Besonderheiten des französischen Rechts
Schenkung mit Nießbrauchvorbehalt zugunsten des überlebenden Ehegatten
Schenkung mit Nießbrauchvorbehalt zugunsten des überlebenden Ehegatten
Ein Beitrag von Rechtsanwältin Dr. Cécile Walzer
Immer wieder kommt es vor, dass lediglich ein Ehegatte Eigentümer einer Immobilie ist – sei es, weil er diese geerbt oder, weil er diese vor der Ehe erworben hat. Ebenso können Ehegatten gemeinsam im Laufe einer Ehe eine Immobilie erworben haben und je zur Hälfte Eigentümer sein. Wenn im Laufe der Zeit die Frage aufkommt, ob und wieweit diese Immobilie steuervergünstigt auf die nächste Generation übertragen werden kann, wird regelmäßig auch überlegt, wie die Interessen des überlebenden Ehegatten dabei berücksichtigt werden könnten.
Für einen solchen Fall gibt es in Frankreich das Instrument des „usufruit réversible au profit du conjoint survivant“ also des übertragbaren Nießbrauchrechts auf den überlebenden Ehegatten. Im Einzelnen:
1. Was bedeutet überhaupt Schenkung mit Nießbrauchvorbehalt?
Bei der Schenkung einer Immobilie mit Nießbrauchvorbehalt werden Eigentum und Nutzungsrecht an der Immobilie getrennt. Der Beschenkte erhält durch die Schenkung das „nackte Eigentum“ – die sogenannte „nue-propriété“ - an der Immobilie. Der Schenker behält hingegen das vollständige Nutzungsrecht. Er kann weiterhin selbst in der Immobilie wohnen oder diese an Dritte vermieten. Die Mieteinnahmen stehen ihm vollständig zu. Neben dem Nutzungsrecht behält der Schenker allerdings auch wesentliche Pflichten. Er trägt die Kosten für die Unterhaltung der Immobilie sowie für Reparaturen an dieser. Lediglich umfangreiche Instandsetzungsarbeiten, beispielsweise am Dach oder an der Fassade, hat der Beschenkte als Eigentümer zu tragen.
Das Nießbrauchrecht erlischt erst mit dem Tod des Nießbrauchberechtigten. Er muss demnach sein Leben lang für die anfallenden Kosten der Immobilie haften und den Erhalt der Immobilie gewährleisten. Umgekehrt ist der Eigentümer der Immobilie erst mit dem Tod des Nießbrauchberechtigten völlig frei über die Immobilie zu verfügen.
Möchte der Beschenkte die Immobilie zu Lebzeiten des Nießbrauchberechtigten veräußern, kann er dies grundsätzlich nur mit dessen Zustimmung. Im Verkaufsfalle steht den Beteiligten der Kaufpreis anteilig zu.
2. Das Instrument des „usufruit réversible“ - zwei Beispiele, eine Lösung
Beispiel 1: Die Eheleute Müller haben eine Immobilie in Südfrankreich erworben. Angesichts der niedrigen französischen Steuerfreibeträge, die aufgrund der Belegenheit der Immobilie in Frankreich gelten, überlegen sie frühzeitig ihre Immobilie auf ihre zwei Kinder schenkungsweise zu übertragen. Die Eheleute möchten dabei aber sicherstellen, dass der überlebende von ihnen das volle Nutzungsrecht an der Immobilie behält und ihm – im Falle einer Vermietung - die kompletten Mieteinnahmen zur Verfügung stehen.
Beispiel 2: Herr Meyer hat sich noch vor seiner Ehe ein hübsches kleines Haus in der Bretagne gekauft. Nun möchte er dieses Haus seinem einzigen Sohn schenken, um ihm die spätere Steuerlast im Erbfall zu ersparen. Herr Meyer möchte aber auch sicherstellen, dass seine Ehefrau im Falle seines Todes die Immobilie weiterhin vollumfänglich nutzen kann.
Die Lösung der beiden dargestellten Fällen stellt die Vornahme einer vorweggenommene Schenkung mit Nießbrauchvorbehalt und Vereinbarung einer Klausel zur Nießbrauchübertragung auf den überlebenden Ehegatten dar: der sogenannte „usufruit reversible au profit du conjoint survivant“.
3. Welche Besonderheit hat die vorweggenommene Schenkung mit „usufruit réversible au profit du conjoint survivant“?
Im Rahmen einer solchen Schenkung wird wie bei einer Schenkung mit Nießbrauchvorbehalt der Beschenkte Eigentümer der Immobilie. Der Schenker bleibt weiterhin Nutznießer. Mit der Vereinbarung eines „usufruit réversible“ wird allerdings bestimmt, dass dem überlebenden Ehegatten mit dem Todesfall des Schenkers das Nießbrauchrecht automatisch übertragen wird. Der überlebende Ehegatte tritt sodann in die Rechte und Pflichten des früheren Nießbrauchberechtigten und kann an seiner Stelle die Immobilie nutzen oder diese vermieten.
Im Beispiel 1 würde dies bedeuten, dass dem überlebenden Ehegatten das alleinige Nutzungsrecht an der Immobilie erhalten bleiben würde. Die Kinder würden trotz Erbfall weiterhin nur nackte Eigentümer sein. Ihnen würde das Nutzungsrecht des Verstorbenen nicht zufallen.
Auch im Beispiel 2 würde sich die Situation für den beschenkten Sohn nicht ändern. Er hätte weiterhin keine Rechte an der Immobilie. Sämtliche Nutzungsrechte würden im Todesfall des Herrn Meyer auf seine Ehefrau übergehen. Erst mit dem Tod des überlebenden Ehegatten fallen Nießbrauchrecht und nacktes Eigentum zusammen. Der Beschenkte wird somit erst mit dem zweiten Erbfall Volleigentümer der Immobilie.
4. Steuerliche Vorteile der Schenkung unter Nießbrauchvorbehalt und steuerliche Bewertung der Übertragungsklausel auf den überlebenden Ehegatten
Da lediglich das „nackte Eigentum“ auf den Beschenkten übergeht, wird auch nur der Wert dieses Eigentums bei der Berechnung der Schenkungssteuer berücksichtigt.
Der Wert des tatsächlichen nackten Eigentums wird durch den Abzug des Wertes des Nießbrauchs von dem tatsächlichen Wert der Immobilie berechnet. Welchen Wert der Nießbrauch hat, richtet sich nach dem Alter des Schenkers. Je jünger der Schenker ist, desto wertvoller ist sein Nießbrauch da seine Lebenserwartung höher ist. Während bei einem 40-jährigen der Wert des Nießbrauchs noch bei 80 % liegt, liegt der Wert des Nießbrauchs eines 80-jährigen nur noch bei 30%. Abzustellen ist immer auf den Schenker als erster Nießbrauchberechtigter.
Bei der Übertragung des Nießbrauchs auf den überlebenden Ehegatten fallen in Frankreich keine Erbschaftsteuern an. Auch der Tod des überlebenden Ehegatten löst keine Erbschaftssteuern bei den beschenkten Kindern mehr aus. Die Erlangung des vollständigen Eigentums ist steuerfrei.
Gut zu wissen: Schenkungsteuer in Frankreich
Da die Berechnung der Schenkungssteuer sich an dem Alter des Schenkenden orientiert, kann es bei größerem Altersunterschied zwischen den Eheleuten zu Ungerechtigkeiten kommen. Wenn der Schenker bei der Schenkung also 80 Jahre alt war, betrug der Wert des besteuerbaren nackten Eigentums 70% des Wertes der Immobilie. Das nackte Eigentum hatte zum Zeitpunkte der Schenkung einen hohen Wert, weil die Lebenserwartung des Schenkers niedrig war. Fällt im Todesfall aufgrund der im Schenkungsvertrag vorgesehenen Übertragungsklausel der Nießbrauch dem jüngeren Ehegatten zu verschieben sich die Lebenserwartung und der Wert des nackten Eigentums deutlich. In diesem Fall kann der Beschenkte sich an das zuständige Finanzamt wenden und unter Umständen eine Steuerrückerstattung verlangen.
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