Fehlt Amazon das „Luxusimage“?
Kartellrechtliche Entscheidung des OLG Frankfurt am Main
Kartellrechtliche Entscheidung des OLG Frankfurt am Main
Ein Beitrag von Desiree Szitnick
Ein deutscher Vertreiber von Luxusparfüms darf seinem Vertriebspartner vorschreiben, die streitigen Waren nicht auf der Internetplattform amazon.de anzubieten, so die Richter des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main in ihrem Urteil vom 12.07.2018. Durch den Vertreib auf Amazon könnte das Luxusimage der Waren gefährdet werden und so sei auch ein vertragliches Vertriebsverbot zu rechtfertigen.
Allgemeine Geschäftsbedingungen verbieten den Verkauf durch Drittunternehmer
Geklagt hatte ein Vertreiber von Markenkosmetikprodukten in Deutschland. Dessen Einzelhändler mussten bei dem Vertrieb der Markenprodukte gewisse Qualitätsanforderungen einhalten. Auch bei dem Vertrieb übers Internet hatten die Parteien besondere Spielregeln vereinbart. Beispielsweise wurde es dem Einzelhändler untersagt, einen nichtautorisierten Drittunternehmer bei dem Vertrieb der Waren einzuschalten. Dem Vertreiber ging es dabei in erster Linie darum, den „Luxuscharakter der Produkte“ zu wahren.
Genau an dieses Verbot soll sich der beklagte Einzelhändler vorliegend nicht gehalten haben, da er die Produkte u.a. über die nichtautorisierten Plattform amazon.de vertrieben hatte.
Ist das europäische Kartellrecht betroffen?
Die Richter in Frankfurt am Main hatte also nun über die Zulässigkeit der AGB zu entscheiden. Zunächst hatten die Richter in Frankfurt aber die Frage zu klären, ob das europäische Wettbewerbsrecht und Kartellrecht von der Streitigkeit berührt wird. Diese Frage legten sie also zunächst dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vor.
Nach Beantwortung dieser Fragen kamen die Richter letztlich zu dem Schluss, dass der Vertreiber verlangen könne, dass die Produkte nicht über amazon.de vertrieben werden. Die vom Vertreiber gestellten Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) seien Teil eines sogenannten "qualitativen selektiven Vertriebssystems". Die mit der Klausel verbundene Beschränkung des Wettbewerbes durch die Einschränkung des möglichen Absatzmarktes sei nach Ansicht der Richter zulässig.
Qualitativ selektive Vertriebsvereinbarungen seien nach der Rechtsprechung des EuGH nämlich dann zulässig, „wenn die Auswahl der Wiederverkäufer anhand objektiver Gesichtspunkte qualitativer Art erfolgt, die einheitlich festgelegt und ohne Diskriminierung angewendet werden, wenn die Eigenschaften des fraglichen Erzeugnisses zur Wahrung seiner Qualität ein solches Vertriebsnetz erfordern und sofern die festgestellten Kriterien schließlich nicht über das erforderliche Maß hinausgehen“.
Luxusimage könnte gefährdet sein
Der EuGH hatte in seiner Beantwortung der Vorlagefrage an dieser Stelle klargestellt, dass die Wahrung eines „Luxusimages von Waren“ ein solches selektives Vertriebssystem grundsätzlich rechtfertigen kann. Auch den hier im Fall zu beurteilenden Produkten kommt dieses „Luxusimage“ zu. Bei einer beliebigen freien Zulassung von Darbietungen auf Plattformen wie amazon.de könnte dieses Luxusimage gefährdet werden. Daher könne es im Einzelfall auch gerechtfertigt sein, zur Sicherstellung dieses Images durch ein selektives Vertriebssystem eine hochwertige Art der Darbietung sicherzustellen.
Dabei sei mit der Klausel auch nicht unverhältnismäßig in die Wettbewerbsfreiheit des Händlers eingegriffen worden. Daher sei das vereinbarte Vertriebsverbot im Ergebnis vom europäischen Kartellverbot gar nicht erfasst und die Beschränkungen des Wettbewerbs folglich daher zulässig. Der Vertreiber durfte also ein solches Vertriebsverbot in zulässiger Weise in seine AGBs aufnehmen und verstößt damit nicht gegen wettbewerbsrechtliche Vorschriften.