Ein Zeugnis für den Chef

Hat ein GmbH-Geschäftsführer Anspruch auf ein Arbeitszeugnis?

Veröffentlicht am: 09.09.2016
Von: ROSE & PARTNER Rechtsanwälte Steuerberater
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Hat der GmbH-Geschäftsführer einen Anspruch auf ein Arbeitszeugnis?  

Ein Gastbeitrag von Sonja Dähnhardt

In der Praxis gehört die Ausstellung eines Zeugnisses zur Routine. Dennoch führen Streitigkeiten über Arbeitszeugnisse in Deutschland jährlich zu über 30.000 Gerichtsverfahren. Eine interessante Schnittstelle des Gesellschaftsrechts mit dem Arbeitsrecht

Grundsätzliches  

Nach Beendigung eines Arbeitsverhältnisses kann der ausscheidende Arbeitnehmer von seinem Chef die Ausstellung eines Arbeitzeugnisses verlangen. So bestimmen es die § 630 BGB und § 109 Gewerbeordnung (GewO). Diese Zeugnis muss auch „qualifiziert“ sein. Das bedeutet, dass neben den allgemeinen Informationen über das Arbeitsverhältnis auch eine genaue Beschreibung der Tätigkeit des Arbeitnehmers sowie eine Bewertung seiner Leistung enthalten sein muss. Entsprechend orientieren sich Arbeitgeber bei der Auswahl neuer Angestellter an deren Zeugnissen von vorherigen Arbeitsstellen. Jeder Arbeitssuchender hat also ein berechtigtes Interesse an einem Arbeitszeugnis, um es einer Bewerbung beizulegen.  

Zeugnisanspruch von Gesellschafts-Organen

Für Arbeitnehmer ergibt sich der Anspruch auf ein solches Zeugnis aus § 109 GewO. Für alle Mitarbeiter die nicht als Arbeitnehmer beschäftigt sind, findet sich eine entsprechende Regelung in § 630 BGB, der auf Dienste jeder Art Anwendung findet. So kommt auch den Organmitgliedern einer juristischen Person, wie zum Beispiel dem GmbH-Geschäftsführer, grundsätzlich ein Anspruch auf Zeugnisausstellung zu.  

Die Besonderheiten des Geschäftsführers

Geschäftsführer haben in Unternehmen eine herausragende Stellung. Sie repräsentieren, vertreten und leiten das Unternehmen. Ihr Arbeitsverhältnis beruht nicht auf einem klassischen Dienstvertrag sondern auf dem Geschäftsführeranstellungsvertrag. Zu unterscheiden ist zwischen dem Fremdgeschäftsführer und dem Gesellschafter-Geschäftsführer. Bei einem Fremdgeschäftsführer handelt es sich um einen angestellten Geschäftsführer der keine Gesellschaftsanteile besitzt.

Daneben kommt es jedoch häufig vor, dass die Geschäftsführung einem Gesellschafter der GmbH übertragen wird. Dann handelt es sich um einen Gesellschafter-Geschäftsführer. Aufgrund seiner Abhängigkeit von der Gesellschafterversammlung ist im Falle des Fremdgeschäftsführers allgemein anerkannt und vom  BGH bereits in seiner Entscheidung vom 9.11.1967 bestätigt, dass ein Anspruch auf Ausstellung eines Zeugnisses durch die Gesellschafterversammlung besteht. Wie es sich im Falle eines Gesellschafter-Geschäftsführers verhält ist jedoch noch unklar.  

Spezialfall Gesellschafter-Geschäftsführer

Die Gesellschafter einer GmbH treffen besondere Pflichten. Entsprechende Pflichtenbindungen gelten auch für den Geschäftsführer der gleichzeitig eigene Geschäftsanteile hält. Insbesondere trifft ihn die Pflicht zur Loyalität gegenüber der Gesellschaft und seinen Mitgesellschaftern. Zudem lässt sich aus seiner Gesellschafterstellung ein Wettbewerbsverbot ableiten.  

Gesellschaftsanteile für eine engere Bindung

In diesen Gesellschafterpflichten liegt der Grund für ein besonderes Interesse der Gesellschaft an einer Beteiligung des Geschäftsführers. Deshalb werden vielen Geschäftsführern mit ihrer Anstellung auch Gesellschaftsanteile übertragen, um ihre Bindung an die Gesellschaft und ihr eigenes Interesse am wirtschaftlichen Fortkommen zu stärken. Bei Ausscheiden dieser Geschäftsführer wird ihnen die zugestandene Beteiligung regelmäßig wieder entzogen. Ein solcher Geschäftsführer ist von der Gesellschafterversammlung in ähnlicher Weise abhängig wie der Fremdgeschäftsführer. Vor diesem Hintergrund scheint es ungerecht ihm einen rechtlichen Anspruch auf ein Arbeitszeugnis zu verweigern.  

Zeugnispflicht für Minderheitsgesellschafter?

Ähnlich verhält es sich im Falle eines Minderheitsgesellschafters. Als solcher gilt jede Person die einen Anteil von weniger als 50% hält. Damit fehlt es an der entscheidenden Rechtsmacht um über Beschlüsse bestimmen zu können. So kann insbesondere auch die eigene Entlassung nicht verhindert werden. Auch vor diesem Hintergrund ergibt sich keine ausreichende Begründung, um dem Geschäftsführer, der in seiner Anstellung von der Gesellschaft abhängig ist, einen Anspruch auf ein Arbeitszeugnis zu versagen.  

Zeugnispflicht für Mehrheitsgesellschafter?

Allerdings ergibt sich auch bei einem Mehrheitsgesellschafter aufgrund einer Stimmrechtsbindungsvereinbarung häufig ein Verbot über die Ausübung des Stimmrechts, wenn es um die eigenen Belange geht. Insbesondere im Falle einer Kündigung aus wichtigem Grund ergibt sich ein Stimmverbot schon aus § 47 Abs. 4 GmbHG. Damit ist auch der Mehrheitsgesellschafter in der Regel bezüglich seiner Abberufung abhängig von den restlichen Gesellschaftern. Entsprechend dürfte auch ihm ein Anspruch auf Ausstellung eines Zeugnisses durch die Gesellschafterversammlung zustehen.  

Eine vertragliche Regelung über die Zeugniserteilung kann Ärger ersparen

Um auch beim Anspruch des Mehrheitsgesellschafters rechtliche Klarheit zu haben, ist im Rahmen des Gesellschaftsvertrages immer auf eventuelle Stimmrechtsbindungen zu achten. Auch sollte, unabhängig von der Art der Beteiligung, in jedem Geschäftsführervertrag – wie auch in herkömmlichen Arbeitsverträgen – auf die Zeugnispflichten eingegangen werden. Das sorgt für rechtliche Klarheit und vermeidet Streitigkeiten um das Zeugnis für den GmbH-Geschäftsführer.

Weitere wichtige Informationen für Geschäftsführer finden Sie in unserem Leitfaden Basiswissen für Geschäftsführer.

Passend zum Thema auch: Abberufung und Kündigung von Geschäftsführern