Steuerliche Behandlung von Kryptowährungen
Finanzgericht Berlin-Brandenburg bejaht Steuerpflicht
Finanzgericht Berlin-Brandenburg bejaht Steuerpflicht
Ein Beitrag von Rechtsanwalt und Steuerberater Dirk Mahler
Zur Besteuerung von Kryptowährungen gibt es derzeit noch kein höchstrichterliches Urteil des Bundesfinanzhofes. Daher ist noch nicht abschließend geklärt, ob Gewinne aus der Veräußerung tatsächlich der einkommensteuerpflichtig sind oder nicht. Wir stellen Ihnen den Meinungsstand im Überblick vor.
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Kurze Einführung: Blockchain, Bitcoin & Co
Kryptowährungen sind digitale Alternativwährungen mit einem meist dezentralen, stets verteilten und kryptografisch abgesicherten Zahlungssystem. Zentrales Element ist eine Blockchain. Notenbanken und staatliche Stellen sind nicht involviert. Bargeld wird nicht ausgegeben. Transaktionen finden fast ausschließlich über das Internet statt.
Aufgrund der stark gestiegenen Nachfrage nach alternativen Währungen gerade in Krisenländern, aber auch als Anlagemöglichkeit in westlichen Ländern hat die Spekulation in den vergangen Jahren erheblich zugenommen. Die bekannteste Währung ist Bitcoin, es gibt aber mittlerweile zahlreiche andere ähnlich vielversprechende Kryptowährungen von verschiedenen Startups auf dem Markt.
Beurteilung von Kryptowährungen im Steuerrecht
Soweit Kryptowährungen dem Privatvermögen des Steuerpflichtigen zuzuordnen sind, kommt nach Auffassung der Finanzverwaltung eine Besteuerung von Veräußerungsgewinnen gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG in Betracht.
Voraussetzungen sind demnach, dass
- es sich bei Kryptowährungen um ein „anderes Wirtschaftsgut“ handelt,
- zwischen An- und Verkauf nicht mehr als ein Jahr vergangen ist und
- die Einkünfte nach § 23 Abs. 1 EStG in einem Veranlagungszeitraum nicht weniger als EUR 600 betragen.
Umstritten ist in diesem Zusammenhang, ob Kryptowährungen unter den Begriff des „anderen Wirtschaftsgutes“ fallen. Der Begriff des Wirtschaftsgutes ist ungeachtet seiner zentralen Bedeutung in den Steuergesetzen nicht weiter definiert.
Nach der Rechtsprechung umfasst er „jedes nach der Verkehrsanschauung im Wirtschaftsleben selbständig bewertbare Gut, das in seiner Einzelheit von Bedeutung und bei einer Veräußerung greifbar ist“. Neben materiellen Wirtschaftsgütern gibt es immaterielle Wirtschaftsgüter. Der Begriff wird von der Rechtsprechung sehr weit ausgelegt.
Zur Frage, ob diese Währungen nun tatsächlich das Merkmal eines anderen Wirtschaftsgutes erfüllen oder nicht, haben sich in jüngster Zeit das Finanzgericht Berlin-Brandenburg und Nürnberg im Rahmen von Entscheidungen über die Aussetzung der Vollziehung geäußert.
Wirtschaftliche Betrachtung: Objektiv werthaltige Position
Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg ist mit seinem Beschluss vom 20.06.2019 (13 V 13100/19) zur Auffassung gelangt, dass Kryptowährungen in der Ausgestaltung sogenannter immaterieller Wirtschaftsgüter die Voraussetzungen eines anderen Wirtschaftsgutes erfüllen. Bei der Einordnung käme es demnach nicht darauf an, dass es sich bei Bitcoin und anderen Währungen nicht um ein gesetzliches Zahlungsmittel handelt und dass diese nicht physisch übertragbar seien. Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg hat im Ergebnis eine sehr weite Auslegung des Begriffes angenommen und argumentiert wie folgt:
Nach ständiger Rechtsprechung des BFH beinhalte der Begriff des "Wirtschaftsguts" in Anlehnung an den Begriff "Vermögensgegenstand" im Handelsrecht nicht nur Sachen und Rechte im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs, sondern auch tatsächliche Zustände und konkrete Möglichkeiten, d.h. sämtliche Vorteile für den Betrieb, deren Erlangung sich der Kaufmann etwas kosten lässt. Sie seien auf der Grundlage einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise auszulegen. Deshalb sei nicht jeder Vermögenswert ein Wirtschaftsgut. Seine Greifbarkeit machte erst das Wirtschaftsgut aus. Es müsse sich um eine objektiv werthaltige Position handeln.
Letztendlich stellt des Finanzgericht Berlin-Brandenburg somit auf eine Vergleichbarkeit mit „normalen“ Devisen im Steuerrecht ab. Veräußerungsgewinne wären demnach steuerpflichtig, wenn und soweit die übrigen Voraussetzungen vorliegen.
Technische Abläufe der Blockchain als Besonderheit
Unter ausdrücklicher Bezugnahme auf den Beschluss des FG Berlin-Brandenburg hat das FG Nürnberg in seinem Beschluss vom 08.04.2020 (Az.: 3 V 1239/19) nun ausgeführt, dass die Entscheidung des FG Berlin-Brandenburgs nicht nachvollziehbar sei. Aufgrund der sich aus den technischen Abläufen ergebenen relevanten Besonderheiten könne eine Einordnung einer Kryptowährung als Wirtschaftsgut nur im Hauptsacheverfahren entschieden werden.
Das Finanzgericht Nürnberg hat insoweit zumindest Zweifel an der Besteuerung von Kryptowährungen. Im Ergebnis hat das Finanzgericht Nürnberg dem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung stattgegeben.
Ausblick und Empfehlung
Mit der Unsicherheit der Rechtsprechung und einer mangelnden Offensive der Politik entsteht für Käufer und Verkäufer von Kryptowährungen wie Bitcoin leider eine erhebliche Rechtsunsicherheit. Es ist nicht absehbar, wann die ersten Entscheidungen der Finanzgerichte zu dieser Thematik ergehen werden.
Zumindest bis dahin sollten alle Veranlagungen im Zusammenhang mit Kryptowährungen durch entsprechende Rechtsbehelfe offen gehalten werden. Wenden Sie sich dafür an Ihren Steuerberater oder Ihren Fachanwalt für Steuerrecht.