Hannover 96 vs. Kind: Eine unendliche Geschichte

Landgericht verneint Auskunftsrecht

In keinem deutschen Profisportverein spielen Anwälte und Gerichte so eine große Rolle wie beim Dauerstreit zwischen Hannover 96 und dem Geschäftsführer Martin Kind. Immer wieder läuft der Verein ins Abseits.

Veröffentlicht am: 03.04.2024
Qualifikation: Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
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In einer bemerkenswerten gerichtlichen Auseinandersetzung, die sowohl den Fußball als auch das Gesellschaftsrecht berührt, hat die Kammer für Handelssachen des Landgerichts Hannover entschieden, dass Hannover 96 keinen Auskunftsanspruch gegenüber seinem Geschäftsführer Martin Kind hat.

Dieses Urteil markiert einen weiteren Höhepunkt in einer langen Reihe von Rechtsstreitigkeiten zwischen dem Stammverein von Hannover 96 und Martin Kind.

Hintergrund des Auskunftsstreits

Im Kern des Disputs stand die Frage, wie Martin Kind in einem Investorenprozess der Deutschen Fußball-Liga (DFL) abgestimmt hatte. Hannover 96 wies Kind gegen den umstrittenen DFL-Investoreneinstieg zu stimmen. Kind verweigert gegenüber Verein die Auskunft, wie er abgestimmt habe, da die Abstimmung geheim gewesen sei.

Der Verein hatte gehofft, durch einen Auskunftsantrag Einblick in Kinds Stimmverhalten zu erhalten, da vermutet wird, dass Kind weisungswidrig für den DFL-Investoreneinstieg votiert hat.

Der Antrag des Vereins wurde jedoch vom Landgericht Hannover zurückgewiesen. Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass der Verein als Gesellschafter die erstrebten Kenntnisse zur sachgerechten Ausübung seiner mitgliedschaftlichen Rechte nicht benötige, da der Verein keine Konsequenzen aus einer weisungswidrigen Abstimmung ziehen könne.

Bedeutung der Entscheidung

Diese Entscheidung unterstreicht die Komplexität der rechtlichen Beziehungen innerhalb von Fußballclubs, die als Kapitalgesellschaften organisiert sind. Sie zeigt auch, dass die satzungsmäßigen Regelungen und die Zusammensetzung der Aufsichtsgremien entscheidend sein können, wenn es darum geht, wer letztendlich die Entscheidungsgewalt hat.

Die Gerichtsentscheidung betont zudem die Grenzen des Auskunftsrechts in Gesellschaftsverhältnissen und illustriert, dass der Schutz interner Abstimmungsprozesse in bestimmten Konstellationen Vorrang haben kann. Das Gericht räumt Gesellschafterrechten und verbandsrechtlichen Verpflichtungen wie die 50+1-Regelung keine überragende Bedeutung bei.

Parallelverfahren vor BGH

Interessant ist, dass der Bundesgerichtshof (BGH) in einem parallelen Rechtsstreit eine Revision in der Angelegenheit der Abberufung von Martin Kind zugelassen hat. Das heißt, dass die rechtliche Auseinandersetzung zwischen den Parteien weitergeht. Dieser Fall wird in den kommenden Monaten in Karlsruhe verhandelt und könnte weitreichende Implikationen für die rechtliche Stellung von Geschäftsführern in Fußballclubs und darüber hinaus haben.

Anwaltliche Bewertung

Die Entscheidung des Landgerichts Hannover und die bevorstehende Verhandlung vor dem Bundesgerichtshof werfen Licht auf die rechtlichen Spannungen, die entstehen können, wenn sportliche Leidenschaften auf unternehmerische Entscheidungen treffen. Jedenfalls gilt für die verbands- und gesellschaftsvertragliche Konstruktion bei Hannover 96, dass es an transparenten und wirksamen Governance-Strukturen fehlt. Die kartellrechtlichen Vorgaben gemäß der sogenannten 50+1-Fußballregel werden in Hannover offensichtlich nicht eingehalten. Es stellt sich die Frage, wann das Bundeskartellamt in der niedersächsischen Hauptstadt vorstellig wird.

Für die Beteiligten und Beobachter des deutschen Fußballs bleibt diese rechtliche Auseinandersetzung ein lehrreiches Beispiel dafür, wie Recht und Sport auf komplexe Weise interagieren. Jedenfalls wird die finale Entscheidung des BGH viele noch offene Fragen beantworten. Die höchstgerichtliche Rechtsprechung wird nicht nur das Verhältnis zwischen Hannover 96 und Kind klären, sondern auch die allgemeine Balance zwischen Vereinsinteressen und den Rechten von Geschäftsführern justieren.

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