Untreue bei Stiftung von ALDI Nord?
Ermittlungen wegen Veruntreuung von Geldern in der Jakobus-Stiftung
Ermittlungen wegen Veruntreuung von Geldern in der Jakobus-Stiftung
Ein Beitrag von Rechtsanwältin Fiona Schönbohm
Die Mitglieder der Familie Albrecht, Herrscher des Familienunternehmens Aldi Nord, schaffen es ja in ganz regelmäßigen Abständen in die Presse. Sei es wegen des seit Jahren andauernden, leidenschaftlich ausgetragenen Erbstreits in der Familie Albrecht, mit tiefen Einblicken in die Unternehmensführung durch die Kündigung von Geschäftsführern oder eben, und so auch diese Woche, im Zusammenhang mit den bestehenden zahlreichen Stiftungen in Verbindung mit dem Unternehmen.
Und wer sich wundert, warum das Ansehen von Aldi Nord unter derart heftigen und andauernden Rechtsstreitigkeiten nicht noch mehr leidet, sollte diese Woche besonders aufhorchen: Denn es geht um nichts Geringeres als eine strafrechtliche Verfolgung wegen Veruntreuung von Stiftungsgeldern.
Was ist passiert bei Aldi Nord?
Die Kieler Staatsanwaltschaft bestätigte, gegen vier Mitglieder der Albrecht-Familie wegen des Vorwurfs der Untreue zum Nachteil der zur Aldi Nord-Gruppe gehörenden Jakobus Stiftung zu ermitteln. Dies bestätigte Oberstaatsanwalt Michael Bimler aus Kiel.
Kern des Verdachts sei, dass die Erben des verstorbenen Gründersohnes Berthold Albrecht unrechtmäßige Zahlungen an sich selbst aus der Stiftung veranlasst hätten. Neben den vier Familienmitgliedern stehe auch ein Rechtsanwalt im Visier der Ermittlungen.
Eigentümerstruktur: Stiftungen am längeren Hebel
Die Stiftungen von Aldi Nord geraten immer wieder in die Schlagzeilen aufgrund der bestehenden, recht komplizierten Eigentümerstruktur bei dem Unternehmen - Aldi Nord selbst gehört drei Familienstiftungen mit Sitz in Schleswig-Holstein: der Markus-, der Lukas- und der Jakobus-Stiftung.
Größere Investitionen oder wichtige Entscheidungen mit grundsätzlicher Bedeutung können von den Stiftungen nur einstimmig entschieden werden. Der Stiftungsvorstand in allen drei Stiftungen setzt sich jeweils aus zwei Familienmitgliedern, einem Unternehmensvertreter und einem Anwalt zusammen. Diese Konstruktion führt zwischen den Beteiligten immer wieder zu Rechtsstreitigkeiten.
Überblick: Stand der Rechtsstreitigkeiten bei Aldi Nord
Die Markus- und die Lukas-Stiftung werden aktuell von dem Sohn der jüngst verstorbenen Gründerwitwe Cäcile Albrecht, Theo Albrecht Junior, kontrolliert. Die Jakobus-Stiftung dagegen liegt in den Händen von den Kindern der ebenfalls kürzlich verstorbenen Ehefrau Babette des Gründersohnes Berthold Albrecht.
Zuletzt hatte das Oberverwaltungsgericht in Schleswig-Holstein eine Änderung der Stiftungssatzung in der Jakobus-Stiftung für rechtmäßig erklärt, in der der Gründersohn Berthold Albrecht kurz vor seinem Tod den Einfluss seiner Familienerben auf die Unternehmensführung des Discounters stark eingeschränkt hatte, zugunsten seines Bruders Theo. Eine Revision wurde 2019 vom Bundesverwaltungsgericht abgelehnt. Babette Albrecht und ihre fünf Kinder hatten sich in den Jahren zuvor mehr als 100 Millionen Euro aus der Jakobus-Stiftung ausschütten lassen.
Um die Besetzung des Stiftungsvorstandes der Jakobus-Stiftung läuft derzeit ein Rechtsstreit, dessen letzte Verhandlung für Dezember 2020 terminiert ist. Gewinnt Theo Albrecht Junior den Streit, könnte die Zeit der Rechtsstreitigkeiten bei Aldi Nord ein verdientes Ende erreichen.
Hintergrund: Untreue in der Stiftung
Insbesondere der Stiftungsvorstand, aber auch Kuratorien oder ähnliche Kontrollgremien können in der Stiftung den Tatbestand der Untreue verwirklichen. Einen Schwerpunkt bildet zunächst die zweckwidrige Verwendung von Geldern, also die Verwendung entgegen des Stiftungszwecks. Dieser bestimmt sich aus der Stiftungssatzung. Die erwirtschafteten Erträge sind zeitnah für die satzungsmäßigen Zwecke in der satzungsmäßig vorgegebenen Art und Weise zu verwenden. Werden Mittel zweckwidrig verwendet, so liegt darin nicht nur ein Verstoß gegen die Satzung, sondern auch gegen § 55 Absatz 1 Nr. 1 der Abgabenordnung.
Aber auch die Vermögensverwaltung durch den Vorstand kann ein Anknüpfungspunkt für Veruntreuung sein. Denn der Vorstand muss das Stiftungsvermögen einerseits in seinem Bestand erhalten, andererseits muss er es aber ertragsbringend investieren und zur Erfüllung des Stiftungszwecks ausgeben. Zwar billigt die Rechtsprechung den Beteiligten hier einen gewissen Ermessensspielraum zu. Investitionsentscheidungen müssen aber am Wohl der Stiftung orientiert und von Verantwortungsbewusstsein getragen werden.
Nähere Informationen zur Untreue in der Stiftung finden Sie hier: Untreue in der Stiftung
Ausblick: Was droht den Beschuldigten?
Der Vorwurf der Veruntreuung von Geldern in der Jakobus-Stiftung ist ein vorläufiger Höhepunkt der Rechtsstreitigkeiten in der Unternehmerfamilie. Es drohen im Wirtschaftsstrafrecht nicht nur zivilrechtliche Haftungsansprüche gegen die Beteiligten, sondern eben auch strafrechtliche Konsequenzen.
Der in § 266 des Strafgesetzbuches (StGB) geregelte Tatbestand der Untreue sieht als Rechtsfolge eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe vor. Allerdings ist in Fällen eines besonders schweren Falles der Untreue eine Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten bis zu zehn Jahren vorgesehen. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn der Täter einen Vermögensverlust besonders großen Ausmaßes herbeiführt. In der Rechtsprechung wird dies mitunter schon bei 50.000 EUR angenommen – eine Summe, die in Anbetracht der erheblichen finanziellen Mittel der Stiftung schnell erreicht wäre.
Der jahrelange Rechtsstreit könnte für einige Mitglieder des Familienclans also tatsächlich im Gefängnis enden. Und was ist nun die Moral von der Geschichte? Zynische Anwaltszungen könnten auf die enorme Bedeutung eines Ehevertrages für Unternehmer sowie des Unternehmertestaments hinweisen. Aber mal wirklich: Sorgen Sie vor und verhindern Sie Ihr ganz persönliches Aldi Nord noch heute. Der Theo Albrecht Senior ärgert sich im Himmel (?) bestimmt schwarz.