Schadensersatzklage wird neu aufgerollt

Preisabsprachen zwischen Schlecker-Lieferanten möglicherweise kartellrechtswidrig

Die Schadensersatzklage gegen die ehemalige Drogeriemarkt-Kette Schlecker geht in die nächste Runde - das hat zumindest der BGH kürzlich entschieden. Das OLG Frankfurt muss nun im Kartellverstoß wegen Preisabsprachen gegen ehemalige Lieferanten erneut prüfen.

Veröffentlicht am: 30.11.2022
Qualifikation: Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz
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Schon seit 2012 läuft das Insolvenzverfahren der damaligen Drogeriemarktkette Schlecker. Gläubiger hoffen noch immer auf Schadensersatz. Der Bundesgerichtshof hat nun gestern - 10 Jahre später -  entschieden, dass die Schadensersatzklage gegen ehemalige Lieferanten neu verhandelt werden muss (BGH, Urteil vom 29.11.2022 – KZR 42/20). Warum so entschieden wurde und welche Folgen das für Gläubiger haben könnte, dazu mehr im Folgenden.

Kartellverstoß: 212,1 Millionen Euro Schaden für Schlecker

Der BGH hat gestern das Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt am Main aufgehoben, das dem Insolvenzverwalter der Drogeriemarktkette zunächst einen Schadensersatzanspruch gegen frühere Lieferanten verwehrte. Hintergrund der Schadensersatzklage war folgender:

Hersteller von Drogeriemarktartikeln, die Schlecker beliefert haben, sollen durch Preisabsprachen einen Kartellverstoß begangen haben. Wegen dieser Preisabsprachen musste Schlecker seine Drogerieartikel bei den Lieferanten zu überteuerten Preisen einkaufen. Der dadurch entstandene Schaden belaufe sich dem Insolvenzverwalter zufolge auf mindestens 212,2 Millionen EUR.

Bereits in den Jahren 2004 und 2006 wurden gegen das sogenannte „Drogeriekartell“ aufgrund kartellrechtswidrigen Informationsaustausches (Preisfestsetzung & Rabattgewährungen) Bußgeldzahlungen verhängt.

Preisabsprachen zwischen Wettbewerbern sind kartellrechtlich verboten

Preisabsprachen sind wettbewerbswidrige und unzulässige Vereinbarungen zwischen Herstellern unterschiedlicher Waren und Dienstleistungen, um durch Höchst- oder Mindestpreise eine bestimmte Preisstufe für ihre Produkte zu schaffen.  Unter Wettbewerbern getroffene Preisabsprachen sind grundsätzlich genauso unzulässig wie Festlegungen hinsichtlich bloßer Preisbestandteile wie zum Beispiel von Rabatten.

Solche Preisabsprachen zählen zu den sogenannten Kernbeschränkungen, die als „bezweckte“ Wettbewerbsbeschränkung im Anwendungsbereich des Kartellverbotes des § 1 GWB (Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen) liegen.  Kartellrechtswidrige Preisabsprachen liegen schon vor, wenn Unternehmen, die in Wettbewerb zueinander stehen, sich direkt über ihre Preise austauschen und die wechselseitig kommunizierten Informationen über die öffentlich bekannten hinausreichen.

OLG Frankfurt muss in Schlecker-Schadensersatzklage neu urteilen

Die Karlsruher Richter haben entschieden, dass einem Erfahrungssatz zufolge ein kartellrechtswidriger Austausch bezüglich des Preissetzungsverhaltens zwischen Wettbewerbern dazu führt, dass die daraus resultierenden Preise im Schnitt über dem Niveau lägen, das sich ohne den Austausch gebildet hätte. Im vorliegenden Fall bestünde daher die „große Wahrscheinlichkeit“, dass die Beteiligten ein höheres Preisniveau erreichten.

Nachdem der BGH das vorinstanzliche Urteil aufgehoben hat, muss das OLG Frankfurt in der kartellrechtlichen Schadensersatzklage neu entscheiden. Im Speziellen muss die Wirkung des Informationsaustausches in Form einer Gesamtwürdigung dahingehend geprüft werden, ob sich die Indizwirkung des Erfahrungssatzes bestätigen oder entkräften lasse.

Folgen von Kartellverstößen: Bußgeld & Schadensersatz

Kartellrechtsverstöße können vom Bundeskartellamt nicht nur mit einem Bußgeld sanktioniert werden. Es besteht auch die Möglichkeit, dass von Kartellgeschädigten Schadensersatz vor dem Zivilgericht eingeklagt wird. Unternehmen, die durch einen Kartellverstoß einen bestimmten Schaden erlitten haben, können mithilfe einer solchen kartellrechtlichen Schadensersatzklage ihren Schaden gerichtlich geltend machen.

Den entsprechenden Schadensersatzanspruch kann gemäß § 33 GWB grundsätzlich „jedermann“ geltend machen, dem ein Schaden durch eine kartellrechtswidrige Verhaltensweise eines oder mehrerer Unternehmen entstanden ist.

Auch Kunden können kartellrechtliche Schadensersatzklage erheben

Neben dem Abnehmer des Produktes, welcher die Waren oder Dienstleistungen unmittelbar vom Kartellverletzer selbst erhalten hat, steht auch dem sogenannten mittelbaren Abnehmer ein Schadensersatzanspruch gegen den oder die Kartellanten zu.

Beispielsweise kann der Käufer von Produkten, der diese indirekt über einen Großhändler von einem beteiligten Kartellverletzer bezieht, Schadensersatzansprüche geltend machen, wenn die Produkte zu einem überteuerten Preis an ihn weiterverkauft wurden.

Schlecker-Schadensersatz liegt nun in Händen des OLG Frankfurt

Wie das OLG Frankfurt in der Schlecker-Klage entscheiden wird, bleibt noch abzuwarten. Das Urteil des BGH deutet zwar auf einen möglichen Kartellverstoß durch die Lieferanten hin. Allerdings liegt es nun im Auftrag der Frankfurter Richter, ein endgültiges Urteil zum Schadensersatz zu fällen.

Nachdem seit der Schlecker-Insolvenz bereits 10 Jahre ins Land gezogen sind, werden die Gläubiger auch diesem Urteil noch mit mehr oder weniger Hoffnung entgegensehen.