Frühstücken wie ein Arbeitnehmer
Trockene Brötchen und das Steuerrecht
Trockene Brötchen und das Steuerrecht
Ein Beitrag von Fiona Schönbohm
Manche Leute nehmen sich ja jeden Morgen eine halbe Stunde Zeit, um ausführlich zu frühstücken. Frisches Obst und Müsli, vielleicht sogar Rührei. Andere, schlafliebende Mitmenschen, schaffen regelmäßig nur einen Becher Kaffee. Die Vorstellungen, was eigentlich ein Frühstück ausmacht, gehen also weit auseinander. Das Finanzgericht Münster musste nun entscheiden, was unter dem Begriff zu verstehen ist. Klingt verrückt? Willkommen im Steuerrecht!
Trockene Brötchen und Automatenkaffee
Der kuriosen Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Ein Softwareunternehmen, das etwa 80 Angestellte beschäftigte, stellte in seiner Kantine über einen längeren Zeitraum jeden Tag Brötchen zum freien Verzehr zur Verfügung. Die etwa 150 Brötchen waren für Kunden, Gäste und Mitarbeiter gedacht. Es gab Laugen-, Käse-, Schoko- und Roggenbrötchen, aber keinen Aufschnitt oder sonstige Belege. Dazu konnte jedermann sich den Tag über unentgeltlich an einem Heißgetränkeautomaten bedienen.
Als das Finanzamt davon Wind bekam, forderte es die Betroffenen zur Kasse. Die Begründung: Das unentgeltliche Bereitstellen eines Frühstücks an einen Arbeitnehmer sei ein Sachbezug und als solcher zu versteuern. Sie berechneten Steuerkosten in Höhe von etwa 1,50 Euro pro Mitarbeiter pro Arbeitstag. Das Unternehmen klagte schließlich nach erfolglosem Einspruch beim Finanzgericht.
Erst der Aufstrich macht das Brötchen steuerpflichtig
Die Richter des Finanzgerichts Münster gaben dem Unternehmen Recht und verwarfen die Entscheidung des Finanzamts. Zwar sei ein Frühstück tatsächlich lohnsteuerpflichtig. Ein trockenes Brötchen und ein Kaffee mache aber nach allgemeiner Ansicht noch kein Frühstück. Vielmehr gehöre jedenfalls ein Aufstrich, eine Marmelade oder etwas Aufschnitt dazu. Es handele sich dabei im vorliegenden Fall nur um sonstige „Kost“, die unterhalb einer Freigrenze von monatlich 44 Euro steuerfrei sei.
Dem ist im Ergebnis zuzustimmen. Auch wenn wir mit großen Schritten auf eine Welt zusteuern, in der Frühstück Luxus ist (Zeit ist Geld, man kennt das ja) – für viele Arbeitnehmer dürfte heutzutage ein trockenes Brötchen und ein Kaffee to go in der U-Bahn unter der Woche die Regel sein – ist es doch schön zu wissen, dass man sich auf die deutsche Justiz immer noch verlassen kann, wenn es um den Schutz von Feiertagen, Wochenenden oder eben Frühstücksstandards geht. Und eine Lohnsteuer für trockene Brötchen erscheint doch selbst den hartgesottenen Finanzrechtlern etwas weit hergeholt. Zumal 1,50 Euro pro Tag und Mitarbeiter allemal den Wert dieses „Frühstücks“ übersteigen dürfte.