Wegfall der Karenzentschädigung für Geschäftsführer

Wirksamkeit nachvertragliches Wettbewerbsverbot

Wettbewerbsverbote rücken in der anbrechenden Zeit der Wissensgesellschaft immer mehr in den Fokus. Unternehmen wollen ihre Geschäftsgeheimnisse schützen. Geschäftsführer wollen das erworbene Know-How im nächsten Job (bei der Konkurrenz) nutzen. Konflikte sind hier vorprogrammiert.

Veröffentlicht am: 01.11.2024
Qualifikation: Rechtsanwalt, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
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Viele verbinden mit dem Thema Wettbewerbsverbot auch das Thema Karenzentschädigung. Doch was ist das? Nun, es handelt sich dabei meist um einen finanziellen Ausgleich für das Verbot, dem eigenen Unternehmen nach Vertragsende Konkurrenz zu machen – sei es mit einem eigenen Unternehmen oder als Angestellter eines Konkurrenten.

Eine aktuelle Entscheidung des BGH, Urteil vom 23.4.2024, AZ. II ZR 99/22, zeigt, dass auch in der GmbH die Karenzentschädigung für den Geschäftsführer (k)eine bedeutende Rolle spielt.

Geschäftsführer und nachvertragliches Wettbewerbsverbot

Dem Fall des BGH lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Der beklagte Geschäftsführer war laut seinem Anstellungsvertrag an ein zweijähriges nachvertragliches Wettbewerbsverbot gebunden. Dieses Wettbewerbsverbot bezog sich auf jegliche Unternehmen, die in direkter oder potenzieller Konkurrenz zur klagenden GmbH standen. Konkret betroffen waren Konkurrenztätigkeiten für Kurkliniken, Reha-Kliniken, Seniorenwohnheimen und Anlagen zum betreuten Wohnen.

Als Entschädigung für die Einhaltung des Wettbewerbsverbots vereinbarten der Geschäftsführer und die GmbH eine monatliche Karenzzahlung („Entschädigung)“ in Höhe von 50 % des letzten Gehalts des Geschäftsführers. Darüber hinaus – und dies war die Besonderheit des Falles – war vereinbart, dass bei einem Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot die Karenzentschädigung vollends wegfällt und der Geschäftsführer sämtliche bereits erhaltene Zahlungen auf die Karenzentschädigung zurückzahlen muss.

Ein Jahr nach Abberufung und ordentlicher Kündigung seines Anstellungsvertrages nahm der Geschäftsführer die Position des Geschäftsführers einer Unternehmensberatung ein. Diese beriet Kunden aus der Gesundheits- und Sozialwirtschaft, insbesondere auch Kliniken, Krankenhäuser, Rehabilitationseinrichtungen sowie Einrichtungen der Altenhilfe, Altenpflege und Seniorenwirtschaft. 

Im Streit stand daraufhin, ob 

  • der Geschäftsführer mit seiner Tätigkeit für das Beratungsunternehmen das Wettbewerbsverbot verletzt hatte und wenn ja,
  • die GmbH die bereits gezahlte Karenzentschädigung in Höhe von 92.000 EUR zurückfordern durfte.

Verletzung des Wettbewerbsverbots durch Tätigkeit für Beratungsunternehmen

Erstaunlicherweise gingen der BGH und auch das zuvor mit dem Fall beschäftigte Kammergericht Berlin sehr schnell davon aus, dass die Tätigkeit des Geschäftsführers das vereinbarte nachvertragliche Wettbewerbsverbot verletzt hatte. Als unerheblich wurde es angesehen, dass die GmbH und die Unternehmensberatung sich an unterschiedliche Kunden (Privatkunden/Unternehmen) wendeten. Als unerheblich wurde es auch angesehen, dass die Unternehmensberatung sich vornehmlich an gemeinnützige Unternehmen als Kunden wendet. Entscheidend sei, so das Gericht, dass das Wettbewerbsverbot bezwecke, Konkurrenz für die klagende GmbH zu verhindern, wie sie auch durch die Beratung von Unternehmen entstehen kann. Ob dies so generell und pauschal gilt, ist nach Auffassung des Autors indes fraglich.

Entfall der Karenzentschädigung

Anders als das Kammergericht Berlin erachtete der BGH die Rückforderung und damit den nachträglichen Entfall der Karenzentschädigung als wirksam. Lapidar stellte der BGH zunächst fest, dass dem Geschäftsführer von Gesetzes wegen grundsätzlich keine Entschädigung für ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot zusteht. Das Gericht knüpfte hier an seine frühere Rechtsprechung an.

Hieran anknüpfend kam das Gericht zu der Entscheidung, dass eine Rückforderung der Karenzentscheidung zulässig sei – wenn die Zahlung einer Karenzentschädigung frei verhandelbar sei, dann könne auch eine etwaige Rückforderung der Karenzentschädigung im Verhandlungswege grundsätzlich vereinbart werden. 

Praxistipps für Geschäftsführer und GmbH

Geschäftsführer und GmbH sollten sowohl bei der Verhandlung von nachvertraglichen Wettbewerbsverboten als auch bei der Frage der Wirksamkeit / Verletzung größtes Augenmerk auf die konkrete Ausgestaltung sämtlicher „Komponenten“ eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes legen.

Mit anderen Worten: Nicht nur das Wettbewerbsverbot allein mit seinen Komponenten (sachliche, örtliche und zeitliche Ausdehnung) sollte genau betrachtet werden, sondern auch etwaige Verzichtsmöglichkeiten und Karenzentschädigungen des Geschäftsführers sollten von GmbH und Geschäftsführer in den Fokus genommen werden.