Erbschaftsteuer sparen mit Ausschlagung?

Manchmal gar nicht so einfach...

Wird der letzte Wille steuerlich nicht optimiert, kann beim Erbfall Handlungsbedarf bestehen. Gelegentlich hilft eine Ausschlagung, um Freibeträge in der Familie besser zu nutzen.

Veröffentlicht am: 01.10.2024
Qualifikation: Fachanwältin für Steuerrecht
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Für die Änderung der gesetzlichen Erbfolge per letztwilliger Verfügung gibt es meist gute Gründe. Leider werden bei solchen Eingriffen aber leicht die Folgen für die Erbschaftsteuer vergessen. Es gibt Fälle, in denen es aus steuerlichen Gründen sogar geboten sein kann, dass die testamentarischen Erben die Erbschaft ausschlagen, um die Erbschaftsteuer für die Familie zu reduzieren. Der Bundesgerichtshof musste nun darüber entscheiden, ob die Ausschlagung für das eigene Kind in solchen Fällen der Genehmigung des Familiengerichts bedarf (BGH, Beschluss vom 4. September 2024 - IV ZB 37/23).

Millionennachlass sucht Erben

In dem Fall hinterließ eine Frau 2022 einen Nachlass von ca. 1.250.000 Euro. Mit ihrem Ehemann hatte sie zu Lebzeiten einen Erbvertrag geschlossen, der zum Kern die gegenseitige Einsetzung zum Alleinerben hatte. Schlusserben sollten die beiden gemeinsamen Kinder werden. Ersatzerben sollten - soweit vorhanden - die Abkömmlinge sein.

Als der Erbfall eintrat, schlug sowohl der Ehemann, als auch die beiden Kinder die Erbschaft aus. Der Sohn, dessen Frau beim Erbfall schwanger war, schlug gemeinsam mit seiner Frau auch für das ungeborene Kind aus. Die Ausschlagung gegenüber dem Nachlassgericht bezog sich dabei nur auf die "gewillkürte Erbfolge" aufgrund des Erbvertrags, ausdrücklich aber nicht auf die gesetzliche Erbfolge. Die Familie verfolgte damit nämlich das Ziel, dass sich durch den Eintritt der gesetzlichen Erbfolge der Nachlass auf mehrere Personen verteilt.

Mehrere Erben, mehrere Freibeträge

Steuerlich macht das durchaus Sinn. Während ein alleinerbender Ehegatte nur einen Erbschaftsteuer-Freibetrag in Höhe von 500.000 Euro hat, teilt er sich bei der gesetzlichen Erbfolge den Nachlass mit seinen beiden Kindern, die jeweils auch 400.000 Euro persönlichen Freibetrag haben. Im konkreten Fall konnten die Kinder ihr Viertel am Nachlass steuerfrei erben und die Erbschaftsteuer für den Ehemann reduzierte sich deutlich. Und genau diese steuerlichen Beweggründe wurden von den Ausschlagenden beim Nachlassgericht vorgetragen.

Familiengericht verweigert Genehmigung

Für diese "Wunscherbfolge" beantragte der Witwer dann ein Europäisches Nachlasszeugnis (praktisch ein Erbschein für bestimmte internationale Erbfälle), das ihn (1/2) und seine beiden Kinder (je 1/4) als Erben nannte. Das Nachlassgericht wies den Antrag zurück, da es die Ausschlagung zulasten des inzwischen geborenen Enkelkinds der Erblasserin für unwirksam hielt. Es fehle an einer familiengerichtlichen Genehmigung. Da diese Genehmigung auf Antrag nicht erteilt wurde, landete der Fall zunächst beim OLG Zweibrücken und schließlich beim BGH.

Der BGH bestätigte sodann die "lenkende" Ausschlagung der Beteiligten. Insbesondere die Ausschlagung für das Enkelkind sei wirksam, da sie keiner familiengerichtlichen Genehmigung bedürfe.

Lieber gestalten als ausschlagen

Auch wenn die erbschaftsteuerliche "Reparatur" in diesem Fall geglückt ist, kann so ein Vorgehen immer nur zweite Wahl sein. Die Weichen bei der Erbschaftsteuer sollten stets schon bei der letztwilligen Verfügung richtig gestellt werden. Gerade Erbverträge von Ehegatten oder gemeinschaftliche Testamente wie das sogenannte Berliner Testament sind bei größeren Nachlässen regelrechte Steuerfallen, da man bei der gegenseitigen Einsetzung der Eheleute zu Alleinerben zunächst auf die Freibeträge der Kinder verzichtet und diese dann den gesamten Nachlass beim zweiten Erbfall auf einen Schlag erben. Hier kann man mit steueroptimierten Vermächtnissen bei der Gestaltung des Testaments eingreifen, ohne die unbestrittenen Vorteile von Berliner Testamenten zu opfern.

Video: Steuerfalle Berliner Testament

Rechtsanwalt Bernfried Rose erklärt in diesem Video die steuerlichen Probleme rund um das Berliner Testament und gibt Lösungsvorschläge zur Optimierung der Erbschaftsteuer bei letztwilligen Verfügungen von Ehegatten.

Erbschaftsteuer-Rechner Hier kommen Sie zu unseren Tools, um die Erbschaftsteuer für verschiedene Konstellationen konkret zu berechnen.