Das Ende der Zigarettenwerbung

Tabakindustrie und Werbewirtschaft im Kampf gegen das Tabakwerbeverbot

Veröffentlicht am: 21.04.2016
Von: ROSE & PARTNER Rechtsanwälte Steuerberater
Lesedauer:

Der Eismann von Langnese muss künftig das Kino-Vorprogramm ohne den Marlboro-Mann bestreiten. Zigarettenwerbung im Kino soll ab Mitte 2020 verboten sein. So möchte es die Bundesregierung, die heute einen entsprechenden Gesetzentwurf von Bundesernährungsminister Christian Schmidt beschließen will.

Die Reaktionen aus der Industrie sind heftig aber nur zum Teil nachvollziehbar.  

Warnbilder statt Tabakwerbung

Das Werbeverbot soll bei allen Filmen gelten, die für Zuschauer unter 18 Jahren freigegeben sind. Noch gravierender dürfte sein, dass künftig Tabakwerbung auf Außenflächen wie Plakatwänden oder Litfaßsäulen verboten sein werden. Für E-Zigaretten sollen die gleichen Beschränkungen gelten.

Der Tabak- und Werbeindustrie bleiben künftig nur noch Fachgeschäfte und Verkaufsstellen wie Kioske oder Tankstellen, um Zigarettenwerbung zu platzieren. Und auch die Werbefläche auf der Zigarettenschachtel selbst wird eng. Ab Mai 2016 müssen zwei Drittel der Vorder- und Rückseite von Zigaretten und Drehtabakverpackungen für Warnbilder und aufklärende Texte reserviert sein. So verlangt es die EU-Richtlinie für Tabakprodukte.  

Die Politik als Tugendwächter?  

Wenig erfreut ist natürlich die Tabakindustrie über die Entwicklungen im Werberecht. Die Lobbyisten in Berlin versuchen daher, noch irgendwie Einfluss auf das weitere Gesetzgebungsverfahren zu nehmen. Der Verband der deutschen Rauchtabakindustrie sieht in dem Werbeverbot einen Präzedenzfall. Es sei zu befürchten, dass weitere Verbotsmaßnahmen für „gesellschaftlich unerwünschtes Verhalten und gesundheitlich riskante Produkte“ folgen. Heute gehe es gegen Sexismus und Tabak, morgen gegen Alkohol, Zucker, Lebensmittelfette, Extremsportarten und Individualverkehr, so Michael von Foerster, Geschäftsführer des Verbandes. So werde die Politik zum Tugendwächter.  

Interessant sind die Stimmen aus der Werbewirtschaft zum kommenden Verbot. Manfred Parteina, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands der Werbewirtschaft stellt fest, dass „erstmals in Deutschland die Marktkommunikation für ein legal hergestelltes und legal vertriebenes Produkt vollständig ausgeschaltet wird“. Dies würde eine Grundregel freier Märkte außer Kraft setzen. Außerdem würde ein Werbeverbot einen Raucher nicht zum Nichtraucher machen und auch nicht dazu führen, dass jemand mit dem Rauchen erst gar nicht beginne.  

Totale Kontrolle oder hemmungsloser Konsum?  

Wenn das tatsächlich zutrifft, heißt es doch im Umkehrschluss, dass Werbung niemanden zum Raucher macht oder davon abhält, Nichtraucher zu werden. Da fragt man sich doch, wofür die Zigarettenindustrie in den letzten Jahrzehnten all die Milliarden in die Tabakwerbung gesteckt hat, wenn diese auf den Zigarettenkonsum keinen Einfluss hat. Keine wirklich gute Eigenwerbung der Werbeindustrie.

Auch die Argumentation der Tabakindustrie, dass sich die Politik zum Tugendwächter aufschwinge, überzeugt nur bedingt. Selbstverständlich kann und soll der Gesetzgeber das Konsumverhalten der Bürger nicht bis ins Detail regulieren und kontrollieren. Andererseits führt hemmungsloser Konsum, befeuert durch eine Werbeindustrie ohne Schranken zweifellos zu unerwünschten Folgen sowohl für den Einzelnen als auch für die Gesellschaft. So wird in einer aktuellen Studie des Deutschen Krebsforschungszentrums der wirtschaftliche Schaden durch das Rauchen auf fast 80 Milliarden Euro jährlich geschätzt.  

Industrie und Werbung werden daher damit leben müssen, dass sich das Werberecht im Rahmen des Verbraucherschutzes sowie des Wettbewerbsrechts ständig weiter entwickelt. Wie „kreativ“ die Werbeindustrie mit den neuen Herausforderungen umgeht, kann man bereits an der deutlichen Veränderung der Zigarettenwerbung in den letzten Jahren sehen. Mal sehen, wie lange der Langnese-Mann durchhält...