Erbschaft beim Bundesverfassungsgericht einklagen?
Wenn das Erbscheinsverfahren schlecht gelaufen ist...
Beim Konflikt um das Erbe werden häufig die Gerichte bemüht. Bessere Karten hat man dann, wenn man weiß, welche Verfahren bei welchen Gerichten zur Klärung der Erbenstellung zur Verfügung stehen.
Die Frage, wer Erbe eines Nachlasses ist und wer nicht, hat weitreichende Konsequenzen. Entsprechend umstritten kann die Erbfolge sein und gerichtliche Entscheidungen werden von den "Verlierern" oft nicht akzeptiert. Das Bundesverfassungsgericht musste sich neulich mit dem Thema befassen, weil es von einem vermeintlichen Erben mit einer Verfassungsbeschwerde angerufen wurde, der zuvor erfolglos einen Erbschein beim Nachlassgericht beantragt hatte (BVerfG, Beschluss vom 13.07.2024 - 1 BvR 1929/23).
Rechtsweg erschöpft und alle prozessualen Möglichkeiten ergriffen?
Das Bundesverfassungsgericht prüft in diesen Fällen - bevor es sich mit der Klärung der Erbfolge überhaupt befasst -, ob es für dafür überhaupt zuständig ist. Die Richter in Karlsruhe sind nämlich nicht die oberste Instanz aller Gerichte. Der "Grundsatz der Subsidiarität" erfordert, dass ein Beschwerdeführer über das Gebot der Erschöpfung des Rechtswegs hinaus alle nach der Lage der Sache zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten ergreift, um zu seinem Recht zu kommen. Im Erbrecht gibt es neben dem Erbscheinsverfahren beim Nachlassgericht (bzw. in zweiter Instanz beim Oberlandesgericht) noch die Option der Erbenfeststellungsklage vor den ordentlichen Zivilgerichten. Diesen Weg hatte der Kläger nicht bestritten. Das BVerfG dazu wörtlich:
"Ein Erbprätendent kann neben der Durchführung eines Erbscheinsverfahrens vor den Fachgerichten eine Erbenfeststellungsklage erheben und auf diesem Weg die Feststellung der Erbenstellung erreichen ... Unabhängig von dem entgegenstehenden Inhalt eines Erbscheins kann der wirkliche Erbe jederzeit vor dem Prozessgericht gegen den Erbscheinserben Klage auf Feststellung seines Erbrechts erheben, wobei das Prozessgericht nicht gehindert ist, von den Feststellungen des Nachlassgerichts abzuweichen."
Die Weichen im Kampf um das Erbe richtig stellen
Die gerichtliche Klärung der Erbenstellung findet in aller Regel vor dem Nachlassgericht im Rahmen des Erbscheinsverfahrens statt. Erbenfeststellungsklagen nehmen dagegen in der erbrechtlichen Praxis nur eine untergeordnete Rolle ein. Dennoch sollte sie jeder Fachanwalt für Erbrecht kennen und als Teil seines strategischen Repertoires bei Bedarf nutzen. Inhaltlich geht es in beiden Verfahren seltener um eine umstrittene gesetzliche Erbfolge, sondern meist um eine letztwillige Verfügung, deren Formwirksamkeit, Echtheit oder Interpretation zwischen den Beteiligten umstritten ist.
Video zum Kampf um das Erbe bei Gericht
Rechtsanwalt Bernfried Rose erklärt in diesem Video auf dem YouTube-Kanal von ROSE & PARTNER, wie man erfolgreich ein Erbscheinsverfahren führt.