30% auf (fast) alles

Irreführende Werbung eines Möbelhauses

Veröffentlicht am: 15.11.2018
Von: ROSE & PARTNER Rechtsanwälte Steuerberater
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Irreführende Werbung eines Möbelhauses

Ein Beitrag von Desiree Szitnick

Die Aussage eines Möbelhauses, es gewähre „30% auf fast alles“ ist nach Ansicht der Richter am Oberlandesgericht in Köln (Urteil v. 20.04.2018, Az.: 6 U 153/17) irreführend und verstößt daher gegen das Werberecht. Die Richter bemängelten insbesondere, dass rund 40 Hersteller von der Rabattaktion ausgenommen waren und dies durch die Werbeaussage allein für den Verbraucher nicht deutlich werde.

Was darf der Verbraucher unter „alles“ verstehen?

Oft werben Unternehmen mit lukrativen Rabatten, doch erst nach genauem Studieren des Kleingedruckten oder an der Kasse bemerken Verbraucher dann, dass die Werbung nicht immer das hält, was sie verspricht.
Ein Möbelhaus hatte dies mit einer Rabattaktion „30% auf fast alles“ geworben. Was dem Verbraucher aber auf den ersten Blick nicht deutlich wurde – die Gewährung des Rabattes war an etliche Voraussetzungen geknüpft.
So waren neben reduzierter Waren auch alle Waren aus Angeboten des Möbelhauses in Prospekten, Mailings und Anzeigen ausgenommen. Zudem waren auch die Produkte von rund 40 unterschiedlichen Herstellern von der Rabattaktion nicht erfasst.
Dagegen wurde anhand der Aufmachung der Werbung in einem Prospekt des Möbelhauses etwas ganz anderes vermittelt. Dort war in einer Sprechblase ausgeführt, den Rabatt gebe es „auch auf Polstermöbel, Wohnwände, Küchen ... einfach auf fast alles“. Es wurden etliche Produktkategorien in die Aufzählung aufgenommen.

Nach Ansicht des Gerichtes könne ein durchschnittlicher Verbraucher daraus nur entnehmen, dass der Rabatt uneingeschränkt gelten solle, mit Ausnahme der in der Aufzählung nicht genannten Produkte.

Anmerkung kann irreführenden Effekt nicht beseitigen

Tatsächlich ergab sich zwar aus einer Anmerkung, welche Produkte von der Rabattaktion ausgenommen und welche Einschränkungen hinsichtlich des Rabattes außerdem noch zu beachten seien. Dies reichte den Richtern als Relativierung für den irreführenden Eindruck der Werbeaussage allerdings nicht aus. Sie stellten fest, dass die Werbung objektiv falsch im Sinne einer sogenannten dreisten Lüge sei. Die Werbeaussage ist nach Auffassung des Gerichtes damit objektiv unrichtig, wobei es dafür keinen vernünftigen Grund gebe. Es handele sich im Ergebnis daher um eine irreführende Werbung und damit einen Verstoß gegen das Werberecht.

Auch Aufmachung des Prospektes war nicht nur „fast“ irreführend

Was das Gericht offen ließ war, ob bereits die Aufmachung des Prospektes die Einordnung als irreführende Werbung rechtfertige. Denn das Wort „fast“ des Werbeslogans, welches wohl zur Relativierung des Werbeversprechend beim Verbraucher dienen sollte, war senkrecht im Knick des gefalteten Prospektes gedruckt und verschwand daher fast vollständig. Damit war das kleine, aber durchaus bedeutende Wort für den Verbraucher deutlich schlechter wahrzunehmen, als der Rest des Textes. In jedem Fall führte diese Darstellung zusammen mit dem Inhalt der Werbeaussage zu einem Verstoß gegen das Werberecht.

Mehr Schutz durch Änderung von Verbraucherschutzvorschriften?

Das Problem bei irreführenden Werbeaussagen ist bisher, dass der betroffene Verbraucher keinen Anspruch auf Erfüllen der Werbeversprechen hat. Damit bleibt im Ergebnis wenig Spielraum bei Verstößen gegen Werberechtsvorschriften.
Daher ruht die Hoffnung gerade vieler Verbraucherzentralen auf Änderungen der bereits bestehenden Vorschriften auf europäischer Ebene. Die EU-Kommission hat jüngst Vorschläge zur Änderung verbraucherrechtlicher Vorschriften vorgelegt. Im Gespräch ist auch die Einführung eines Schadensersatzanspruches für betroffene Verbraucher. Bis dahin kann gegen irreführende Werbung insbesondere nur durch Abmahnungen und Unterlassungsklagen vorgegangen werden.