Streit: Anfechtung der Gewinnausschüttung

Klage gegen Gesellschafterbeschluss

Die Gewinnausschüttung ist in der Praxis ein häufiger Streitpunkt. Insbesondere Mehrheitsgesellschafter versuchen, ihre Interessen zu Lasten anderer Gesellschafter durchzusetzen: entweder durch übermäßige Ausschüttungen oder durch die Verhinderung von Ausschüttungen.

Veröffentlicht am: 17.01.2025
Qualifikation: Rechtsanwältin für Gesellschaftsrecht
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Jeder Gesellschafter einer GmbH hat ein Gewinnbezugsrecht. Was schön klingt, heißt zunächst nichts anderes, als dass ein Gesellschafter bei Vorliegen gewisser Voraussetzungen einen Anspruch auf Auszahlung des auf ihn entfallenen Gewinns hat. Erste wesentliche Voraussetzung ist, dass – nach entsprechender rechnerischer Ermittlung – vereinfacht gesprochen, ein Jahresüberschuss bzw. Bilanzgewinn vorhanden ist. Weitere Voraussetzung ist, dass die Gesellschafter einen Beschluss über die Verwendung des Gewinns fassen. Dabei können Gewinne in Rücklagen gesteckt, auf neue Rechnung vorgetragen oder tatsächlich ausgeschüttet werden.

Die verschiedenen Optionen zeigen bereits, dass die Gesellschafter der GmbH die vorhandenen Gewinne in die eine oder andere Richtung schieben können. Da die Entscheidung hierüber mit der einfachen Mehrheit getroffen werden kann, sind Entscheidungen zum Nachteil der Minderheitsgesellschafter immanent. 

Ein aktuelles Urteil des Landgerichts (LG) Ingolstadt (Urteil vom 27.09.2024, Az. 1 HK O 1036/23) zeigt, dass Minderheitsgesellschafter im Streit um Gewinnausschüttungen nicht schutzlos gegen Beschlüsse der Mehrheitsgesellschafter sind.

Gewinnausschüttung zur Finanzierung des Mehrheitsgesellschafters

Im Fall des LG Ingolstadt war der Sachverhalt wie folgt (hier vereinfacht dargestellt): Die betreffende GmbH hatte drei Gesellschafter: die V-AG mit 95 %, die Klägerin mit 3 % und ein dritter Gesellschafter mit 2 %. Beherrschender Gesellschafter war somit die V-AG, welche die betreffende GmbH zunehmend in den V-Konzern zu integrieren suchte. Die Integration sollte weiter voranschreiten, konkret durch eine weitere Beteiligung der GmbH an der Finanzierung des V-Konzerns. Dies führte zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen der V-AG und der Klägerin. Der Streit gipfelte in einer streitigen Gesellschafterversammlung. 

Auf der Tagesordnung der Gesellschafterversammlung standen u.a. die Entlastung der Geschäftsführung, die Zustimmung zu einem Konzerndarlehensvertrag, die Feststellung des Jahresabschlusses und die Ausschüttung des gesamten Gewinns. Die V-AG benötigte die liquiden Mittel aus der Gewinnausschüttung offensichtlich zur Eigenfinanzierung bezüglich des V-Konzerns. Gegen die Stimmen der Klägerin beschloss die V-AG mit ihrer 95%-Mehrheit die von ihr betriebene Ausschüttung sämtlicher Gewinne der GmbH. 

Die Klägerin sah hierin offensichtlich ein „Ausbluten“ der GmbH und erhob Klage mit dem Ziel, den Beschluss der Gesellschafterversammlung über die Gewinnausschüttung für nichtig zu erklären.

Ohne Interessenabwägung keine Gewinnverwendung

Bei der Entscheidung über die Gewinnverwendung haben die Gesellschafter einer GmbH nach Auffassung der Gerichte keine absolut freie Hand. Die Gesellschafter haben zumindest die berechtigten Interessen der einzelnen Gesellschafter an einer hohen Ausschüttung gegenüber dem Interesse der Gesellschaft an einer Rücklagenbildung, den Bedürfnissen der Selbstfinanzierung und Zukunftssicherung der Gesellschaft abzuwägen. Es versteht sich von selbst, dass den Gesellschaftern die unternehmerische Entscheidung vollends verbleibt. Ein Gesellschafterbeschluss ist allerdings aus formalen Gründen nichtig, wenn die Interessenabwägung in keiner Weise stattfindet.

So lag der Fall nach Ansicht des LG Ingolstadt. Weder die Ausführung der Gesellschafter im gerichtlichen Verfahren noch das Protokoll der Gesellschafterversammlung ließ erkennen, dass eine wirkliche Interessenabwägung durch die Gesellschafter stattgefunden hatte. Vor diesem Hintergrund erklärte das Gericht den Gewinnausschüttungsbeschluss für nichtig.

Klage gegen Gesellschafterbeschluss

Die Entscheidung des Gerichts zeigt, dass im Rahmen eines Streits, um Gesellschafterbeschlüsse, Klagen wegen Mängeln des Beschlusses ein probates Mittel der Verteidigung sein können. Dabei kann jeder Gesellschafter, völlig unabhängig von seiner Beteiligungshöhe, grundsätzlich gegen GmbH-Gesellschafterbeschlüsse klagen. Hinsichtlich von Klagen gegen Beschlüsse zur Gewinnverwendung ist zu beachten, dass die Gerichte inhaltliche Mängel nur in einem begrenzten Umfang überprüfen. Dies gilt sowohl für die Fälle, in denen der Mehrheitsgesellschafter sich aus egoistischen Motiven „zu viel“ ausschütten möchte, als auch für die Fälle, in denen der Mehrheitsgesellschafter die anderen Gesellschafter durch Nicht-Ausschüttung „aushungern“ möchte.