Sittenwidrige Schädigung des Mitbewerbers

OLG Hamm: Veröffentlichung von negativen Bewertungen beim Konkurrenten ist sittenwidrig

Den Mitbewerber durch schlechte online Bewertungen zu schädigen kann für viele Konkurrenten verlockend sein. Dass dies aber nicht dem geltenden Wettbewerbsrecht entspricht, zeigt ein aktuellen Urteil des OLG Hamm.

Veröffentlicht am: 20.07.2024
Qualifikation: Fachanwalt für IT-Recht
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Der online Handel und Vertrieb sind in der heutigen Zeit kaum noch wegzudenken. So bieten E-Commerce-Plattformen vielfältige Möglichkeiten im Kundenkontakt, im globalen Auftreten des Unternehmens sowie des einfachen Verkaufs. Allerdings bringen diese Möglichkeiten auch Schwierigkeiten mit sich. So setzen sich Unternehmen öffentlichen negativen Bewertungen aus. Dass diese nicht nur konstruktive Kritik erhalten können, sondern tatsächlich rufschädigend wirken können, ist nicht verwunderlich.

Als Wettbewerber kann man darin auch eigennützige Chancen sehen. Dass dem Mitbewerber allerdings Grenzen in der Schädigung des Gegners gesetzt sind, zeigt ein aktuelles Urteil des Oberlandesgerichts Hamm (OLG Hamm, Urteil vom 16.04.2024 - 4 U 151/22).

Seine Matratzen stinken!

Im Fall des OLG Hamm bestellten zwei Mitarbeiter eines Matratzenunternehmens beim Mitbewerber mehrere Matratzen und Matratzenauflagen. Diese sendeten sie nach Erhalt wieder zurück und hinterließen dann auf mehreren Verkaufsplattformen des Mitbewerbers negative Bewertungen.

,,Starker Chemie Geruch der Matratze, Viel zu Dünn und Weich"

,,Sehr unbequeme Matratze, zudem chemischer Geruch"

,,Matratze stinkt unglaublich, habe sie schon ausgelüftet, aber nicht besser

Dies sind nur einige der vielen negativen Bewertungen der Mitarbeiter. Eine darauffolgende Abmahnung an das handelnde Unternehmen durch den Betroffenen schaffte keine Abhilfe. Stattdessen beteuerte die Unternehmensleitung , dass es keine Weisung der Arbeitnehmer zu einem solchen Handeln gegeben hat.

Negative Bewertungen müssen unterlassen werden

Vor dem Landesgericht Paderborn (LG Paderborn, Beschluss vom 13.12.2019 - 6 0 50/19) erreichte der betroffene Matratzenvertreiber eine einstweilige Verfügung. Nachdem aber auf Aufforderung keine Abschlusserklärung des beklagten Unternehmens erfolgte, wiederholte der Betroffene seine Ansprüche vor dem LG. Das Gericht sprach ihm Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche aus dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) und aus § 826 BGB zu.

Urteil des Landgerichts reicht den Parteien nicht

Das Urteil des LG Paderborn schlichtete den Matratzenstreit nicht. Stattdessen begehrte der Geschädigte weitere Auskunftsansprüche, während der in Frage stehende Arbeitgeber die Ansprüche für verjährt hielt.

Das OLG Hamm teilte die Ansicht der Parteien nicht. Ganz im Gegenteil stimmten die Richter des OLG Hamm der Vorinstanz vollständig zu. Das Verhalten der Konkurrenz würde konkret darauf abzielen eine öffentliche Schädigung und arbeitstechnische Belastung durch die zahlreichen Bestellungen und Retouren zu schaffen. Damit seien diese Handlungen als Eingriffe einzuordnen die sich als Schadenszufügung nach § 826 BGB qualifizieren. Auch würde die Verjährungsfrist des UWG nicht die längere BGB-Frist verdrängen. Daher sei die Berufung auch in diesem Punkt unbegründet.

Faires Wettbewerbsverhalten am Markt

Obwohl auch der Berufung des Geschädigten nicht stattgegeben worden ist, wurden diesem dennoch Schadensersatzansprüche und ein Unterlassungsanspruch zugestanden. Im Rahmen dieses Verfahrens wurde sowohl in der ersten als auch in der zweiten Instanz festgestellt, dass ein selbstständiges Verhalten von Mitarbeitern in diesem Kontext völlig lebensfremd erscheint. Gegebenenfalls sind deshalb auch Mitarbeiter über die Grundzüge des Wettbewerbsrecht zu sensibilisieren.