Anonyme Samenspende unter Beschuss der Gerichte

Wer sein Erbgut gegen Bares zur Verfügung stellen, könnten künftig häufiger unerwünschten Besuch vom Nachwuchs bekommen.

Veröffentlicht am: 09.01.2017
Von: ROSE & PARTNER Rechtsanwälte Steuerberater
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Ein Gastbeitrag von Desiree Szitnick

Ein mithilfe einer anonymen Samenspende gezeugtes Kind hat ein Recht auf Auskunft über den Namen des biologischen Vaters. Das Recht des Kindes auf Kenntnis der eigenen Abstammung überwiege dem informationellen Selbstbestimmungsrecht des Samenspenders, urteilten die Richter des Amtsgerichts Hannover.

Biologischer Vater bleibt nicht mehr geheim

Geklagt hatte ein 1994 geborenes Mädchen, das die Bekanntgabe der Identität ihres Erzeugers - also zur biologischen Vaterschaft - verlangte. Die Mutter der Klägerin entschied sich aufgrund der Zeugungsunfähigkeit ihres Mannes zu einer anonymen Samenspende und einer künstlichen Befruchtung.

Das Gericht gab der jungen Frau in ihrem Urteil vom 17.10.2016 Recht. Das Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung sei höher einzustufen, als das informationelle Selbstbestimmungsrecht des Samenspenders. In der Folge wurde die Reproduktionsklinik nun dazu aufgefordert, Einsicht in Behandlungsunterlagen zu gewähren. Problematisch wird allerdings bleiben, dass laut Aussage der Klinik allein der Nachname des Spenders bekannt sei, eine eindeutige Identifikation wird sich damit erschweren.

Prozess mit familiären und wirtschaftlichen Folgen

Der Rechtsanwalt der Reproduktionsklinik selbst hatte den Erfolg der Klägerin erwartet. Ein verlorener Prozess könnte dennoch für die Klinik nicht nur von Nachteil sein. Der anonyme Spender ging 1994 davon aus, dass sein Name geheim gehalten werde. Sollte die junge Frau nun Unterhalts- oder Erbansprüche gelten machen, könnte in der Folge eine Schadensersatzklage des Samenspenders gegen die Klinik zu erwarten sein. Aufgrund des verloren Prozesses blieb der Klinik nun keine andere Wahl, als die Identität des biologischen Vaters bekannt zu geben.

Verein „Spenderkinder“ hält dagegen

Manche im Raum stehende Befürchtungen seien aus Sicht des Vereins „Spenderkinder“ völlig unbegründet. „Keinem der uns bekannten Spenderkinder geht es um finanzielle Forderungen gegenüber dem Spender“, betont eine Sprecherin des Vereins. Den Kindern gehe es vielmehr darum, ihre eigene Abstammung zu verstehen. Der Verein selbst fordere sogar zum Schutz der Spender einen Ausschluss von Erbansprüchen und Unterhaltsforderungen von Spenderkindern.

Die Sprecherin betonte, dass es allein um das Recht jedes Menschen in Deutschland gehe, seine wahre genetische Herkunft zu kennen. Dieses Recht werde den Kindern aber bei Vorenthaltung der Identität des Spenders genommen.

Entscheidung folgt der höchsten Rechtsprechung in Deutschland

Bereits 2015 hatte der Bundesgerichtshof in einem ähnlichen Verfahren zu entscheiden. Im Namen ihrer beiden Töchter klagten eine Mutter und der rechtliche Vater gegen eine Reproduktionsklinik. Die Kinder wurden durch künstliche Befruchtung mit der Samenspende eines anonymen Spenders gezeugt.

Die Eltern hatten vor der Behandlung durch eine notarielle Erklärung den Verzicht auf die Auskunft der Spenderidentität erklärt. Dennoch gab der Bundesgerichtshof den Klägern Recht. Ein Auskunftsanspruch sei nach den Grundsätzen von Treu und Glauben zu bejahen. Die Richter gingen davon aus, dass die Auskunft über den biologischen Vater „für die Entfaltung der Persönlichkeit der Kinder von elementarer Bedeutung sei“. Die Erforderlichkeit eines Mindestalters des Kindes verneinten die Richter. Gegen das Auskunftsersuchen müsse schließlich abgewogen werden, ob die Auskunftserteilung für den Pflichtigen zumutbar erscheint. Dabei seien allein Auswirkungen auf die private Lebensgestaltung, nicht aber wirtschaftliche Interessen des Samenspenders zu berücksichtigen.

Zentrales Spenderregister soll Auskunftsrecht umsetzen

Im Bundesgesundheitsministerium wird schon länger über die Möglichkeit eine bundesweiten zentralen Spenderregisters diskutiert. Nach dem Gesetzesentwurf vom 21.12.2016 sollen personenbezogene Daten von Samenspendern und Empfängern für eine Dauer von 110 Jahren gespeichert werden. Auf Antrag soll dann jede Person, die vermutet, mittels Samenspende gezeugt worden zu sein, Auskunft erhalten. So soll der einfachgesetzliche Anspruch der Spenderkinder in Zukunft in der Praxis durchgeführt werden. Wann jedoch der Gesetzesentwurf durchgesetzt wird ist noch unklar.

Reizthema Samenspende und Eizellenspende

Rechtliche und medizinische Voraussetzungen zur Samenspende werden in Deutschland unter anderem im Embryonenschutzgesetz festgesetzt. Wird eine künstliche Befruchtung mit den Spermien eines Mannes durchgeführt, der nicht Ehemann oder Partner der Mutter ist, spricht man im allgemeinen Sprachgebrauch von einer Samenspende.

Besonderheit ist hier, dass die Vereinigung der Spermien und der Eizelle im Körper der Mutter stattfindet. Das mit dem Fremdsamen gezeugte Kind gilt in Deutschland als legitimes Kind des Ehemannes oder des Partners der Mutter, der die Vaterschaft anerkannt hat. Anders als die Samenspende ist in Deutschland beispielweise die Eizellspende verboten. In vielen anderen europäischen Nachbarsländern ist sie hingegen im Zusammenhang einer künstlichen Befruchtung erlaubt. Bei einer Eizellenspende werden der Spenderin Eizellen entnommen, mit Sperma befruchtet und der Empfängerin transferiert.

(Bild: Copyright Christine Wulf, Fotolia.com)