Genehmigungserfordernisse bei der Grundstücksschenkung unter Nießbrauchsvorbehalt
Mit Kindern ist’s nicht so einfach vor dem Familiengericht
Mit Kindern ist’s nicht so einfach vor dem Familiengericht
Bei vermögensbezogenen Nachfolgegestaltungen kommen regelmäßig neben rein letztwilligen Maßnahmen wie zum Beispiel einem Testament oder einem Erbvertrag auch lebzeitige Vermögensübertragungen in Betracht, beispielsweise im Zusammenhang mit der Errichtung eines Familienpools oder der Direktübertragung von Grundeigentum auf die Kinder oder die Enkel.
Dies allein schon deshalb, um erbschaftsteuerliche Freibeträge bzw. schenkungsteuerliche Freibeträge mehrfach ausnutzen zu können, oder als flankierende Maßnahme zu einer letztwilligen Verfügung mit dem Ziel der Pflichtteilsreduzierung. Mitunter geht es in diesen Zusammenhängen auch um die Übertragung von Grundbesitz an minderjährige Kinder oder auch Enkel.
Nähere Informationen zu minderjährigen Erben finden Sie hier: Minderjährige Kinder als Erben
Sonderfragen bei Beteiligung Minderjähriger
Bei der Übertragung von Grundbesitz unter Beteiligung Minderjähriger stellt sich immer die Frage nach der Notwendigkeit der familiengerichtlichen Genehmigung entsprechender Geschäfte, insbesondere dann, wenn sich der Schenker den Nießbrauch an dem Grundbesitz oder auch (ggfs. ergänzend) grundbuchmäßig gesicherte Rückforderungsrechte vorbehält.
Klar ist zunächst, dass die reine Übertragung unbelasteten Grundbesitzes an den Minderjährigen genehmigungsfrei ist. Der BGH stellt hierzu klar, dass die Entgegennahme der Auflassungserklärung des Schenkers durch den Minderjährigen (bzw. seinen Vertreter = Eltern) bereits dem Grunde nach nicht genehmigungsbedürftig ist. Auch das zugrunde liegende schuldrechtliche Rechtsgeschäft ist dann genehmigungsfrei, wenn der Minderjährige durch die Schenkung allein einen rechtlichen Vorteil erlangt (vgl. zu den verschiedenen Fallgruppen auch BGH, Beschluss vom 03.02.2005, V ZB 44/04).
Nach § 1643 Abs. 1 BGB iVm § 1821 Abs. 1 Ziff. 1 BGB benötigen die Eltern des Kindes jedoch „zur Verfügung über ein Grundstück oder über ein Recht an einem Grundstück“ die Genehmigung des Familiengerichts. Würden die Eltern sich oder einem Dritten an einem Grundstück, das sich bereits im Eigentum des Minderjährigen befindet, ein Nießbrauchsrecht bestellen wollen, wäre dieser Vorgang klar genehmigungspflichtig. Was gilt also, wenn dem Minderjährigen Grundbesitz geschenkt wird, sich der Schenker aber bei der Schenkung den Nießbrauch an dem Grundbesitz vorbehält?
Der Beschluss des Bundesgerichtshofes vom 11. März 2021
Für diese Fallgestaltung stellt der BGH klar, dass die Schenkung eines Grundstücks, an dem sich der Schenker den Nießbrauch vorbehält, rechtlich als einheitlicher wirtschaftlicher Vorgang betrachtet werden muss. Die grundbuchmäßige Bestellung des Nießbrauchs erfolge ja „im Zusammenhang mit dem Erwerb des Grundstücks“ und stellt sich „bei wirtschaftlicher Betrachtung als Teil des Erwerbsvorgangs“ dar, „so dass dem Minderjährigen von vornherein nur belastetes Eigentum zukommen soll“ (vgl. BGH aaO.).
Dieser Zusammenhang zwischen der Belastung und dem Erwerb des Grundbesitzes muss im Schenkungsvertrag vorliegen dergestalt, dass die „Auflassung mit der dinglichen Einigung über die Belastung in der Weise verknüpft wird, dass kein Zweifel daran bestehen kann, dass dem Minderjährigen von vornherein nur belastetes Eigentum zukommen soll.“ (vgl. BGH aaO.) Unerheblich ist schließlich, ob die Eintragungsanträge bei dem Grundbuchamt gleichzeitig oder eben nicht gleichzeitig gestellt werden, die Eintragung des Nießbrauchsrechts also der Eintragung des Minderjährigen als Eigentümer zeitlich nachfolgt.
Was gilt bei einer Rückauflassungsvormerkung?
Der minderjährige Beteiligte erhält auch in dem Fall, in dem sich der Schenker die Rückforderung des geschenkten Grundbesitzes vorbehält und diesen Anspruch im Grundbuch durch eine „Rückauflassungsvormerkung“ absichert, nach wirtschaftlicher Betrachtung einen allein positiven Vermögenszuwachs.
Der BGH formuliert hierzu ausdrücklich, dass auch bei der „bedingten Verpflichtung zur Rückübertragung nach § 1821 Abs. 1 Nr. 4 BGB (die Genehmigungspflicht) zu verneinen (wäre), weil diese sich bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtung ebenfalls nicht als Schmälerung eines bereits vorhandenen Grundbesitzes des Minderjährigen, sondern als Teil des Erwerbsvorgangs darstellte.“
Was meinen wir dazu?
Der Beschluss des Bundesgerichtshofes ist eine für die Gestaltungspraxis willkommene Klarstellung. Gerade ein etwaiges familiengerichtliches Genehmigungserfordernis stellt sich in der Praxis mitunter als echter Hemmschuh einer insgesamt wirtschaftlich sinnvollen und aus steuerlicher Sicht ratsamen Nachfolgeregelung dar.
Planungssicherheit insbesondere aufgrund einer höchstrichterlichen Entscheidung erleichtert unseren Mandanten und Mandantinnen die privatautonome Regelung der eigenen Vermögensverhältnisse ohne staatliche Beschränkung. Das finden wir gut.