Gesellschafterausschluss in der GmbH, aber wie?

OLG München: Vollzug von Zwangsabtretungen beim Gesellschafterstreit

Veröffentlicht am: 02.12.2021
Von: ROSE & PARTNER Rechtsanwälte Steuerberater
Lesedauer:

OLG München: Vollzug von Zwangsabtretungen beim Gesellschafterstreit

Ein Beitrag von Rechtsanwalt Dr. Boris Jan Schiemzik, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht in Hamburg

Verfügt ein Unternehmen über mehrere Gesellschafter, kann es bei streitigen Meinungsverschiedenheiten oder etwa bei illegalen Verhaltensweisen einzelner Gesellschafter zu einem Machtkampf kommen, an dessen Ende ein Ausschluss eines oder mehrerer Gesellschafter steht.

Dabei stellt sich immer wieder die Frage, wie ein solcher Gesellschafterausschluss in der GmbH organisiert und vollzogen wird. Das OLG München hat mit seinem Beschluss vom 21.06.2021 (Az 23 W 784/21) zu den in GmbH-Gesellschaftsverträgen typischerweise verwendeten Klauseln, mittels derer Geschäftsanteile eingezogen oder an Dritte abgetreten werden können, Stellung bezogen.

Gesellschafterausschluss qua Abtretung oder Einziehung von Geschäftsanteilen

Die Gesellschaftsverträge setzen zum Thema Gesellschafterausschluss meist auf eine Dualität: Wenn wichtige Gründe für eine Hinauskündigung eines Gesellschafters vorliegen, zum Beispiel, weil ein Gesellschafter „in die Kasse gegriffen hat“, sieht die klassische Satzung vor, dass die Anteile dieses Gesellschafters entweder einer Einziehung oder einer Zwangsabtretung unterworfen werden können. Typische Klauseln für eine Einziehung von GmbH-Geschäftsanteilen und eine Zwangsabtretung sehen meist wie folgt aus (abgekürzte Muster-Klauseln für den Gesellschafterausschluss):

Muster-Klausel für eine Einziehung: Ohne die Zustimmung des betroffenen Gesellschafters ist die Einziehung des Geschäftsanteils zulässig, wenn in der Person des Gesellschafters ein wichtiger Grund vorliegt, der die Fortsetzung des Gesellschaftsverhältnisses für die übrigen Gesellschafter unzumutbar macht. Als wichtiger Grund gilt insbesondere ein grober Verstoß gegen Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags sowie gegen die gegenseitige Treuepflicht der Gesellschafter. Die Einziehung erfolgt durch Erklärung der Geschäftsführung aufgrund eines Beschlusses der Gesellschafter.“

Muster-Klausel für eine Abtretung: „Statt der Einziehung können die Gesellschafter mit der Stimmenmehrheit beschließen, dass der betroffene Gesellschafter den Geschäftsanteil auf die Gesellschaft, oder auf eine im Beschluss zu benennende Person, zu übertragen hat.“

Beide Ausschlussmöglichkeiten stehen in einem Alternativverhältnis. Das heißt, die Gesellschafterversammlung kann den Gesellschafterausschluss entweder durch eine Einziehung oder eine Zwangsabtretung herbeiführen.

OLG München: Auslegung zur Zwangsabtretung von GmbH-Geschäftsanteilen

Eine Satzungsregelung zur Abtretung wie sie oben als Musterklausel dargestellt ist, hatte auch das OLG München in seiner Entscheidung vom 21.06.2021 zu bewerten: Mehrere GmbH-Gesellschafter haben beschlossen, dass ein treuwidrig handelnder Gesellschafter aus der GmbH ausgeschlossen wird und daher verpflichtet sei, seine Geschäftsanteile an einen anderen Gesellschafter abzutreten. Im Nachgang wurde – ohne Mitwirkung des betroffenen Gesellschafters – die Abtretung der Anteile durch die Gesellschafter beschlossen.

Das OLG München hat entschieden, dass dieser Beschluss keine wirksame dingliche Abtretung ausgelöst hat, da die Abtretungs-Klausel des Gesellschaftsvertrags nur eine schuldrechtliche Verpflichtung des betroffenen Gesellschafters begründet. Allerdings lässt sich diese satzungsmäßige Verpflichtung mittels einer Klage auf Abgabe einer Abtretungserklärung vor ordentlichen Gerichten erzwingen, wenn eine Mitwirkung des betroffenen Gesellschafters abgelehnt wird – so das OLG München.

Abfindungsalternativen der Zwangsabtretung im Gesellschafterstreit

Die Entscheidung des OLG München ist sachgerecht. Üblicherweise werden für den Fall eines unauflösbaren Gesellschafterstreits in der GmbH Satzungsklauseln zur Zwangsabtretung als Verpflichtungstatbestände ausgestaltet. Während eine wirksam beschlossene Einziehung mit Zugang beim betroffenen Gesellschafter dinglich wirkt (Anteil geht unter), begründet die Abtretungsklausel nur eine schuldrechtliche Verpflichtung zur Anteilsabtretung.

Allerdings lässt sich die Abfindungsalternative der Zwangsabtretung auch verschärft normieren. Erstens ist es möglich, per Gesellschaftsvertrag die Gesellschaft zu ermächtigen, die Abtretungserklärung im Namen des betroffenen Gesellschafters zu erklären (Ermächtigungslösung). In diesem Fall wird der Geschäftsanteil durch eine entsprechende Erklärung der GmbH auf Dritte übertragen, wodurch eine schnelle dingliche Lösung sichergestellt wird. Zweitens kann die Zwangsabtretung mit einer aufschiebenden Bedingung im Gesellschaftsvertrag versehen werden (Call-Option-Lösung).

Zwangsabtretungs-Möglichkeit im Rahmen von Gesellschafterstreits

In der Unternehmenspraxis der Corporate Disputes ist es wichtig, dass es neben der Einziehung eine Zwangsabtretungs-Möglichkeit gibt. Verfügt das Unternehmen zum Beispiel über wenig Eigenkapital, könnte ein Ausschluss eines Gesellschafters mittels des Einziehungswegs scheitern, da die gesetzlich vorgeschriebene Abfindung das Stammkapital verletzen würde und der Einziehungsbeschluss an einer Nichtigkeit erkrankt.

Im Falle der Abtretung an Dritte, schuldet grundsätzlich nicht die Gesellschaft die Abfindung, sondern der Anteilsinhaber. In diesen Fällen bleibt der Grundsatz der Kapitalerhaltung immer gewahrt.