Anerkennung der ausländischen Standesamt-Scheidung
Kein Problem innerhalb der EU
Ob und unter welchen Voraussetzungen eine im EU-Ausland durchgeführte Scheidung in Deutschland anerkannt wird, regelt eine EU-Verordnung. Zu deren Auslegung gibt es eine neue EuGH-Entscheidung.
In Deutschland werden Ehen vom Familiengericht geschieden, in Italien kann das aber auch ein Standesbeamter. Dass eine solche in Italien vogeneommen Scheidung in Deutschland dennoch automatisch anzuerkennen ist, entschied gestern der Europäische Gerichtshof (EuGH, Urteil vom 15. November 2022).
Scheidung eines deutsch-italienischen Paares
In dem zu entscheidenden Fall ging es um ein Paar, das 2013 in Deutschland geheiratet hatte. Er war Italiener, sie hatte sowohl die deutsche als auch die italienische Staatsangehörigkeit. Die Scheidung 2018 erfolgte in Italien im Einklang mit dem dortigem Scheidungsrecht durch die Beurkundung einer Scheidungsvereinbarung der Ehegatten nach Prüfung des Einvernehmens und des Vereinbarungsinhalts.
Mit der Bescheinigung des italienischen Standesamtes sollte später in Deutschland die Anerkennung der Scheidung erfolgen. Doch die hiesigen Standesamtsbehörden verweigerten die Beurkundung der Scheidung wegen fehlender vorheriger Anerkennung durch die zuständige deutsche Landesjustizverwaltung. Der Fall landete beim Bundesgerichtshof, der widerrum den EuGH anrief.
Andere Länder, andere Sitten? In der EU egal
Der EuGH sollte klären, ob der Begriff der "Entscheidung" in der Brüssel-IIa-Verordnung über die Anerkennung von Entscheidungen über Ehescheidungen den Fall einer außergerichtlichen Scheidung erfasst, die durch einen von den Ehegatten geschlossene Vereinbarung bewirkt und von einem Standesbeamten eines Mitgliedstaats nach dessen Recht ausgesprochen wurde. Der EuGH bejahte dies. Wenn ein EU-Mitgliedstaat einer nichtgerichtlichen Behörde - wie einem Standesamt - die Zuständigkeit für Ehescheidungen zuweise, dann müsse jede Entscheidung einer solchen Behörde auch automatisch anerkannt werden - zumindest, wenn die sonstigen Voraussetzungen der Verordnung Brüssel-IIa vorlägen.
Keine Anerkennung von Privatscheidungen
Der EuGH verwies dabei auf seine Rechtsprechung, wonach von Brüssel-IIa nur Scheidungen erfasst würden, die entweder vor einem staatlichen Gericht oder von einer öffentlichen Behörde unter deren Kontrolle ausgesprochen werden. Reine Privatscheidungen müssen daher nach wie vor nicht anerkannt werden. Die Entscheidung ist durchaus von Praxisrelevanz, da die Scheidungen mit Auslandsbezug innerhalb der EU zunehmen.