Haftungsrisiken in der Immobilien GbR
Ewige Nachhaftung des ausscheidenden Gesellschafters
Die immobilienverwaltende GbR ist weit verbreitet. Oft finden sich Familien-GbR, die das Immobilienvermögen der Familie verwalten. In solchen übernimmt häufig ein Gesellschafter die laufende Verwaltung, während sich die anderen Gesellschafter schlicht über die jährlichen Mieterträge freuen dürfen. Darüber dürfen aber nicht die potenziell grenzenlosen Haftungsrisiken einer Mitgliedschaft in einer GbR vergessen werden. Daran erinnerte der Bundesgerichtshof kürzlich in einer Entscheidung (BGH, Urteil vom 03.07.2020 – V ZR 250/19).
Inanspruchnahme eines Ex-Gesellschafters mehrere Jahre nach seinem Ausscheiden
Drei Personen waren in Form einer GbR WEG-Mitglieder. Über Jahre forderte die WEG-Versammlung von Ihnen keine Hausgeldvorauszahlungen. Nach dem Gesellschaftervertrag der GbR scheidet ein Gesellschafter aus der Gesellschaft aus, wenn über sein Vermögen das Konkurs- oder Vergleichsverfahren eröffnet wird. Im Jahre 2002 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Beklagten eröffnet, es endete im Jahre 2009. In 2017 wurde in das Grundbuch eingetragen, dass der Gesellschaftsanteil des ausgeschiedenen Gesellschafters den Mitgesellschaftern der GbR angewachsen ist.
In 2013 beschlossen die Wohnungseigentümer eine monatliche Hausgeldvorauszahlung in Höhe von 495 Euro. In der Folge akkumulierten sich nicht gezahlte Hausgeldbeträge auf insgesamt um etwa EUR 10.000. Die Wohnungseigentümergemeinschaft verklagte nun die (nunmehr nur noch aus 2 Personen bestehende) GbR sowie den ausgeschiedenen Ex-Gesellschafter als Gesamtschuldner auf Zahlung. Nach Niederlagen vor den Instanzgerichten begehrte der Kläger Klärung durch den BGH.
Haftung und Nachhaftung des GbR Gesellschafter
Es ist unstreitig, dass ein GbR Gesellschafter als Gesamtschuldner persönlich unbegrenzt für die Verbindlichkeiten der GbR haftet. Der Gläubiger einer GbR ist also in der günstigen Lage, nicht nur auf das Gesellschaftsvermögen, sondern auch auf das vollständige Privatvermögen jedes Gesellschafters zugreifen zu können.
Scheidet ein Gesellschafter einer GbR aus, finden die für Personenhandelsgesellschaften geltenden Regelungen über die Begrenzung der Nachhaftung sinngemäß Anwendung. Nach § 160 Abs. 1 Satz 1 HGB haftet ein Gesellschafter, der aus der Gesellschaft ausscheidet, für ihre bis dahin begründeten Verbindlichkeiten (sog. Altverbindlichkeiten), wenn sie vor Ablauf von fünf Jahren nach dem Ausscheiden fällig und zumindest gerichtlich geltend gemacht werden.
Sinn dieser Regelung ist es, zu vermeiden, dass ein ausgeschiedener Gesellschafter zu lange Zeit mit einer Haftung für Verbindlichkeiten belastet wird, obwohl er wegen seines Ausscheidens weder weiteren Einfluss auf die Gesellschaft nehmen noch von den Gegenleistungen und sonstigen Erträgen profitieren kann. Gleichzeitig soll ein Ausgleich zwischen diesem Anliegen und den Interessen der Gesellschaftsgläubiger geschaffen werden. Im Sinne des Rechtsfriedens soll nach 5 Jahren Schluss sein mit der Nachhaftung.
Eine Forderung ist als "bis zum Ausscheiden begründete Verbindlichkeit" begründet, wenn bis zum Ausscheiden des Gesellschafters die rechtliche (gesetzliche oder vertragliche) Grundlage für diese Forderung gelegt worden ist, auch wenn die einzelnen Verpflichtungen erst später entstanden und fällig geworden sind.
Diese Haftung kann durchaus existenzgefährdend sein. Die Nachhaftung erfasst nämlich auch Schadensersatzansprüche wegen schuldhafter Pflichtverletzungen, selbst wenn diese erst nach dem Ausscheiden des Gesellschafters begangen wurden.
Jahrelange Nachhaftung für erst nach dem Ausscheiden gefasste Hausgeldbeschlüsse?
Hier war die Grundlage für die Zahlungsansprüche durch die WEG-Mitgliedschaft und die daraus resultierenden Normen des WEG-Rechts klar vor dem Ausscheiden des Beklagten aus der GbR gelegt. Genau genommen ist die Rechtsgrundlage für die Beitragsverbindlichkeiten des Wohnungseigentümers mit dem Erwerb des Wohnungseigentums gelegt. Dieser schuldet ab diesem Zeitpunkt dem Grunde nach anteilig die Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums sowie die Kosten der Instandhaltung, Instandsetzung, sonstigen Verwaltung und eines gemeinschaftlichen Gebrauchs des gemeinschaftlichen Eigentums. Darauf, dass die konkreten, der Höhe nach bezifferten Beitragsverpflichtungen erst entstehen und entsprechende Zahlungen durch die Eigentümer-GbR von der Wohnungseigentümergemeinschaft nur verlangt werden können, wenn ein Beschluss gefasst wurde, aus dem sich die konkrete Beitragspflicht ergibt, kommt es für die Nachhaftung des ausgeschiedenen Gesellschafters nicht an. Die Nachhaftung des Gesellschafters einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die zum Zeitpunkt seines Ausscheidens Wohnungseigentümerin ist, erstreckt sich daher auf Beitragspflichten, die auf nach seinem Ausscheiden von den Wohnungseigentümern gefassten Beschlüssen beruhen.
„Ewige“ Nachhaftung und deren Vermeidung
Die 5 Jahresfrist für die Nachhaftung beginnt bei der GbR erst mit der positiven Kenntnis des jeweiligen Gläubigers von dem Ausscheiden des Gesellschafters aus der Gesellschaft. Eine Kenntnis der Klägerin vom Ausscheiden des Beklagten aus der GbR bereits im Jahre 2002 konnte nicht festgestellt werden. So konnte die WEG auch noch viele Jahre nach Ausscheiden aus der GbR den Beklagten erfolgreich in Anspruch nehmen. Der Beklagte wäre gut beraten gewesen, sämtlichen möglichen Gläubiger gerichtsfest sein Ausscheiden aus der GbR mitzuteilen (z.B. durch Zustellung per Gerichtsvollzieher), so hätte er frühzeitig die Uhr zum Ticken bringen und seine Haftungsrisiken minimieren können.
Die Immobilien GbR hat, wie man sieht, durchaus ihre Tücken. Daher wundert es nicht, dass zunehmend Immobilien KGs gegründet werden. Dort gibt das Gesetz zum einen die Haftungsbegrenzung der Kommanditisten, zum anderen besteht für Komplementäre und Kommanditisten eine klare Vorgabe betreffend des Beginns der Nachhaftungsfrist (Tag der Eintragung des Ausscheidens im Handelsregister) und somit deutlich mehr Rechtssicherheit.