Bundesregierung will die Blockchain im Kapitalmarkt
Gesetzgeber nimmt sich erstmals der Themen ICO, STO & Blockchain an
Gesetzgeber nimmt sich erstmals der Themen ICO, STO & Blockchain an
Ein Beitrag von Dr. Boris Schiemzik, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Durch technische Innovationen verändern sich die Finanzmärkte weltweit rasant. Neben der Digitalisierung der klassischen Finanzprodukte rücken immer mehr die blockchain-basierten Finanzierungsmodelle der FinTechs in den Fokus und gewinnen an Beliebtheit. Diesen Wandel hat auch die Bundesregierung erkannt und daher im Koalitionsvertrag vom 12. März 2018 festgeschrieben, die Blockchain-Technologie zu fördern und Deutschland als attraktiven FinTech-Standort auszubauen. Als erste Maßnahme haben die Bundesministerien für Finanzen und Justiz nun das Eckpunktepapier für „die regulatorische Behandlung von elektronischen Wertpapieren und Krypto-Token“ veröffentlicht. Unter dem Leitmotiv „Digitale Innovation ermöglich – Anlegerschutz gewährleisten“ wird damit zum einen das Ziel verfolgt, neuartige Finanzierungsmodelle, wie die Ausgabe von Krypto-Token (Initial Coin Offering) durch junge Unternehmen zu legalisieren. Zum anderen sollen die bisher ausschließlich in einer Urkunde verkörperten Wertpapiere digitalisiert werden, wobei dies zunächst nur für Anleihen, nicht jedoch für Aktien vorgesehen ist.
Kryptowährungshandel, ICO, STO
In den letzten Jahren sind der Handel mit Kryptowährungen (wie Bitcoin oder Etherneum) sowie auch die Unternehmensfinanzierung durch ICO (Initial Coin Offering) populär geworden und es wurde binnen kurzer Zeit ein enormes Kapital investiert. Bis Ende 2017 floss Vermögen in Milliardenhöhe in den Krypto-Markt. Alleine im Wege der Unternehmensfinanzierung durch ICO und STO waren es ca. 20 Mrd. US-Dollar. Statt Erreichung der fast unermesslichen Renditeziele folgte jedoch spätestens mit dem Crash von Bitcoin 2018 eine immense Vermögensvernichtung. Als Mitursache für diese ökonomischen Übertreibungen des Krypto-Finanzmarktes wurden auch immer wieder fehlende staatliche Regulierungen verantwortlich gemacht.
Blochchain basierte Technologien benötigen Rechtssicherheit
Auf dem deutschen Krypto-Finanzmarkt herrscht nach wie vor hinsichtlich der verschiedenen Geschäftsmodelle eine große Rechtsunsicherheit. Viele Fragen sind sogar zwischen den Gewalten strittig. Wie uneinig Exekutive und Legislative sind, zeigt die Entscheidung des Kammergerichts Berlin vom 25. September 2018, in welcher das Gericht eine rechtliche Bewertung des Bitcoin-Handels entgegen der Position der obersten Finanzbehörde (BaFin) vorgenommen hatte. In seinem Urteil entschied das Kammergericht, dass eine Krypto-Börse im Internet, hier konkret der Handel mit Bitcoin, keine Bankenlizenz nach dem Kreditwesengesetz (KWG) benötige. Die BaFin vertritt hingegen die Auffassung, dass das Betreiben solcher Internet-Handelsplattformen für Krypto-Währungen eine Lizenz nach dem KWG erfordere und fordert dies auch seit Jahren. Sollten Betreiber dies missachten, hätten sie nach Auffassung der BaFin über eine Stilllegung der Plattform hinaus, auch mit einer strafrechtlichen Verfolgung durch die Staatsanwaltschaft zu rechnen. Vor allem in diesem Inaussichtstellen weitreichender, auch strafrechtlicher Sanktionen sah das Kammergericht hingegen eine klare Kompetenzüberschreitung der BaFin. Diese enorme Rechtsunsicherheit, die auch bereits vor der Auseinandersetzung des Kammergerichts mit der BaFin bestand, steht dem Prinzip der Einheit der Rechtsordnung wesentlich entgegen. Der Gesetzgeber könnte dem nun mit einer einheitlichen Regelung entgegenwirken.
Eckpunktepapier der Bundesregierung
Nicht nur im Aufsichtsrecht, sondern gerade auch im Bereich des Datenschutz- und Steuerrechts bestehen viele offene Fragen, sodass das Bedürfnis nach einer Regulierung durch den Gesetzgeber bereits seit langem von der Blockchain- und Kryptoindustrie geäußert wird. Mit dem Eckpunktepapier kommt die Bundesregierung diesem Verlangen nun zumindest im Hinblick auf das Kapitalmarktrecht nach. Der deutsche Finanzmarkt soll nun erstmals für die innovative Technologie Blockchain geöffnet werden. Somit ist das Eckpunktepapier vom 7. März 2019 die erste Maßnahme der bereits im Koalitionsvertrag angelegten Blockchain-Strategie der Bundesregierung. Mit ihr solle das Potenzial der Blockchain-Technologie erschlossen werden, Missbrauchsmöglichkeiten verhindert und so die Rolle der Bundesrepublik als ein führender FinTech-Standort gestärkt werden. Die zwei Maßnahmen im Eckpunktepapier sind dabei die Regulierung der Emission von Krypto-Token sowie die Digitalisierung des klassischen Wertpapiermarktes.
Das ICO eröffnet jungen Unternehmen eine alternative, unmittelbare Finanzierungsmöglichkeit ihrer Blockchain-Projekte durch Emission von Krypto-Token. Diese digitalen Vermögensrechte oder digitalen Gutscheine der Start-Ups können die Investoren dann erwerben. Zu unterscheiden ist dabei zwischen Security Token, die wertpapierähnliche Rechte darstellen, und Utility Token, die beispielsweise eine Teilhabe an Netzwerken oder Produkten des StartUps ermöglichen. Aufgrund dieser besonderen Erscheinungsformen fällt die Ausgabe der Utility Token in der Regel nicht unter die Tatbestände des Wertpapier- oder Anlagenhandels im Sinne des Wertpapierhandelsgesetzes und unterliegt damit derzeit keiner Prospektpflicht. Das Eckpunktepapier stellt daher die Möglichkeit in Aussicht, insbesondere bei Utility-Token zum Schutz der Anleger eine Pflicht zur Veröffentlichung eines Prospektes oder Informationsblattes zu schaffen, um das Risiko einer Investition aufgrund fehlender Informationen zu minimieren.
Der zweite Schwerpunkt des Eckpunktepapiers liegt in der Schaffung digitaler Wertpapiere. Zwar findet der Handel mit Wertpapieren bereits elektronisch statt, jedoch muss nach den derzeitigen Wertpapier- und Schuldverschreibungsgesetzen ein Wertpapier grundsätzlich verbrieft, also in einer Urkunde verkörpert sein. Eine Ausnahme besteht bisher nur für die Bundesschuldverschreibungen. Die Blockchain-Technologien würden jedoch längst einen effizienteren Handel unkörperlicher, rein digitaler Wertpapiere ermöglichen, der darüber hinaus durch die fälschungssicheren und dezentralisierten Datenstrukturen einen Beitrag zum Anlegerschutz leisten könnte. Das Eckpunktepapier trägt diesem Umstand Rechnung und stellt im ersten Schritt die Digitalisierung von Schuldverschreibungen in Aussicht.
Nächster Schritt: Referentenentwurf
Hinsichtlich der im Eckpunktepapier ausgeführten Bestrebungen hat die Regierung ein Konsultationsverfahren für interessierte Kreise und Verbände durchgeführt, welches vor einige Woche geendet ist. Der nächste Schritt soll ein konkreter Referentenentwurf sein. Insbesondere hinsichtlich der gewählten Regulierungsform für die blockchain-basierte Unternehmensfinanzierung wird das Ergebnis nun von Fachkreise mit einer gewissen Spannung erwartet. Dann wird sich erstmals zeigen, ob die Regulierung der Nutzung von Blockchain-Technologie zu einer Sicherung der Attraktivität des Finanzstandorts Deutschland beitragen kann.