Erbschaftsteuerpflicht von Ausländern in Deutschland
Freibetrag bei beschränkter Steuerpflicht
Im Erbfall haben begünstige Erben, Vermächtnisnehmer und Pflichtteilsberechtigte Erbschaftsteuern zu bezahlen, wenn sie oder der Erblasser ihren Wohnsitz in Deutschland haben (hatten). Doch nicht nur bei Ortsansässigen greift das deutsche Erbschaftsteuerrecht. Auch in den Fällen mit ausschließlich ausländischen Beteiligten kann Erbschaftsteuer in Deutschland anfallen, wenn es sich bei dem zu übertragenden Vermögen um sogenanntes Inlandsvermögen nach dem Bewertungsgesetz handelt. Man spricht in diesem Zusammenhang von beschränkter Erbschaftsteuerpflicht. Fraglich ist, wie in solchen Fällen mit den Freibeträgen zu verfahren ist. Dies hat auch eine europarechtliche Komponente, wie das Finanzgericht Düsseldorf in seiner jüngsten Entscheidung festgestellt hat (Beschluss vom 20.7.2020 – Aktenzeichen 4 K 1095/20 Erb).
Inlandsvermögen bei beschränkter Steuerpflicht
Im zu entscheidenden Fall verstarb ein österreichischer Erblasser, dessen letzter Aufenthalt in Österreich gewesen ist. Er wurde von seiner Tochter als Alleinerbin beerbt. Auch sie war österreichische Staatsangehörige und lebte in Österreich. Dementsprechend war österreichisches Erbrecht einschlägig und es bestand nur im Hinblick auf das deutsche Inlandsvermögen eine beschränkte Erbschaftsteuerpflicht. Im Nachlass befanden sich mehrere Grundstücke, die jeweils in Deutschland belegen waren und somit Inlandsvermögen im Sinne des § 121 Bewertungsgesetz (BewG) sind.
Nachlassverbindlichkeiten und Ermittlung des Freibetrages
Die Erbin verpflichtete sich gegenüber den Pflichtteilsberechtigten in einem Pflichtteilsübereinkommen zur Abgeltung der jeweiligen Pflichtteilsansprüche, Zahlungen zu leisten. In ihrer Erbschaftsteuererklärung beantragte sie, die Verbindlichkeiten hieraus als Nachlassverbindlichkeiten abzuziehen, wobei sie die Nachlassverbindlichkeit nur anteilig im Verhältnis des der deutschen Erbschaftsteuer unterfallenden Vermögens ansetzte.
Ferner begehrte die Erbin die Festsetzung eines Freibetrages in Höhe von EUR 400.000,00. Es handelt sich bei diesem um den regelmäßigen Freibetrag, der Kindern als Steuerinländer gewährt wird.
Das Finanzamt lehnte den Abzug der Pflichtteile als Nachlassverbindlichkeiten lehnte ab, da diese nicht mit den deutschen Grundstücken in wirtschaftlichem Zusammenhang stünden. Zudem zog es nur einen verminderten Freibetrag ab. Das Finanzamt bezog sich dabei insbesondere auf § 10 Absatz 6 und § 16 Absatz 2 Erbschaftsteuergesetz (ErbStG). Nach § 10 ErbStG wird bei beschränkter Erbschaftsteuerpflichtig der Abzug nur von solchen Nachlassverbindlichkeiten gewährt, die in wirtschaftlichem Zusammenhang mit dem Inlandsvermögen stehen, während nach § 16 ErbStG um einen Teilbetrag im Verhältnis des inländischen (steuerpflichtigen) gegenüber dem ausländischen (steuerfreien) Erwerb zu kürzen ist.
Klage vor dem Finanzgericht – Entscheidung durch den Europäischen Gerichtshof
Die Klägerin war mit dieser Einschätzung des Finanzamtes nicht einverstanden und erhob Klage vor dem Finanzgericht Düsseldorf. Sie ist der Meinung, dass ihr der Freibetrag von EUR 400.000,00 ungekürzt zustünde. Die Kürzung des Freibetrages sowie der nicht erfolgte Abzug der Pflichtteile als Nachlassverbindlichkeit verstoßen gegen geltendes europäisches Recht.
Die Richter stellten zunächst im ersten Schritt fest, dass die Auffassung des beklagten Finanzamtes der deutschen Rechtslage entspricht. Dementsprechend wird in der Tat nur ein anteiliger Freibetrag gewährt und der Abzug von Nachlassverbindlichkeiten erfolgt bei beschränkt Steuerpflichtigen nur, wenn ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit dem Inlandsvermögen besteht.
Im zweiten Schritt äußerte das Gericht aber erhebliche Zweifel an der Europakonformität dieser Regelung, denn in beiden Fällen werden beschränkt Steuerpflichtige gegenüber unbeschränkt Steuerpflichtigen benachteiligt. Der Senat setzte daraufhin das anhängige Klageverfahren aus und legt den Fall dem Europäischen Gerichtshof vor, damit dieser klärt, ob genannten Vorschriften europarechtswidrig sind
Ausblick – Erneute Gesetzesänderung?
Es bleibt nun abzuwarten, wie der Europäische Gerichtshof im vorliegenden Verfahren entscheiden wird. Dies wird erhebliche Auswirkungen auf Folgeverfahren haben und gegebenenfalls zur Gesetzesänderung führen.
Dies wäre übrigens nicht das erste Mal, dass der Europäische Gerichtshof die deutsche Regelung zum Freibetrag für beschränkt Steuerpflichtige in Deutschland für rechtswidrig erklärt. Ursprünglich war in § 16 Absatz 2 ErbStG verankert, dass bei beschränkter Steuerpflicht lediglich ein Freitag von EUR 2.000,00 zu gewähren sei. Der Europäische Gerichtshof kippte diese pauschale Regelung, da kein Rechtfertigungsgrund für eine unterschiedliche Behandlung von Erwerbern in den Fällen der unbeschränkten und beschränkten Steuerpflicht vorlag. Daraufhin fand die aktuelle Fassung Einzug in das Erbschaftsteuergesetz und damit die quotale Kürzung im Verhältnis des Inlandsvermögens zum gesamten erbrechtlichen Erwerb. Ob diese Fassung nun der rechtlichen Würdigung des Europäischen Gerichtshofes standhält, ist zweifelhaft, da auch in diesem Fall eine Ungleichbehandlung von beschränkter und unbeschränkter Steuerpflicht besteht.