeldete Verstoß in den sachlichen Anwendungsbereich nach § 2 des HinSchG fällt. Das Hinweisgeberschutzgesetz ist grundsätzlich anwendbar, wenn die potenziellen Verstöße strafbewehrt sind oder bußgeldbewehrt sind, soweit die potenziell verletzte Vorschrift dem Schutz von Leben, Leib oder dem Schutz der Rechte von Beschäftigten oder ihrer Vertretungsorgane dient. Daneben benennt das HinSchG in § 2 Abs. 1 Nr. 3 eine Reihe einzelner Rechtsbereiche, u.a. Produktsicherheit, Umweltschutz, Rechte von Aktionären, Verbraucherrechte, „Datenschutzrecht“.

Maßnahme der internen Meldestelle: interne Untersuchungen

Erachtet die interne Meldestelle eine interne Meldung als „stichhaltig“, so kann die interne Meldestelle nach § 18 Nr. 1 HinSchG auch interne Untersuchungen einleiten und durchführen. Es heißt dort:

„Als Folgemaßnahmen kann die interne Meldestelle insbesondere
1. interne Untersuchungen bei dem Beschäftigungsgeber oder bei der jeweiligen Organisationseinheit durchführen und betroffene Personen und Arbeitseinheiten kontaktieren, […]“

Die Meldestelle ist mithin kompetent, interne Untersuchungen einzuleiten und durchzuführen. Da das HinSchG die interne Meldestelle als unabhängig erachtet, ist diese hinsichtlich der internen Untersuchung allein entscheidungsbefugt. Nimmt man dies ernst, entscheidet sie auch über die Art und Weise der Durchführung der internen Untersuchung: Interviews mit Mitarbeitern, Durchsuchung von Emailpostfächern, E-Discovery ….

Hinweisgebersysteme, Compliance und offene Fragen

Das Hinweisgeberschutzgesetz ist jung. Es bleibt daher abzuwarten, inwiefern die augenscheinliche Machtfülle der internen Meldestelle die Compliance in Unternehmen ändern wird.

Klar ist, dass das HinSchG der Etablierung ausgefeilter Hinweisgebersysteme beschleunigen wird (vor allem durch den Einsatz softwarebasierter externer Systeme).

Unklar sind ein Reihe von Praxisfragen: In welchem Verhältnis stehen der Compliance Officer, die interne Revision zur Meldestelle? Wie werden Konflikte zwischen Meldestelle und Management (Vorstand, Aufsichtsrat, Geschäftsführer) ausgetragen? Hat die Meldestelle Anspruch auf ein eigenes Budget? Kann die Meldestelle zur Beratung auf Anwälte und andere Experten zurückgreifen? Fragen über Fragen. Praxis will tell …

Hinweis: Das Hinweisgeberschutzgesetz trägt die offizielle Bezeichnung „Gesetz für einen besseren Schutz hinweisgebender Personen (Hinweisgeberschutzgesetz – HinSchG)“.