BGH erleichtert Gesellschafterausschluss
Beschluss über Verwertung des Geschäftsanteils kann nachträglich gefasst werden
Der BGH hat entschieden, dass ein Gesellschafter einer GmbH ausgeschlossen werden kann, auch wenn seine Einlage noch nicht vollständig erbracht wurde. Die Verwertung des Geschäftsanteils kann auch nach dem Ausschluss beschlossen werden.
Mit Urteil vom 4. August 2020 hat der BGH entschieden, dass der Gesellschafter einer GmbH, obwohl er seine bereits fällig gestellte Einlage noch nicht vollständig erbracht hat, aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden kann, ohne dass zugleich mit dem Ausschließungsbeschluss ein Beschluss über die Verwertung seines Geschäftsanteils gefasst werden muss.
Keine Einzahlung des vertraglich geschuldeten Gesellschaftskapitals
Im vom BGH zu entscheidenden Fall wehrte sich die Klägerin gegen ihren Ausschluss als Gesellschafterin einer GmbH. Grund für die Ausschließung der Klägerin war die Tatsache, dass diese nach einem Kapitalerhöhungsbeschluss mit der Einzahlung des von ihr vertraglich geschuldeten Gesellschaftskapitals in Verzug war. Im Gesellschaftsvertrag der GmbH war für diesen Fall vorgesehen, dass ein säumiger Gesellschafter durch einen entsprechenden Gesellschafterbeschluss aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden kann.
In der Vorinstanz war das Gericht davon ausgegangen, dass der Ausschließungsbeschluss in Bezug auf die säumige Gesellschafterin nichtig sei, weil nicht zugleich mit der Ausschließung der Gesellschafterin über das Schicksal des noch nicht voll eingezahlten Geschäftsanteils entschieden wurde. In der Tat enthielt der Gesellschafterbeschluss über die Ausschließung der Gesellschafterin keine Bestimmung darüber, ob der nicht voll eingezahlte Geschäftsanteil der ausgeschlossenen Gesellschafterin von den übrigen Gesellschafter oder einem Dritten übernommen werden soll.
Eine Einziehung als Alternative zu einer Übertragung des nicht voll eingezahlten Geschäftsanteils durch Gesellschafterbeschluss wäre im vom BGH entschiedenen Fall im Hinblick auf die gesetzliche Bestimmung in § 19 Abs. 2 GmbHG sowieso nicht möglich gewesen. Demnach kann die Einziehung von Geschäftsanteilen nur dann beschlossen werden, wenn die auf den einzuziehenden Geschäftsanteil zu erbringende Einlageleistung vollständig geleistet ist. Andernfalls würde der säumige Gesellschafter von seiner Pflicht zur Leistung der Einlage befreit.
Beschluss über Verwertung des Geschäftsanteils auch nach Ausschließung möglich
In seinem Urteil stellt der BGH klar, dass der in dem Geschäftsanteil der ausgeschlossenen Gesellschafterin verkörperte Einlagenanspruch der Gesellschaft unabhängig von der Ausschließung dieser Gesellschafterin ist. Nach der Rechtsauffassung des Gerichts konnte daher auch nach dem Ausschluss der Klägerin noch Beschluss über die Verwertung des Geschäftsanteils gefasst werden, da die Klägerin auch nach ihrem Ausschluss aus der Gesellschaft gegenüber dieser weiter für die bereits fällige Einlageforderung haftet. Vor diesem Hintergrund geht der BGH davon aus, dass kein Zwang der Gesellschafter zur gleichzeitigen Beschlussfassung über die Ausschließung und Verwertung des Geschäftsanteils bestand.
Gestaltungsfreiheit bei Ausschluss
Das Urteil macht deutlich, dass der Gesellschafterversammlung bei der Ausschließung von Gesellschaftern ein weitreichender Handlungsspielraum zukommt, da sie erst zu einem späteren Zeitpunkt über die Verwertung des Geschäftsanteils des ausgeschlossenen Gesellschafters entscheiden können. Dies eröffnet insbesondere die Möglichkeit, durch eine schnelle Ausschließung des betreffenden Gesellschafters Fakten zu schaffen und dessen Einflussmöglichkeit auf die Gesellschaft zu unterbinden, ohne dass dafür bereits eine endgültige Einigung der in der Gesellschaft verbleibenden Gesellschafter über die Verwertung der Geschäftsanteile des ausgeschlossenen Gesellschafters erforderlich ist.
Letztlich macht das Urteil einmal mehr deutlich, dass bei der Satzungsgestaltung im Interesse der Gesellschaft unbedingt eine Möglichkeit zum Ausschluss von störenden Gesellschaftern durch deren Ausschließung bzw. Einziehung oder (Zwangs-)Abtretung ihrer Geschäftsanteile vorgesehen werden sollte. Nur so kann im Streitfall eine langwierige gerichtliche Auseinandersetzung über eine Ausschlussklage vermieden werden.