Verspätete Übergabe beim Neubau in Frankreich
Tipps für Immobilienkäufer
Tipps für Immobilienkäufer
Der Kauf eines Neubauobjekts hat einige Vorteile gegenüber dem eines bereits bestehenden Hauses. Alles ist auf den neusten technischen Stand, die Barrierefreiheit ist gesichert und den Käufern wird in der Regel die Möglichkeit gegeben, bei der Auswahl der Materialien und der Ausstattung mitzuentscheiden. Die Immobilie wird allerdings in 90 Prozent der Fälle auf der Grundlage von Plänen gekauft. Sie ist also bei dem Erwerb noch nicht gebaut.Unschön wird es für den Käufer allerdings, wenn die Bauarbeiten sich nach und nach verzögern und der Fertigstellungs- und Abgabetermin seitens des Verkäufers nicht eingehalten werden kann.
Welche Möglichkeiten gibt es solchen Schwierigkeiten zuvorzukommen? Wie kann ein Käufer im Falle einer solchen eintretenden Verspätung handeln?
Das Prinzip des Verkaufs eines Neubauobjekts
Der Verkauf eines Neubauobjekts wird in Frankreich abgekürzt „VEFA“ genannt - „vente d´un logement en état futur d´achevement“. In dem Kaufvertrag werden unter anderem die einzelnen Bauabschnitte und deren Fertigstellungstermine festgelegt. Der Erwerber erwirbt Schritt für Schritt Eigentum an der Immobilie. Ebenso wird auch die Kaufpreiszahlung nach jedem erfolgten Bauabschnitt vom Verkäufer abgerufen.
Der Verkauf eines Neubauprojekts gemäß französischem Immobilienrecht erfolgt in der Regel in drei Etappen:
- Die Unterzeichnung der sogenannten „réservation“: Der Käufer kann sich mit der Unterzeichnung einer Reservierungsvereinbarung und Zahlung einer Reservierungsgebühr eine bestimmte Immobilie „sichern“. Achtung: diese Reservierungsvereinbarung ist weder ein „compromis“ noch eine „promesse de vente“. Der Verkäufer ist nicht verpflichtet sein Bauvorhaben umzusetzen.
- Die Unterzeichnung des Kaufvertrages („Acte de vente“): Der Kaufvertrag muss notariell beurkundet werden. Infolge dessen erwirbt der Käufer im Laufe des Baufortschrittes nach und nach Eigentum Immobilie.
- Die Übergabe der erworbenen Immobilie: Erst mit der Übergabe wird der Käufer Eigentümer der gesamten Immobilie.
Die verspätete Übergabe der Immobilie kann die Zahlung von Verzugszinsen nach sich ziehen. Eine Übergabe gilt als verspätet, wenn sie eine Frist von 30 Tagen überschreitet.
Welche Klauseln im Kaufvertrag schützen den Käufer?
Der französische Immobilienkaufvertrag über eine noch zu entstehende Immobilie muss insbesondre folgende Punkte enthalten:
- Präzise Beschreibung der zu erwerbenden Immobilie inklusive Pläne
- Angabe des Kaufpreises und Einzelheiten der Zahlungen (Abschlagzahlungen nach jeweiligem Bauabschnitt).
- Frist zur Übergabe des fertiggestellten Kaufobjekts
- Auflösende Bedingungen wie die Gewährung eines Darlehens durch die Bank des Käufers
- Eine kalendarische Übersicht der Zahlungsabrufe
- Angaben zu den zu zahlenden Verzugszinsen durch den Verkäufer im Falle einer verspäteten Übergabe oder des Käufers im Falle eines Zahlungsverzuges.
- Angaben zu den Sicherheiten des Verkäufers: Bürgschaft für den Fall des Bauabbruchs durch den Verkäufer, damit dem Käufer die Finanzierung der Fertigstellung des Objekts gewährleistet wird (sog. „garantie financière“). Bürgschaft für den Fall der Aufgabe des Bauprojekts, damit der Käufer den bereits gezahlten Kaufpreis zurückerhält (sog. „ garantie de remboursement“).
- Angaben zur Mängelgewährleistung des Verkäufers im Falle der nichtkonformen Fertigstellung des Objekts („Garantie de parfait achèvement“, garantie biennale“ und „garantie décennale“).
Schutz bei einer möglichen Verspätung: die sog. „clause de pénalités de retard“
Die Angabe eines Übergabetermins ist gesetzlich vorgeschrieben. Dieser sollte so konkret wie möglich formuliert werden.
Das Gesetz sieht allerdings keine Sanktion für den Verkäufer vor, wenn die Übergabe des Objekts sich tatsächlich verspätet.
Es ist deshalb immens wichtig, dass eine Klausel über die Zahlung von Verzugszinsen im Kaufvertrag aufgenommen wird – die sog. „clause de pénalités de retard“.
Das oberste französische Gericht, die cour de cassation hat in diesem Zusammenhang im Mai 2019 ein wichtiges Urteil erlassen. Zugunsten von Verkäufern von Neubauobjekten wurde festgelegt, dass eine Klausel, welche zum Ziel hat, die Anzahl der entschädigungsfreien Verzugstage zu verdoppeln, kein Ungleichgewicht zwischen den Parteien darstellt und somit zulässig ist.
Wie handeln, wenn die Übergabe des Objekts sich tatsächlich verspätet?
Die verspätete Übergabe der Immobilie kann schwerefinanzielle Folgen für den Käufer haben. Er kann gezwungen sein, eine Wohnung zur Zwischenmiete zu organisieren oder seine Möbel in einem Container zu unterstellen. Möglicherweise fallen auch potentielle Mieteinnahmen weg.
Im Falle einer Verspätung sollte der Käufer den Verkäufer per Einschreiben auffordern das Objekt unter Verweis auf das ursprüngliche Fertigstellungsdatum und mit Angabe einer neuen Frist fertigzustellen. In der Regel beträgt die gewährte Frist maximal 30 Tage. Wichtig ist bereits in diesem Schreiben auf die durch die Verspätung entstandenen Mehrkosten hinzuweisen.
Nach dem fruchtlosem Verstreichen dieser Frist kann der Käufer einen Gerichtsvollzieher heranziehen. Dieser stellt die verspätete Fertigstellung fest und fordert den Verkäufer erneut auf, das Objekt innerhalb einer vorgegebenen Frist fertigzustellen.
Zur Geltendmachung der Verzugszinsen sollte der Käufer ebenfalls per Einschreiben den Verkäufer auf den Verzug hinweisen und dabei das Datum des Eintritts des Verzuges ausdrücklich benennen. Denn dieses Datum ist der Startschuss für die Zahlung von Verzugszinsen. Die Mindesthöhe der Verzugszinsen ist gesetzlich festgelegt. Sie beträgt 1/3000tel des Kaufpreises pro Verzugstag.
Fazit:
Der Kauf einer Neubauimmobilie hat gewiss viele Vorteile. Er birgt aber auch einige Risiken. Die Begleitung des Kaufvorhabens durch einen spezialisierten Anwalt sollte deshalb in Betracht gezogen werden.