Gesellschafterstreit: Mehrere Streitende und der Anwalt mittendrin

Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste

In einer gesellschaftsrechtlichen Auseinandersetzung sind häufig unterschiedliche Akteure mit unterschiedlichen Interessen Teil des Konflikts. Denkbare Mandanten des Rechtsanwaltes sind insbesondere Gesellschaften selbst, einzelne Gesellschafter, Geschäftsführer, sowie Beirats- und Aufsichtsratsmitglieder.

Veröffentlicht am: 03.11.2021
Qualifikation: Rechtsanwalt für Gesellschaftsrecht in München
Lesedauer:

Diese Situation stellt den anwaltlichen Berater vor eine besondere Herausforderung, denn gemäß §§ 43a Abs. 1 BRAO, 3 Abs. 1 BORA darf er keine widerstreitenden Interessen vertreten.

Weiterhin begeht der Rechtsanwalt, der bei den ihm in dieser Eigenschaft anvertrauten Angelegenheiten in derselben Rechtssache beiden Parteien durch Rat und Beistand pflichtwidrig dient, eine Straftat nach § 356 StGB (Parteiverrat). Gleichzeitig möchte ein Rechtsanwalt nicht ohne Not ein lukratives Mandat wegen eines Interessenkonfliktes ablehnen.

Interessenlagen im Gesellschafterstreit

Eine gesellschaftsrechtliche Auseinandersetzung kann in unterschiedlichen Konstellationen entstehen. Zunächst kann ein Streit zwischen der Gesellschaft und einem Gesellschafter bestehen. Denkbar ist auch, dass sich mehrere Gesellschafter untereinander streiten. In Betracht kommt ebenfalls, dass die Gesellschaft einen ihrer Geschäftsführer für dessen Pflichtverletzungen auf Schadensersatz in Anspruch nehmen will. Schließlich kann auch der Ausschluss eines Gesellschafters Gegenstand eines Gesellschafterstreits sein.

Die unterschiedlichen Akteure verfügen über unterschiedliche Interessen, die der Rechtsanwalt bei seiner Beratung im Blick behalten muss.

Das Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen

Gemäß §§ 43a Abs. 4 BRAO, 3 BORA umfasst das Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen insgesamt vier Tatbestandsmerkmale, die eng miteinander zusammenhängen, d.h.

  1. Vertretung,
  2. widerstreitender,
  3. Interessen und
  4. in derselben Rechtssache.

Das hier in Rede stehende Verbot schützt neben dem Vertrauensverhältnis zum Mandanten auch die anwaltliche Unabhängigkeit und die Gradlinigkeit der anwaltlichen Tätigkeit.

Welchen Umfang hat „dieselbe Rechtssache“?

Dieselbe Rechtssache kann jede Angelegenheit sein, die zwischen mehreren Beteiligten mit jedenfalls möglicherweise entgegenstehenden rechtlichen Interessen nach rechtlichen Grundsätzen zu behandeln ist. Dabei betreffen zwei Mandate bereits dann dieselbe Rechtssache, wenn sie sich sachlich-rechtlich zumindest teilweise decken.

In einer gesellschaftsrechtlichen Auseinandersetzung ist zumeist von dem Vorliegen „derselben“ Rechtssache auszugehen, auch wenn es sich um unterschiedliche Streitigkeiten handelt. Die rechtlichen Interessen der Akteure sind zumeist auch nicht gleichgerichtet, sondern vielmehr gegenläufig. Dabei verbietet sich eine abstrakt-generelle Einschätzung, erforderlich ist vielmehr eine Beurteilung der konkreten Umstände des Einzelfalles.

Rechtsanwalt als Prozessbevollmächtigter der Gesellschaft selbst

In einem Gesellschafterstreit kann der Rechtsanwalt auch als Prozessbevollmächtigter der Gesellschaft selbst auftreten, z.B. bei der Anfechtungsklage des verfeindeten Gesellschafters. Die GmbH ist zwar eine eigenständige juristische Person und ihre Interessen könnten sich durchaus von denen der Gesellschafter unterscheiden. In einem Beschlussmängelstreit nimmt die Gesellschaft jedoch nur formal die Stellung der Beklagten ein, wobei der Rechtsanwalt die Interessen der Gesellschafter vertritt, welche gegen die Beschussanfechtungsklage vorgehen wollen.

Zu beachten ist, dass das Einverständnis der Beteiligten vor dem Hintergrund des Verbotes der Vertretung widerstreitender Interessen fast immer unbeachtlich ist. Denn ein solches „Einverständnis“ führt grundsätzlich nicht dazu, den Interessenkonflikt zu beseitigen.

Gesellschafterstreit in derselben Sache? Im Zweifel für den zusätzlichen Anwalt

Der Rechtsanwalt hat insbesondere im Gesellschafterstreit bei der Mandatsannahme und bei der Mandatsbetreuung zu prüfen, ob er sich in einer Situation der Vertretung widerstreitender Interessen befindet. Im Zweifel sollte der Rechtsanwalt dem Mandanten noch die Hinzuziehung eines weiteren Anwaltes empfehlen.

Ganz grundsätzlich ist das Team von ROSE & PARTNER Ihnen bei allen Fragen rund um das Thema Gesellschafterstreit sehr gern behilflich. In unserem Büro in München und auch an den weiteren Standorten stehen Ihnen erfahrene Fachanwälte für Gesellschaftsrecht zur Verfügung.

Wir beschäftigen an allen unserer Standorte erfahrene Fachanwälte für Gesellschaftsrecht.