Scheidung trotz Suizidgefahr?
Psychische Erkrankung muss kein Härtefall sein
Nicht jeder Scheidungsantrag führt automatisch zur Scheidung. Die Ehe muss gescheitert sein und die Scheidung darf keinen Härtefall für einen Ehegatten darstellen.
Ein Scheidungsantrag führt gegebenenfalls nicht zum Erfolg, wenn die Scheidung für einen Ehegatten eine unbillige Härte darstellt. Das Oberlandesgericht Hamm hatte kürzlich einen Fall zu entscheiden, in dem ein möglicher Suizid als Hindernis für eine Scheidung vorgetragen wurde (OLG Hamm, Beschluss vom 2. November 2023 - 4 UF 87/23).
Psychisch kranker Ehemann in einer Pflegeeinrichtung
In dem Fall ging um den Scheidungsantrag einer Frau, die mit einem Mann verheiratet war, der aufgrund einer Alkoholabhängigkeit am sogenannten Korsakow-Syndrom litt und in einem Pflegeheim untergebracht war. Das Paar hatte zuvor schon einige Jahre im gemeinsamen Haus getrennt gelebt und die Frau hatte ihrem Ehemann ihre Absicht, sich scheiden zu lassen, mitgeteilt. Im Scheidungsverfahren wandte der Betreuer des Mannes ein, eine Scheidung würde den Mann psychisch so sehr belasten, dass aufgrund ärztlicher Atteste sogar eigen- und fremdgefährdende Handlungen nicht unwahrscheinlich seien. Das Amtsgericht teilte diese Bedenken und versagte die Scheidung. Diese sei eine unbillige Härte und außerdem sahen die Richter die Ehe nicht als gescheitert an. Hiergegen wehrt sich die Frau mit einer Beschwerde beim OLG.
Ehe gescheitert, kein Härtefall
Die Richter am OLG folgten dem Amtsgericht nicht und sahen die Voraussetzungen für eine Scheidung als gegeben an. Insbesondere sei die Ehe gescheitert. Das folge zwar nicht bereits aus dem Umstand, dass der Ehemann nicht mehr im gemeinsamen Haus, sondern im Pflegeheim gelebt habe. Die Frau hatte sich aber endgültig von ihrem Mann abgewandt, sodass eine Wiederherstellung der ehelichen Gemeinschaft nicht zu erwarten sei. Auch greife die Härteklausel des § 1568 BGB nicht, wenn bei einer psychischen Erkrankung zumutbare und erfolgsversprechende Therapiemöglichkeiten bestünden und in der Pflegeeinrichtung notwendige Schritte eingeführt werden könnten, um auf etwaige Suizidabsichten zu reagieren.
Scheidung kein Selbstgänger
Dass nicht jeder Scheidungsantrag zum Erfolg führt, liegt regelmäßig nicht an der Härteklausel, sondern an der nicht nachgewiesenen Zerrüttung der Ehe. In den meisten Fällen wird das Scheitern der Ehe an die Einhaltung des sogenannten Trennungsjahres geknüpft. Will einer die Scheidung nicht, muss der andere sogar eine mindestens 3-jährige Trennung nachweisen. Es gibt übrigens zahlreiche Gründe, warum man eine Scheidung entweder beschleunigen oder herauszögern sollte. Dabei geht es nicht nur um Emotionen, sondern auch um finanzielles Kalkül.