Urlaubsanspruch verfällt - doch nicht!

EuGH stärkt erneut Rechte der Arbeitnehmer

Der Urlaubsanspruch verfällt nicht ohne Hinweis - das bestätigt nun erneut der EuGH und stärkt damit die Rechte der Arbeitnehmer.

Veröffentlicht am: 22.09.2022
Qualifikation: Fachanwalt für Arbeitsrecht
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Gerade während der Covid-Pandemie der letzten zwei Jahre haben viele Arbeitnehmer ihren Urlaub nicht (vollständig) nehmen können. Dazu kommt jetzt der Fachkräftemangel. Dass nicht genommener Urlaub aber nicht einfach so verfallen kann, hat jetzt der EuGH wieder bestätigt. 

Verjährungsfrist von 3 Jahren in Deutschland?

Nach dem Bundesurlaubsgesetz muss Urlaub grundsätzlich im laufenden Kalenderjahr genommen werden. Aus dringenden betrieblichen oder persönlichen Gründen können restliche Urlaubstage auch bis Ende März des Folgejahres genommen werden. Danach verfällt der nicht genommene Urlaub - aber wann? 

Grundsätzlich verjähren Ansprüche in Deutschland gem. § 195 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nach der Regelverjährungsfrist nach drei Jahren. Diese Verjährung könnte man auch auf Urlaubsansprüche anwenden. Ob das geht, hatte nun der EuGH zu entscheiden. 

Krankheit und Arbeitsaufkommen verhindern Urlaub

In den vom EuGH entschiedenen Fällen geht es stets um Mitarbeiter, die wegen langer Krankheit oder hohem Arbeitsaufkommen ihren Urlaub nicht vollständig nehmen. Ein expliziter Hinweis des Arbeitgebers, dass der Urlaub bald verfallen würde, erfolgte indes nicht. Die Arbeitgeber vertraten die Ansicht, die Urlaubsansprüche seien (zum Teil) nach 3 Jahren verjährt. Dagegen wehrten sich die Betroffenen. 

Beide Klagen kamen aus Deutschland und wurden vom Bundesarbeitsgericht dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt. Dieser sollte prüfen, ob eine deutsche Verjährungsfrist mit dem Europarecht vereinbar ist.

Hinweispflicht für Arbeitgeber 

Der EuGH gab den Klägern nun Recht und bestätigte damit das schon 2019 ergangene Urlaub des BAG. 

Dieses hatte selbst bereits im Februar 2019 entschieden, dass Urlaub nicht automatisch verfällt, sondern nur, wenn der Arbeitgeber seine Mitarbeiter darauf ausreichend hinweist. Der Hinweis kann laut BAG per E-Mail oder als Brief erfolgen, aber er muss konkret und individuell sein - insbesondere die noch offenen Urlaubstage nennen. 

Keine Verjährung ohne Hinweis 

Die Entscheidung des EuGH bestätigt nun: Dreijährige Verjährung hin oder her - keine Verjährung beginnt ohne Hinweis. Für weitere Details werden wir das Urteil des BAG abwarten müssen, das nun nach Vorlage beim EuGH noch zu ergehen hat.

Wie häufig und wann ein Hinweis des Arbeitgebers erfolgen muss, bleibt indes weiter offen. So stellt sich für Arbeitgeber insbesondere die Frage, ob ein Hinweis einmalig oder jedes Jahr erfolgen muss. Um Rechtsunsicherheit vorzubeugen, sollten Arbeitgeber am Ende eines jeden Jahres auf den Verfall des nicht genommenen Urlaubs im nächsten Jahr (ggf. zu einem bestimmten Zeitpunkt) hinweisen. Empfehlenswert ist zudem eine entsprechende eindeutige Regelung im Arbeitsvertrag.