Erbschaftsteuer - die Schuldigen sind gefunden

Woran hapert es auf dem Weg zu mehr Steuergerechtigkeit?

Veröffentlicht am: 19.07.2016
Von: ROSE & PARTNER Rechtsanwälte Steuerberater
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Die Erbschaftsteuer hat es nicht leicht. Läppische 5 Milliarden bringt sie ein und dafür muss sie sich von den Wohlhabenden noch als Neidsteuer beschimpfen lassen, die ohnehin nur Idioten zahlen, deren Steuerberater keine Ahnung haben.  

Trotzdem schafft sie es regelmäßig ins Gespräch zu kommen. Das liegt an der  chronischen Verfassungswidrigkeit, die ihr regelmäßig vom Bundesverfassungsgericht attestiert wird. Nach der Verfassungsbeschwerde ist vor der Verfassungsbeschwerde – zumindest darauf ist bei der Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer Verlass.  

Zuletzt wurde das Erbschaftsteuergesetz einkassiert, weil die weitreichenden Vergünstigungen für Betriebsvermögen bzw. Unternehmenserben dem Bundesverfassungsgericht zu weit gingen.

Vermittlungsausschuss & Normenkontrollverfahren

Die jüngste Reform hängt derzeit im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat, nachdem Berlin es nicht geschafft hat, bis zum Ablauf der von Karlsruhe gesetzten Frist Ende Juni eine neue Regelung umzusetzen. Wie konnte das passieren? Hat man im Machtrausch der Großen Koalition etwa an eine Gleichschaltung auf der Regierungsbank geglaubt und gleichzeitig die Verhältnisse im Bundesrat falsch eingeschätzt?  

Zeit die Schuldigen beim Namen zu nennen:

  1. Die CSU mit ihren Nachbesserungswünschen für Unternehmen
  2. Die SPD mit ihrem Doppelspiel in Bundestag und Bundesrat
  3. Die Grünen, die jetzt mit Vorschlägen zur Vereinfachung nerven
  4. Das Bundesverfassungsgericht, das der Politik nur gut 1,5 Jahre für die Reform gab  

 

Neben dem Vermittlungsausschuss will sich auch der Bundesverfassungsgericht persönlich mit der Sache beschäftigen. Der erste Senat macht jetzt erst mal Ferien und entscheidet dann Ende September über das weitere Vorgehen im Normenkontrollverfahren zum Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz. Bis dahin, so die Karlsruher Richter, gelten die alten verfassungswidrigen Regelungen fort.

Informelle Gespräche - die Wunderwaffe der Politik soll es richten

Ob damit die bestehende Rechtsunsicherheit aus dem Weg geräumt wurde, darf bezweifelt werden. Erwartet werden darf jedenfalls, dass eine Neuregelung rückwirkend zum 1. Juli 2016 greifen wird.   Optimistische Stimmen aus der Politik schüren sogar die Hoffnung, dass der Gesetzgeber den Verfassungshütern doch noch zuvor kommen könnte und kurzfristig eine Neuregelung der Erbschaftsteuer umsetzt.

Dafür sollen „informelle Gespräche“ aller Beteiligten im Sommer stattfinden. Stellen wir uns also vor, wie sich parteipolitische Strategen gegenseitig an ihren Urlaubsdomizilen besuchen und bei sommerlicher Hitze und Rotwein über Steuerrecht, Steuergerechtigkeit und die Sicherung des Wirtschaftsstandorts Deutschland sinnieren.  

So deprimierend der Verlauf des Reformprozesses derzeit scheint, ist mit dem vorläufigen Scheitern doch die wage Hoffnung verbunden, dass tatsächliche Reformmodelle doch noch mal auf den Tisch kommen. Die Rufe nach einer drastischen Vereinfachung der Erbschaftsteuer sind noch nicht laut, aber immerhin schon hörbar.

Das Lager der Reformwilligen ist bunt: Neben dem Chef-Guru der Steuervereinfachung Paul Kirchhof, plädieren auch Ifo-Präsident Fuest oder Grünen-Chef Cem Özdemir für niedrige Steuersätze und die Abschaffung von Vergünstigungen. Für eine solche tatsächliche Reform bedarf es allerdings schon sehr viel Rotwein.      

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