JVA-Insasse erhält Antrag auf Scheidung
Wann beginnt Trennungsjahr bei ohnehin Getrenntlebenden zu laufen?
Wann beginnt Trennungsjahr bei ohnehin Getrenntlebenden zu laufen?
Ein Beitrag von Anna-Maria Blömer
Die Scheidung kann regelmäßig erst nach einem Jahr, in welchem die Partner getrennt gelebt haben, durchgeführt werden. Voraussetzung ist, dass sie davor zusammengelebt haben.
Das OLG Zweibrücken hatte im vergangenen Jahr darüber zu entscheiden, ab wann das Trennungsjahr zu laufen beginnt, wenn einer der beiden Partner eine Haftstrafe verbüßt und demnach schon länger nicht mehr mit seinem Partner zusammenlebte (OLG Zweibrücken, Beschluss vom 21.04.2021 - 2 UF 159/20).
Scheidungsantrag in der JVA zugestellt
Das Ehepaar hatte sich im Jahr 2002 das Jawort gegeben. Der Ehemann leidete an einer Drogensucht. Damals hatte er keine abgeschlossene Ausbildung, jedoch hin und wieder vorübergehende Aushilfstätigkeiten ausgeübt. Im Gegensatz zu ihrem Gatten hatte die Ehefrau ein festes Arbeitsverhältnis.
Im Jahr 2020 bekam der Mann, der zu jener Zeit eine Haftstrafe in der JVA absaß, den Scheidungsantrag seiner Frau zugestellt. Nach Auffassung seiner Gattin war die Ehe im Großen und Ganzen gescheitert. Das zuständige Amtsgericht erließ den Scheidungsbeschluss und führte im Rahmen dessen auch den Versorgungsausgleich der Eheleute durch.
Ehepaar erhebt Beschwerden gegen Ablauf der Scheidung
Der nunmehr Ex-Mann der Frau äußerte Beschwerden gegen den Scheidungsbeschluss und möchte sich gegen den Scheidungsausspruch wenden. Der Mann hat bereits Rechtsmittel gegen den Scheidungsbeschluss eingelegt, denn seiner Meinung nach war das Trennungsjahr noch längst nicht vorüber. Seine Ex-Frau dagegen verteidigte den Scheidungsausspruch. Daneben äußerte sie Zweifel an der ihrer Auffassung nach grob unbilligen Durchführung des Versorgungsausgleichs. Aufgrund der demnach unsachgemäßen Durchführung des Ausgleichs, sollte dieser ganz unterbleiben.
Wann beginnt das Trennungsjahr normalerweise zu laufen?
Ein Scheidungsantrag hat nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn die Ehe endgültig gescheitert ist. Ein Nachweis des Scheiterns der Ehe (als Voraussetzung für die Scheidung) kann durch die Zerrüttungsvermutung nach einjährigem Getrenntleben erbracht werden, vorausgesetzt beide Ehegatten stellen den Scheidungsantrag oder ein Ehegatte stellt den Antrag und der andere stimmt zu.
Aussagekraft besitzen dabei sowohl der subjektive als auch der objektive Wille der Eheleute. Es kann daher sinnvoll sein, den Trennungswillen dem Partner (gegebenenfalls durch anwaltliche Trennungsnachricht) mitzuteilen und auch die Umstände und den Vollzug der Trennung zu dokumentieren.
OLG: Trennungsjahr abgelaufen, wenn Trennungswille erkennbar
Die Richter des OLG Zweibrücken beurteilen die Situation etwas anders als die geschiedenen Eheleute und wiesen deren beider Beschwerden zurück. Einig sind sich alle in der Hinsicht, dass eine Scheidung erst nach erfolgreichem Ablauf des Trennungsjahres möglich ist. Allerdings liege hier dem Senat zufolge ein Spezialfall vor, bei dem das Trennungsjahr aufgrund anderer Umstände zu einem anderen Zeitpunkt zu laufen beginnt als normalerweise.
Denn wenn das tägliche Zusammenleben bereits fehlte, – beispielsweise, wenn sich einer der Ehepartner in Haft befindet – muss zum Berechnen der Trennungszeit darauf abgestellt werden, zu welchem Zeitpunkt der Trennungswille des einen Ehegatten für den anderen erkennbar gewesen sein konnte.
Der betroffene Ex-Mann habe jedenfalls mit Zugang des Verfahrenskostenhilfeantrages für den beabsichtigten Scheidungsantrag den Trennungswillen der Ex-Frau erkennen können – so die Richter. Infolgedessen war über den Zeitraum des Beschwerdeverfahrens das Trennungsjahr bereits abgelaufen.
Versorgungsausgleich von Anfang an spärlich bemessen
Ebenfalls überzeugt ist das OLG von der rechtmäßigen Durchführung des Versorgungsausgleichs nach § 27 VersAusglG. Eine grobe Unbilligkeit sei aus Sicht der Richter nicht gegeben, weshalb weder die Voraussetzungen für eine Beschränkung noch für einen Wegfall des Versorgungsausgleichs vorlägen.
Der geschiedenen Frau hätte bereits im Zeitpunkt der Eheschließung klar sein müssen, dass sie aufgrund der fehlenden Ausbildung des Mannes und seiner Drogensucht wahrscheinlich nicht mit erheblichen Rentenanwartschaften werde rechnen können. Über die Dauer der Ehe habe sich diese Situation nicht wesentlich geändert.
Ist der Trennungswille erkennbar, beginnt Trennungsjahr zu laufen
Bei bereits zu Beziehungszeiten getrenntlebenden Eheleuten kann bei der Bestimmung des Trennungsjahres mithin nicht auf den Zeitpunkt der Trennung im Sinne des Getrenntlebens abgestellt werden. Vielmehr beginnt in diesen Fällen das Trennungsjahr zu laufen, sobald der Trennungswille des einen für den anderen Ehegatten erkennbar sein konnte.