Wettbewerbsverbot des Vorstands

Entscheidung des OLG Köln im Aktienrecht

Veröffentlicht am: 23.05.2019
Von: ROSE & PARTNER Rechtsanwälte Steuerberater
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Entscheidung des OLG Köln im Aktienrecht

Ein Beitrag von Dr. Ronny Jänig, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

Der Vorstand ist unzweifelhaft Insider. Er kennt alle Betriebsgeheimnisse, Geschäftsgeheimnisse, das gesamte Know-How der Gesellschaft. Er kennt auch alle potentiellen Kunden und möglichen Geschäftschancen seiner Gesellschaft. Nicht selten – ganz menschlich – kommen Vorstände in Versuchung und nutzen das Wissen, welches sie sich als Vorstand angeeignet haben, für sich persönlich. Das Aktiengesetz schiebt dem (teilwiese) in § 88 AktG normierten Wettbewerbsverbot einen Riegel vor. Wie weit dieses reicht oder auch nicht reicht und inwiefern Aktionäre eine Klage gegen den Vorstand anstrengen können, zeigt eine aktuelle Entscheidung des OLG Köln, 19.10.2018 – 18 W 53/17.

Wettbewerbsverbot und Klagezulassungsverfahren?

Der Kläger, der mit 50% der Aktien hielt, begehrte im Rahmen eines Klagezulassungsverfahrens die Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen Vorstände der Gesellschaft.

Das Klagezulassungsverfahren erlaubt es Aktionären, die 1% des Grundkapitals oder einen anteiligen Betrag von 100 000 Euro erreichen, bei Gericht die Zulassung zu beantragen, im eigenen Namen Ersatzansprüche der Gesellschaft geltend zu machen (§ 148 AktG). Es ist damit auch ein wesentliches Mittel im Gesellschafterstreit / Streit unter Aktionären.

Voraussetzungen des Klagezulassungsverfahrens sind, dass

- die Aktionäre nachweisen, dass sie die Gesellschaft unter Setzung einer angemessenen Frist vergeblich aufgefordert haben, selbst Klage zu erheben,

- Tatsachen vorliegen, die den Verdacht rechtfertigen, dass der Gesellschaft durch Unredlichkeit oder grobe Verletzung des Gesetzes oder der Satzung ein Schaden entstanden ist, und

- der Geltendmachung des Ersatzanspruchs keine überwiegenden Gründe des Gesellschaftswohls entgegenstehen.

Da der Aufsichtsrat der Gesellschaft der Aufforderung des Klägers, Ersatzansprüche gegen den Vorstand wegen Verletzung des Wettbewerbsverbotes geltend zu machen, nicht nachgekommen war, strengte er eine Klagezulassung bei Gericht an. Das OLG Köln bestätigte vorliegend die Auffassung des Klägers, dass auch Ansprüche wegen Verletzung des Wettbewerbsverbotes auch im Wege des Klagezulassungsverfahrens verfolgt werden können.

Welche Rolle spielt der Unternehmensgegenstand für das Wettbewerbsverbot?

Das gesetzlich weitgefasste „Wettbewerbsverbot“ verbietet es Vorstandsmitgliedern, ohne Einwilligung des Aufsichtsrats

  • im Geschäftszweig der Gesellschaft für eigene oder fremde Rechnung Geschäfte machen
  • ein Handelsgewerbe zu betreiben
  • Vorstandsmitglied, Geschäftsführer oder persönlich haftender Gesellschafter eines anderen Unternehmens zu sein.

Während erstere Verbotsvariante ein klassisches Wettbewerbsverbot ist, sollen die beiden anderen Verbotsvarianten der Gesellschaft die volle Arbeitskraft des Vorstandes sichern.

Bei der klassischen Verbotsvariante ist Ausgangspunkt der Beurteilung, ob ein Wettbewerbsverbot besteht oder nicht, der „Geschäftszweig“ der Gesellschaft. Hierunter ist nach Auffassung des OLG Köln der Unternehmensgegenstand zu verstehen, wie er in der Satzung der Gesellschaft festgelegt ist. Dies ist insofern richtig, als der Unternehmensgegenstand den Vorstand bindet. Nur in diesem Rahmen darf und soll er Geschäfte für die Gesellschaft tätigen.

Im Fall des OLG Köln war satzungsmäßiger Unternehmensgegenstand der Aktiengesellschaft „Beratung von Banken bei der Umsetzung und Sanierung von Krediten“. In diesem Rahmen handelten Tochtergesellschaften der AG über eine eigene Tochtergesellschaft gewinnbringend in Kauf und Verkauf von Immobilienkrediten. Die in diesem Zusammenhang regelmäßig im Fokus stehenden Immobilieninvestments tätigten die Vorstände hingegen persönlich. Der Kläger sah hierin einen Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot. Einen solchen verneinte das Gericht. Die von den Vorständen betriebenen Immobilieninvestments ständen außerhalb des satzungsmäßigen Unternehmensgegenstandes – die Vorstände hätten diese Geschäfte im Namen der AG nicht betreiben können, ohne pflichtwidrig zu handeln. Folgerichtig ist es daher, dass auch eine etwaig tatsächlich ausgeübte Geschäftstätigkeit, die nicht vom Unternehmensgegenstand erfasst ist, vom gesetzlichen Wettbewerbsverbot erfasst wird.

Kurze Handlungsfristen für den Aufsichtsrat / die AG

In der Praxis oft vergessen wird, dass die Ansprüche der Gesellschaft bereits nach 3 Monaten verjähren, gerechnet seit dem Zeitpunkt, in dem die übrigen Vorstandsmitglieder und die Aufsichtsratsmitglieder von der zum Schadensersatz verpflichtenden Handlung Kenntnis erlangen oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müssten.

Erlangen Vorstände oder Aufsichtsräte Kenntnis von etwaigen Verstößen gegen das Wettbewerbsverbot, müssen diese zügig handeln. Ansonsten droht den betroffenen Organmitgliedern die eigene Haftung.

Vertragliche und nachvertragliche Wettbewerbsverbote

Betreffend die Wettbewerbsverbote von Vorständen (und auch Aufsichtsräten) stellen sich in der Praxis zwei weitere wesentliche Fragen, die das OLG Köln in seiner Entscheidung nicht tangierte:

  • Welche Reichweite können vertraglich vereinbarte Wettbewerbsverbote, die während der Dauer des Vorstandsdienstvertrages gelten sollen, zulässigerweise haben?
  • Inwiefern können Wettbewerbsverbote vereinbart werden, die nach Beendigung des Vorstandsvertrages, gelten sollen (sogenannte nachvertragliche Wettbewerbsverbote)?