Satzungsänderungen nach der Stiftungsrechtsreform
Was hat sich im Stiftungsrecht verändert?
Was nach der Reform gilt und warum jetzt ein guter Zeitpunkt für eine Renovierung von Stiftungssatzungen ist.
Die Reform des deutschen Stiftungsrechts, die im Juni 2023 in Kraft getreten ist, bringt in Bezug auf Satzungsänderungen von Stiftungen signifikante Neuregelungen mit sich. Satzungsänderungen stellen sich bei Stiftungen – anders als zum Beispiel bei einer GmbH – schon immer als umständlich dar, weil die Stiftungsaufsicht einzuschalten ist und Änderung nur im Rahmen eines vermuteten Stifterwillens möglich sind.
Der Gesetzgeber hat nun recht transparente Vorgaben geschaffen, wann und unter welchen Voraussetzungen Satzungsänderungen möglich sind. Dies soll nachfolgend dargestellt werden. Außerdem erläutern wir, warum jetzt ein guter Zeitpunkt ist, Satzungsänderungen anzugehen, die bisher nur wenig Aussicht auf Zustimmung der Stiftungsaufsicht gehabt hätten.
Bundeseinheitliche Regelungen
Ein Anliegen der Stiftungsrechtsreform war, das gesamte materielle Stiftungsrecht durch Kodifizierung im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) zu vereinheitlichen. Hier sahen die einzelnen Landesgesetze in der Vergangenheit voneinander abweichende Gestaltungsmöglichkeiten vor. Die Einführung der neu gefassten §§ 85 bis 85a BGB stellt nun entsprechend eine bundeseinheitliche Regelung zur Änderung der Satzungen von Stiftungen dar. Die Überlegungen eines Stifters, ein besonders liberales oder strenges Landesstiftung auszuwählen (sogenanntes „Forum-Shopping“), sind damit in Zukunft obsolet.
Zuständigkeiten und Verfahren
Gemäß § 85a Abs. 1 Satz 1 BGB kann die Satzung einer Stiftung durch den Vorstand oder ein anderes in der Satzung benanntes Stiftungsorgan geändert werden. Diese Flexibilität ermöglicht es den Stiftungen, ihre Struktur und Arbeitsweise effektiv an veränderte Rahmenbedingungen anzupassen. Allerdings bedarf jede Änderung der Satzung nach § 85a Abs. 1 Satz 2 BGB der Genehmigung durch die zuständige Stiftungsbehörde. Diese Genehmigungsnotwendigkeit dient der Wahrung des Stiftungszwecks und der Sicherstellung, dass die Änderungen im Einklang mit den Intentionen des Stifters und dem Gemeinwohl stehen.
In Fällen, in denen die Stiftungsorgane untätig bleiben, obwohl solche Änderungen stiftungsrechtlich angezeigt sind, erlaubt § 85a Abs. 2 BGB der Stiftungsbehörde, im Ausnahmefall zwingende Satzungsänderungen selbstständig vorzunehmen.
Erleichterungen für Satzungsänderung zu Lebzeiten des Stifters mit dessen Zustimmung sieht das Gesetz nicht vor. Dies war während des Gesetzgebungsverfahrens vielfach gefordert worden, damit der Stifter zu Lebzeiten die gesammelte Erfahrung durch Satzungsänderungen für die Stiftung hätte fruchtbar machen können.
Neue Abstufung von Satzungsänderungen
Das BGB unterscheidet nun gemäß § 85 Abs. 1 bis 3 BGB drei Arten von Satzungsänderungen, wobei die Voraussetzungen für jede Kategorie unterschiedlich streng sind:
- Grundlegende Änderungen des Stiftungszwecks (§ 85 Abs. 1 BGB): Solche Änderungen sind nur zulässig, wenn der ursprüngliche Stiftungszweck nicht mehr dauerhaft oder nachhaltig erfüllt werden kann oder wenn der Stiftungszweck das Gemeinwohl gefährdet.
- Andere wesentliche Satzungsänderungen (§ 85 Abs. 2 BGB): Hierzu zählen Änderungen von Satzungsregelungen, die prägend für die Stiftung sind. Diese sind zulässig, wenn sich die Verhältnisse seit der Stiftungserrichtung wesentlich verändert haben und die Änderungen notwendig sind, um die Stiftung an die neuen Verhältnisse anzupassen.
- Sonstige Satzungsänderungen (§ 85 Abs. 3 BGB): Diese können vorgenommen werden, wenn sie der Erfüllung des Stiftungszwecks dienen und somit die operationale Effektivität der Stiftung unterstützen.
Gestaltungsmöglichkeiten des Stifters
Die vorgenannte Trias der Satzungsänderung ist jedoch nicht zwingend. Der Stifter kann im Stiftungsgeschäft die Befugnis zur Satzungsänderung vollkommen ausschließen oder beschränken, wenn er einer strengen Satzungskontinuität den Vorzug gibt.
In die andere Richtung kann der Stifter auch Satzungsänderungen in weiterem als im Gesetz vorgesehenen Umfang durch Organe der Stiftung zulassen. Diese Ermächtigung der Organe der Stiftung ist jedoch nur wirksam, wenn der Stifter Inhalt und Ausmaß der Änderungsermächtigung detailliert festgelegt hat, um die notwendige Bindung an den Stifterwillen zu gewährleisten.
In § 85 Abs. 2 BGB definiert der Gesetzgeber, was prägende Bestimmungen sind, wie der Name, der Sitz und die Art und Weise der Zweckerfüllung. Diese Definition ist jedoch nicht zwingend und der Stifter kann davon abweichen und selbst festlegen, welche Satzungsbestandteile prägend sein sollen. Auch an dieser Stelle kann er Einfluss darauf nehmen, wie viel Flexibilität bei zukünftigen Satzungsänderungen bestehen soll.
Warum für Stiftungen jetzt eine gute Zeit für eine Renovierung der Satzung ist
Satzungsänderungen sind regelmäßig eine recht hakelige und schwer vorhersehbare Angelegenheit. Während einige Stiftungsbehörden aktuellen Zweckmäßigkeitsüberlegungen der Stiftungsorgane für vorgeschlagene Satzungsänderungen einen höheren Stellenwert einräumen, betonen andere den in der ursprünglichen Satzung dokumentierten Stifterwillen und lassen Änderungen nur in absoluten Ausnahmefällen zu.
Die Regelungen nach der Stiftungsrechtsreform machen den Prozess grundsätzlich transparenter und erleichtern teilweise die Anpassung von Stiftungssatzungen.
Davon unabhängig ergeben sich durch die Reform vielfältige Ansatzpunkte, alte Stiftungssatzungen auf den Stand der Reform zu bringen, was auch die Stiftungsbehörden anerkennen. Gibt es im Zuge dieser Reformanpassungen weitere von den Organen gewünschte Satzungsanpassungen, so sollten diese mit den ohnehin anstehenden Anpassungen jetzt verbunden werden. Die Praxis zeigt, dass solche Anpassungswünsche im Paket bei der Stiftungsaufsicht eher Gehör finden, als wenn diese sich isoliert mit diesen Anpassungen befasst.
Zurzeit ist also eine gute Gelegenheit, die Satzungen von Bestandsstiftungen zu renovieren und zukunftsfest zu machen.