Bankgeschäfte ohne BaFin-Lizenz
BGH zur Haftung beim Irrtum über die Erlaubnispflicht
BGH zur Haftung beim Irrtum über die Erlaubnispflicht
Ein Beitrag von Rechtsanwalt Finn R. Dethleff
Der Bundesgerichtshof hat sich zuletzt in zwei Entscheidungen zum Aufsichtsrecht mit der Frage auseinandergesetzt, ob eine Haftung der Handelnden bei fehlender BaFin-Erlaubnis nach § 32 Abs. 1 KWG auch dann droht, wenn diese zwar keine Erkundigung zur Erlaubnispflicht eingeholt haben, eine entsprechende Nachfrage die Fehlvorstellung über die Erlaubnispflicht aber bestätigt hätte.
Keine Bankgeschäfte oder Finanzdienstleistungen ohne BaFin-Lizenz
Nach § 32 Abs. 1 KWG ist für das Betreiben von Bankgeschäften oder die Erbringung von Finanzdienstleistungen eine Erlaubnis der BaFin erforderlich. Bei einer entsprechenden Geschäftstätigkeit ohne die erforderliche Erlaubnis, kann die BaFin die Einstellung des Geschäftsbetriebs anordnen. Den verantwortlichen Personen droht schon bei fahrlässigem Handeln eine strafrechtliche Konsequenz und eine zivilrechtliche Haftung gegenüber geschädigten Dritten.
In der Praxis ist die Beantwortung der Frage, ob für die geplante Geschäftstätigkeit eine Erlaubnis der BaFin erforderlich ist, häufig schwierig; zumal am Ende die Gerichte in Kenntnis aller Umstände der Vergangenheit darüber entscheiden, ob die Geschäftstätigkeit einer Erlaubnis bedurft hätte. Dann ist das Kind aber meist schon in den Brunnen gefallen. Die handelnden Personen sind nicht selten bereits Beteiligte eines Strafverfahrens und sehen sich mit einer persönlichen Haftung konfrontiert. Spätestens jetzt wird in der Regel ein Rechtsanwalt zu Rate gezogen, um die „Kuh doch noch vom Eis“ zu bekommen. Man sei schließlich davon ausgegangen, dass eine BaFin-Lizenz nicht erforderlich war.
Schützt Unwissenheit doch vor Strafe?
Gehen die handelnden Personen davon aus, dass ihre Geschäftstätigkeit erlaubnisfrei ist, befinden sie sich strafrechtlich in einem sog. Verbotsirrtum. Hat der Handelnde alles ihm zumutbare getan, um einen Verbotsirrtum zu verhindern, führt dies zur Schuldlosigkeit; zivilrechtlich scheidet dann auch eine Haftung aus.
Auf einen schuld- und damit haftungsausschließenden Verbotsirrtum können sich die Handelnden aber bereits dann nicht mehr berufen, wenn sie mit der Möglichkeit rechneten, Unrecht zu tun. Etwa aufkommende Zweifel sind durch Einholung einer verlässlichen und sachkundigen Auskunft zu beseitigen. Dabei müssen sowohl die Auskunftsperson als auch die Auskunft aus der Sicht des Handelnden verlässlich sein; die Auskunft selbst muss zudem einen unrechtsverneinenden Inhalt haben.
Neben dem qualifizierten rechtsanwaltlichen Rat bietet sich zur Absicherung auch eine Anfrage bei der BaFin zur Erlaubnispflicht der konkret geplanten Geschäftstätigkeit an.
Die BaFin entscheidet zwar nicht verbindlich über den Inhalt gesetzlicher Vorgaben. Wenn ein Gericht aber später die von der BaFin mitgeteilte Rechtsansicht nicht teilt und davon ausgeht, dass der konkrete Geschäftsbetrieb einer BaFin-Erlaubnis bedurft hätte, können sich die Handelnden darauf berufen, in einem unvermeidbaren Rechtsirrtum gehandelt zu haben. Erklärt die BaFin also auf Nachfrage in nachvollziehbarer Weise, dass eine Erlaubnis nach § 32 Abs. 1 KWG nicht erforderlich ist, droht grundsätzlich weder eine strafrechtliche Verantwortlichkeit noch eine deliktische Haftung.
Was wäre wenn…
Der Bundesgerichtshof hat nun entschieden, dass eine Haftung auch dann ausscheide, wenn sich der Handelnde zwar nicht vor Beginn der Geschäftstätigkeit hinreichend um eine kompetente Beratung bemüht hat, aber feststeht, dass die – unterbliebene – Erkundigung bei der BaFin die Fehlvorstellung über die Erlaubnispflicht bestätigt hätte.
In der Konsequenz muss dies auch dann gelten, wenn der Handelnde seinerzeit eine rechtsanwaltliche Stellungnahme hätte einholen können, die seine Zweifel an der Erlaubnispflicht ausgeräumt hätten.
Praktische Konsequenzen
Selbst wenn die persönliche Haftung wegen des Fehlens einer BaFin-Lizenz droht, ist noch nicht zwingend alles verloren. Da die handelnden Personen die hypothetische Unvermeidbarkeit des Irrtums aber im Zweifel kosten- und zeitaufwendig nachweisen müssen, sollte lieber rechtzeitig ein entsprechender Rat eingeholt werden. Sog. „Gefälligkeitsgutachten“, die eher zur Absicherung als zur tatsächlichen Klärung der Rechtslage in Auftrag gegeben werden, dürften als Grundlage einer Haftungsvermeidung jedoch eher ungeeignet sein. Bei komplexen Sachverhalten und erkennbar schwierigen Rechtsfragen sollte vielmehr ein detailliertes und schriftliches Gutachten in Auftrag gegeben werden.
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