Krankschreibung für Klausur = Kündigungsgrund?

Zu krank für die Prüfung, aber Training geht immer

Stellt eine vorgetäuschte Krankheit einen wichtigen Kündigungsgrund dar? Ein Azubi wehrte sich gegen seine Kündigung - ob er Erfolg hatte, lesen Sie im folgenden Artikel.

Veröffentlicht am: 18.05.2022
Von: Anna-Maria Blömer
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Wir kennen doch alle das Gefühl, wenn ein unangenehmer Termin oder eine wichtige Prüfung bevorsteht und man sich vor lauter Aufregung am liebsten auf den letzten Drücker abmelden würde. Aber aufgeschoben ist ja bekanntlich nicht aufgehoben. Für einen angehenden Sport- und Gesundheitstrainer nun allerdings schon…

Mit seiner fristlosen Kündigung und der Frage, ob eine vorgetäuschte Krankheit einen wichtigen Kündigungsgrund darstellt, musste sich das Arbeitsgericht Siegburg befassen (ArbG Siegburg, Urteil vom 17.03.2022 - 5 Ca 1849/21).

Azubi reicht Krankschreibung ein, absolviert Training und wird gekündigt

Seine erste schulische Prüfung lief nicht so glänzend wie erhofft, sodass er sich am 05./06.10.2021 bei der Nachholprüfung erneut beweisen sollte. Allerdings erschien er am 06.10.2021 nicht bei der Prüfung in der Berufsschule, sondern im Fitnessstudio seines Arbeitgebers, wo er diesem die ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, ausgestellt für den Zeitraum vom 05. Bis 07.10.2021, vorlegte.

Anstatt sich daraufhin nach Hause zu begeben und sich auszukurieren, absolvierte er vor Ort ein intensives Krafttraining. Noch am selben Tag kündigte das Fitnessstudio das Ausbildungsverhältnis fristlos. Der Kündigungsgrund liegt auf der Hand, aber ist er auch rechtmäßig? Der angehende Sport- und Gesundheitstrainer bezweifelte das und erhob Kündigungsschutzklage.

Wann riskiert man eine fristlose Kündigung?

Die fristlose Kündigung ermöglicht es dem Arbeitgeber, entgegen des Normalfalls, die vorgeschriebene Kündigungsfrist nicht einhalten zu müssen. Das stellt eine besondere Belastung für die gekündigte Partei dar, weshalb die fristlose Kündigung nur aus wichtigen Gründen gerechtfertigt ist.

Grundsätzlich gilt, dass ein wichtiger Grund vorliegt, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Hier ein kleiner Überblick, in welchen Situationen das der Fall sein kann:

  • Arbeitszeitbetrug
  • Verstöße gegen ein Wettbewerbsverbot
  • Ungewöhnlich langanhaltende Arbeitsunfähigkeit
  • Arbeitsverweigerung
  • Grobe Verletzungen der Treuepflicht
  • Tätlichkeiten oder Beleidigungen gegen den Arbeitgeber

Keinen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung stellen dagegen diese Situationen dar:

  • Einfache Verletzungen von Anzeigepflichten
  • Politische Engagements
  • Gewerkschaftliche Tätigkeiten
  • Homosexualität

Prüfung schwänzen kann trotz Krankschreibung zur Kündigung führen

Das ArbG Siegburg sah einen wichtigen Kündigungsgrund darin, dass der Kläger sich die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nur habe ausstellen lassen, um sich vor den für den 05. und 06.10.2021 angesetzten Nachholprüfungen zu drücken. Das Verhalten des Ex-Azubis stelle daher eine ganz erhebliche Pflichtverletzung dar.

Keinen Glauben schenkten die Richter der Behauptung des Klägers, dass er zunächst krank gewesen sei und nach seiner spontanen Genesung sogar noch gearbeitet habe. Vielmehr nahmen sie an, dass der Kläger niemals erkrankt war und sich nur hatte krankschreiben lassen, um die Prüfung zu schwänzen. Irrelevant sei dabei, ob es sich bei der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung um eine Gefälligkeitsbescheinigung oder eine erschlichene Bescheinigung gehandelt hat.

Fristlose Kündigung wegen vorgetäuschter Krankheit gerechtfertigt

Das Gericht stellte außerdem fest, dass eine Weiterbeschäftigung des Azubis bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist dem Fitnessstudio nicht zuzumuten sei. Es solle nämlich keineswegs das Bild vermittelt werden, dass Ausbilder es schlichtweg hinnehmen würden, falsche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen von ihren Auszubildenden vorgelegt zu bekommen, um sich nach Lust und Laune anstehenden Prüfungen entziehen zu können. Vor allem nicht bei Nachholprüfungen.

Sein Ziel hat der ehemalige angehende Sport- und Gesundheitstrainer letzten Endes erreicht, die Prüfung muss er nun gar nicht mehr schreiben…